[1.1] Dies ist das Buch von der Geschichte Jesu
Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.
[1.2] Abraham zeugte Isaak. Isaak zeugte Jakob. Jakob
zeugte Juda und seine Brüder.
[1.3] Juda zeugte Perez und Serach mit der Tamar. Perez
zeugte Hezron. Hezron zeugte Ram.
[1.4] Ram zeugte Amminadab. Amminadab zeugte Nachschon.
Nachschon zeugte Salmon.
[1.5] Salmon zeugte Boas mit der Rahab. Boas zeugte Obed
mit der Rut. Obed zeugte Isai.
[1.6] Isai zeugte den König David. David zeugte Salomo
mit der Frau des Uria.
[1.7] Salomo zeugte Rehabeam. Rehabeam zeugte Abija. Abija
zeugte Asa.
[1.8] Asa zeugte Joschafat. Joschafat zeugte Joram. Joram
zeugte Usija.
[1.9] Usija zeugte Jotam. Jotam zeugte Ahas. Ahas zeugte
Hiskia.
[1.10] Hiskia zeugte Manasse. Manasse zeugte Amon. Amon
zeugte Josia.
[1.11] Josia zeugte Jojachin und seine Brüder um die Zeit
der babylonischen Gefangenschaft.
[1.12] Nach der babylonischen Gefangenschaft zeugte
Jojachin Schealtïl. Schealtiël zeugte Serubbabel.
[1.13] Serubbabel zeugte Abihud. Abihud zeugte Eljakim.
Eljakim zeugte Asor.
[1.14] Asor zeugte Zadok. Zadok zeugte Achim. Achim zeugte
Eliud.
[1.15] Eliud zeugte Eleasar. Eleasar zeugte Mattan. Mattan
zeugte Jakob.
[1.16] Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria, von der
geboren ist Jesus, der da heißt Christus.
[1.17] Alle Glieder von Abraham bis zu David sind vierzehn
Glieder. Von David bis zur babylonischen Gefangenschaft sind
vierzehn Glieder. Von der babylonischen Gefangenschaft bis zu
Christus sind vierzehn Glieder.
[1.18] Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria,
seine Mutter, dem Josef vertraut* war, fand es sich, ehe er sie
heimholte, daß sie schwanger war von dem heiligen Geist.
[1.19] Josef aber, ihr Mann, war fromm und wollte sie
nicht in Schande bringen, gedachte aber, sie heimlich zu
verlassen.
[1.20] Als er das noch bedachte, siehe, da erschien ihm
der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids,
fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn
was sie empfangen hat, das ist von dem heiligen Geist.
[1.21] Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den
Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren
Sünden.
[1.22] Das ist aber alles geschehen, damit erfüllt
würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da
spricht (Jesaja 7,14): "
[1.23] Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen
Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben",
das heißt übersetzt: Gott mit uns.
[1.24] Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm
der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
[1.25] Und er berührte sie nicht, bis sie einen Sohn
gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.
[2.1] Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur
Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise* aus dem
Morgenland nach Jerusalem und sprachen:
[2.2] Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben
seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn
anzubeten.
[2.3] Als das der König Herodes hörte, erschrak er und
mit ihm ganz Jerusalem,
[2.4] und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und
Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der
Christus geboren werden sollte.
[2.5] Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so
steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): "
[2.6] Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist
keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir
wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll."
[2.7] Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und
erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre,
[2.8] und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht
hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's
findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es anbete.
[2.9] Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie
hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten,
ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein
war.
[2.10] Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut
[2.11] und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit
Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und
taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und
Myrrhe.
[2.12] Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu
Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg
wieder in ihr Land.
[Note: Die Flucht nach Ägypten][2.13] Als sie aber
hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem
Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine
Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich
dir's sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es
umzubringen.
[2.14] Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine
Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten
[2.15] und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, damit
erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der
da spricht (Hosea 11,1): "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn
gerufen."
[Note: Der Kindermord des Herodes][2.16] Als Herodes nun
sah, daß er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig
und schickte aus und ließ alle Kinder in Bethlehem töten und in
der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der
Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte.
[2.17] Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den
Propheten Jeremia, der da spricht (Jeremia 31,15): "
[2.18] In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen
und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht
trösten lassen, denn es war aus mit ihnen."
[Note: Die Rückkehr aus Ägypten][2.19] Als aber Herodes
gestorben war, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef
im Traum in Ägypten
[2.20] und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine
Mutter mit dir und zieh hin in das Land Israel; sie sind
gestorben, die dem Kindlein nach dem Leben getrachtet haben.
[2.21] Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine
Mutter mit sich und kam in das Land Israel.
[2.22] Als er aber hörte, daß Archelaus in Judäa König
war anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dorthin zu
gehen. Und im Traum empfing er Befehl von Gott und zog ins
galiläische Land
[2.23] und kam und wohnte in einer Stadt mit Namen
Nazareth, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch die
Propheten: Er soll Nazoräer* heißen.
[3.1] Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte
in der Wüste von Judäa
[3.2] und sprach: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe
herbeigekommen!
[3.3] Denn dieser ist's, von dem der Prophet Jesaja
gesprochen und gesagt hat (Jesaja 40,3): "Es ist eine Stimme
eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und
macht eben seine Steige!"a
[3.4] Er aber, Johannes, hatte ein Gewand aus Kamelhaaren
an und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber
waren Heuschrecken und wilder Honig.
[3.5] Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und ganz
Judäa und alle Länder am Jordan
[3.6] und ließen sich taufen von ihm im Jordan und
bekannten ihre Sünden.
[3.7] Als er nun viele Pharisäer und Sadduzäer sah zu
seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer
hat denn euch gewiß gemacht, daß ihr dem künftigen Zorn
entrinnen werdet?
[3.8] Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Buße!
[3.9] Denkt nur nicht, daß ihr bei euch sagen könntet:
Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott vermag dem
Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken.
[3.10] Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel
gelegt. Darum: jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird
abgehauen und ins Feuer geworfen.
[3.11] Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach
mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, ihm die
Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit
Feuer taufen.
[3.12] Er hat seine Worfschaufel in der Hand; er wird
seine Tenne fegen und seinen Weizen in die Scheune sammeln; aber
die Spreu wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer.
[Note: Jesu Taufe][Note: (Mk 1,9-11; Lk 3,21.22; Joh 1,32-34)][3.13]
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes,
daß er sich von ihm taufen ließe.
[3.14] Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf
dessen, daß ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?a
[3.15] Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Laß es
jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu
erfüllen. Da ließ er's geschehen.
[3.16] Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf
aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er
sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich
kommen.
[3.17] Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach:
Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
[4.1] Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt,
damit er von dem Teufel versucht würde.
[4.2] Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet
hatte, hungerte ihn.
[4.3] Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du
Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden.
[4.4] Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben
(5. Mose 8,3): "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."
[4.5] Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige
Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels
[4.6] und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich
hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11.12): "Er wird
seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf
den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein
stößt."
[4.7] Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch
geschrieben (5. Mose 6,16): "Du sollst den Herrn, deinen
Gott, nicht versuchen."
[4.8] Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen
sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre
Herrlichkeit
[4.9] und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben,
wenn du niederfällst und mich anbetest.
[4.10] Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! denn es
steht geschrieben (5. Mose 6,13): "Du sollst anbeten den
Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen."
[4.11] Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten
Engel zu ihm und dienten ihm.
[Note: Der Beginn des Wirkens Jesu in Galiläa][Note: (Mk
1,14.15; Lk 4,14.15)][4.12] Als nun Jesus hörte, daß
Johannes gefangengesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa
zurück.
[4.13] Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in
Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali,
[4.14] damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den
Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 8,23; 9,1): "
[4.15] Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am
Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa,
[4.16] das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes
Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des
Todes, ist ein Licht aufgegangen."a
[4.17] Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße,
denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
[Note: Die Berufung der ersten Jünger][Note: (Mk 1,16-20; Lk
5,1-11; Joh 1,35-51)][4.18] Als nun Jesus am Galiläischen
Meer entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, der Petrus genannt
wird, und Andreas, seinen Bruder; die warfen ihre Netze ins Meer;
denn sie waren Fischer.
[4.19] Und er sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will
euch zu Menschenfischern machen!
[4.20] Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm
nach.
[4.21] Und als er von dort weiterging, sah er zwei andere
Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen
Bruder, im Boot mit ihrem Vater Zebedäus, wie sie ihre Netze
flickten. Und er rief sie.
[4.22] Sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater
und folgten ihm nach.
[Note: Krankenheilungen in Galiläa][Note: (Mk 1,39; 3,7-12; Lk
4,44; 6,17-19)][4.23] Und Jesus zog umher in ganz
Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium
von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im
Volk.
[4.24] Und die Kunde von ihm erscholl durch ganz Syrien.
Und sie brachten zu ihm alle Kranken, mit mancherlei Leiden und
Plagen behaftet, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte; und er
machte sie gesund.
[4.25] Und es folgte ihm eine große Menge aus Galiläa,
aus den Zehn Städten, aus Jerusalem, aus Judäa und von jenseits
des Jordans.
[5.1] Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg
und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm.
[5.2] Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
[5.3] Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer
ist das Himmelreich.
[5.4] Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen
getröstet werden.
[5.5] Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das
Erdreich besitzen.
[5.6] Selig sind, die da hungert und dürstet nach der
Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
[5.7] Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden
Barmherzigkeit erlangen.
[5.8] Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden
Gott schauen.
[5.9] Selig sind die Friedfertigen;* denn sie werden
Gottes Kinder heißen.
[5.10] Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen
verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
[5.11] Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um
meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles
gegen euch, wenn sie damit lügen.
[5.12] Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel
reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die
Propheten, die vor euch gewesen sind.
[Note: Salz und Licht][5.13] Ihr seid das Salz der Erde.
Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist
zu nichts mehr nütze, als daß man es wegschüttet und läßt es
von den Leuten zertreten.
[5.14] Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die
auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.
[5.15] Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es
unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es
allen, die im Hause sind.
[5.16] So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, damit
sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
[Note: Jesu Stellung zum Gesetz][5.17] Ihr sollt nicht
meinen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten
aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu
erfüllen.
[5.18] Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde
vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein
Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht.
[5.19] Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst
und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im
Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im
Himmelreich.
[5.20] Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht
besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet
ihr nicht in das Himmelreich kommen.
[Note: Vom Töten][5.21] Ihr habt gehört, daß zu den
Alten gesagt ist (2. Mose 20,13; 21,12): "Du sollst nicht
töten"; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig
sein.
[5.22] Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt,
der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du
Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du
Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.
[5.23] Darum: wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und
dort kommt dir in den Sinn, daß dein Bruder etwas gegen dich
hat,
[5.24] so laß dort vor dem Altar deine Gabe und geh
zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder und dann komm und
opfere deine Gabe.
[5.25] Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange
du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem
Richter überantworte und der Richter dem Gerichtsdiener und du
ins Gefängnis geworfen werdest.
[5.26] Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort
herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast.
[Note: Vom Ehebrechen][5.27] Ihr habt gehört, daß gesagt
ist (2. Mose 20,14): "Du sollst nicht ehebrechen."
[5.28] Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu
begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem
Herzen.
[5.29] Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall
verführt, so reiß es aus und wirf's von dir. Es ist besser für
dich, daß eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib
in die Hölle geworfen werde.
[5.30] Wenn dich deine rechte Hand zum Abfall verführt,
so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, daß
eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die
Hölle fahre.
[5.31] Es ist auch gesagt (5. Mose 24,1): "Wer sich
von seiner Frau scheidet, der soll ihr einen Scheidebrief
geben."a
[5.32] Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau
scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, der macht, daß sie die
Ehe bricht; und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die
Ehe.
[Note: Vom Schwören][5.33] Ihr habt weiter gehört, daß
zu den Alten gesagt ist (3. Mose 19,12; 4. Mose 30,3): "Du
sollst keinen falschen Eid schwören und sollst dem Herrn deinen
Eid halten."
[5.34] Ich aber sage euch, daß ihr überhaupt nicht
schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron;
[5.35] noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner
Füße; noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen
Königs.
[5.36] Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören;
denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu
machen.
[5.37] Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was
darüber ist, das ist vom Übel.
[Note: Vom Vergelten][5.38] Ihr habt gehört, daß gesagt
ist (2. Mose 21,24): "Auge um Auge, Zahn um Zahn."
[5.39] Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben
sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe
schlägt, dem biete die andere auch dar.
[5.40] Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen
Rock nehmen, dem laß auch den Mantel.
[5.41] Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile
mitzugehen, so geh mit ihm zwei.
[5.42] Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab
von dem, der etwas von dir borgen will.
[Note: Von der Feindesliebe][5.43] Ihr habt gehört, daß
gesagt ist (3. Mose 19,18): "Du sollst deinen Nächsten
lieben" und deinen Feind hassen.
[5.44] Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet
für die, die euch verfolgen,*
[5.45] damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn
er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt
regnen über Gerechte und Ungerechte.
[5.46] Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet
ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?
[5.47] Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid,
was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?
[5.48] Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im
Himmel vollkommen ist.
[6.1] Habt acht auf eure Frömmigkeit, daß ihr die
nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr
habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.
[6.2] Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor
dir ausposaunen lassen, wie es die Heuchler tun in den Synagogen
und auf den Gassen, damit sie von den Leuten gepriesen werden.
Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
[6.3] Wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand
nicht wissen, was die rechte tut,
[6.4] damit dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater,
der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.
[Note: Vom Beten. Das Vaterunser][6.5] Und wenn ihr betet,
sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen
und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den
Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren
Lohn schon gehabt.
[6.6] Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und
schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen
ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's
vergelten.
[6.7] Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern
wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie
viele Worte machen.
[6.8] Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer
Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.
[6.9] Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel!
Dein Name werde geheiligt.
[6.10] Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel
so auf Erden.
[6.11] Unser tägliches Brot gib uns heute.
[6.12] Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben
unsern Schuldigern.
[6.13] Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse
uns von dem Bösen.* [Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]**
[6.14] Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen
vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
[6.15] Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird
euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.
[Note: Vom Fasten][6.16] Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht
sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr
Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten.
Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
[6.17] Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und
wasche dein Gesicht,
[6.18] damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit
deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist;
und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's
vergelten.
[Note: Vom Schätzesammeln und Sorgen][6.19] Ihr sollt
euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der
Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.
[6.20] Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder
Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und
stehlen.
[6.21] Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
[6.22] Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge
lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
[6.23] Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer
Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis
ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!a
[6.24] Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird
den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen
hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen
und dem Mammon.
[6.25] Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was
ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr
anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der
Leib mehr als die Kleidung?
[6.26] Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen
nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und
euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht
viel mehr als sie?a
[6.27] Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine
Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
[6.28] Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut
die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht,
auch spinnen sie nicht.
[6.29] Ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner
Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
[6.30] Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das
doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er
das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
[6.31] Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden
wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
[6.32] Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer
himmlischer Vater weiß, daß ihr all dessen bedürft.
[6.33] Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach
seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
[6.34] Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag
wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß jeder Tag seine
eigene Plage hat.
[7.1] Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
[7.2] Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr
gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr meßt, wird euch
zugemessen werden.
[7.3] Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders
Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?
[7.4] Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich
will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein
Balken ist in deinem Auge.
[7.5] Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge;
danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge
ziehst.
[7.6] Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und
eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie
nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch
zerreißen.
[Note: Von der Gebetserhörung][7.7] Bittet, so wird euch
gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch
aufgetan.
[7.8] Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht,
der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
[7.9] Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn
er ihn bittet um Brot, einen Stein biete?
[7.10] oder, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine
Schlange biete?
[7.11] Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch
euren Kindern gute Gaben geben könnt, wieviel mehr wird euer
Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!
[Note: Vom Tun des göttlichen Willens][7.12] Alles nun,
was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen
auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.
[7.13] Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte
ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und
viele sind's, die auf ihm hineingehen.
[7.14] Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der
zum Leben führt, und wenige sind's, die ihn finden!a
[7.15] Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in
Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende
Wölfe.
[7.16] An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man
denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?
[7.17] So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein
fauler Baum bringt schlechte Früchte.
[7.18] Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte
bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.
[7.19] Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird
abgehauen und ins Feuer geworfen.
[7.20] Darum: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.
[7.21] Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr,
Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun
meines Vaters im Himmel.
[7.22] Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr,
Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht
in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in
deinem Namen viele Wunder getan?
[7.23] Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch
nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!a
[Note: Vom Hausbau][7.24] Darum, wer diese meine Rede
hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus
auf Fels baute.
[7.25] Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen
und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht
ein; denn es war auf Fels gegründet.
[7.26] Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht,
der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.
[7.27] Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen
und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein,
und sein Fall war groß.
[7.28] Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet
hatte, daß sich das Volk entsetzte über seine Lehre;
[7.29] denn er lehrte sie mit Vollmacht und nicht wie ihre
Schriftgelehrten.
[8.1] Als er aber vom Berge herabging, folgte ihm eine
große Menge.
[8.2] Und siehe, ein Aussätziger kam heran und fiel vor
ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich
reinigen.
[8.3] Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und
sprach: Ich will's tun; sei rein! Und sogleich wurde er von
seinem Aussatz rein.
[8.4] Und Jesus sprach zu ihm: Sieh zu, sage es niemandem,
sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe,
die Mose befohlen hat, ihnen zum Zeugnis.
[Note: Der Hauptmann von Kapernaum][Note: (Lk 7,1-10; Joh
4,46-53)][8.5] Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging,
trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn
[8.6] und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist
gelähmt und leidet große Qualen.
[8.7] Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund
machen.
[8.8] Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin
nicht wert, daß du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein
Wort, so wird mein Knecht gesund.
[8.9] Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit
untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem
sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so
kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.
[8.10] Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach
zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen
Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!a
[8.11] Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten
und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich
zu Tisch sitzen;
[8.12] aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen
in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.
[8.13] Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir
geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu
derselben Stunde.
[Note: Jesus im Haus des Petrus][Note: (Mk 1,29-34; Lk 4,38-41)][8.14]
Und Jesus kam in das Haus des Petrus und sah, daß dessen
Schwiegermutter zu Bett lag und hatte das Fieber.
[8.15] Da ergriff er ihre Hand, und das Fieber verließ
sie. Und sie stand auf und diente ihm.
[8.16] Am Abend aber brachten sie viele Besessene zu ihm;
und er trieb die Geister aus durch sein Wort und machte alle
Kranken gesund,
[8.17] damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den
Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 53,4): "Er hat
unsre Schwachheit auf sich genommen, und unsre Krankheit hat er
getragen."
[Note: Vom Ernst der Nachfolge][Note: (Lk 9,57-60)][8.18]
Als aber Jesus die Menge um sich sah, befahl er, hinüber ans
andre Ufer zu fahren.
[8.19] Und es trat ein Schriftgelehrter herzu und sprach
zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wohin du gehst.
[8.20] Jesus sagt zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und
die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn
hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.
[8.21] Und ein anderer unter den Jüngern sprach zu ihm:
Herr, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe und meinen Vater
begrabe.
[8.22] Aber Jesus spricht zu ihm: Folge du mir, und laß
die Toten ihre Toten begraben!
[Note: Die Stillung des Sturms][Note: (Mk 4,35-41; Lk 8,22-25)][8.23]
Und er stieg in das Boot, und seine Jünger folgten ihm.
[8.24] Und siehe, da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf
dem See, so daß auch das Boot von Wellen zugedeckt wurde. Er
aber schlief.
[8.25] Und sie traten zu ihm, weckten ihn auf und
sprachen: Herr, hilf, wir kommen um!
[8.26] Da sagt er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum
seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und
das Meer. Da wurde es ganz stille.
[8.27] Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen:
Was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam sind?
[Note: Die Heilung der zwei besessenen Gadarener][Note: (Mk
5,1-17; Lk 8,26-37)][8.28] Und er kam ans andre Ufer in
die Gegend der Gadarener. Da liefen ihm entgegen zwei Besessene;
die kamen aus den Grabhöhlen und waren sehr gefährlich, so daß
niemand diese Straße gehen konnte.
[8.29] Und siehe, sie schrien: Was willst du von uns, du
Sohn Gottes? Bist du hergekommen, uns zu quälen, ehe es Zeit
ist?
[8.30] Es war aber fern von ihnen eine große Herde Säue
auf der Weide.
[8.31] Da baten ihn die bösen Geister und sprachen:
Willst du uns austreiben, so laß uns in die Herde Säue fahren.
[8.32] Und er sprach: Fahrt aus! Da fuhren sie aus und
fuhren in die Säue. Und siehe, die ganze Herde stürmte den
Abhang hinunter in den See, und sie ersoffen im Wasser.
[8.33] Und die Hirten flohen und gingen hin in die Stadt
und berichteten das alles und wie es den Besessenen ergangen war.
[8.34] Und siehe, da ging die ganze Stadt hinaus Jesus
entgegen. Und als sie ihn sahen, baten sie ihn, daß er ihr
Gebiet verlasse.
[9.1] Da stieg er in ein Boot und fuhr hinüber und kam
in seine Stadt.
[9.2] Und siehe, da brachten sie zu ihm einen Gelähmten,
der lag auf einem Bett. Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach
er zu dem Gelähmten: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind
dir vergeben.
[9.3] Und siehe, einige unter den Schriftgelehrten
sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott.
[9.4] Als aber Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum
denkt ihr so Böses in euren Herzen?
[9.5] Was ist denn leichter, zu sagen: Dir sind deine
Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher?
[9.6] Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn
Vollmacht hat, auf Erden die Sünden zu vergeben - sprach er zu
dem Gelähmten: Steh auf, hebe dein Bett auf und geh heim!
[9.7] Und er stand auf und ging heim.
[9.8] Als das Volk das sah, fürchtete es sich und pries
Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.
[Note: Die Berufung des Matthäus und das Mahl mit den
Zöllnern][Note: (Mk 2,13-17; Lk 5,27-32)][9.9] Und als
Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der
hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand
auf und folgte ihm.
[9.10] Und es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause,
siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tisch
mit Jesus und seinen Jüngern.
[9.11] Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu
seinen Jüngern: Warum ißt euer Meister mit den Zöllnern und
Sündern?
[9.12] Als das Jesus hörte, sprach er: Die Starken
bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.
[9.13] Geht aber hin und lernt, was das heißt (Hosea
6,6): "Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am
Opfer." Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die
Gerechten.
[Note: Die Frage nach dem Fasten][Note: (Mk 2,18-22; Lk
5,33-38)][9.14] Da kamen die Jünger des Johannes zu ihm
und sprachen: Warum fasten wir und die Pharisäer so viel, und
deine Jünger fasten nicht?
[9.15] Jesus antwortete ihnen: Wie können die
Hochzeitsgäste Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen
ist? Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ihnen
genommen wird; dann werden sie fasten.
[9.16] Niemand flickt ein altes Kleid mit einem Lappen von
neuem Tuch; denn der Lappen reißt doch wieder vom Kleid ab, und
der Riß wird ärger.
[9.17] Man füllt auch nicht neuen Wein in alte
Schläuche; sonst zerreißen die Schläuche, und der Wein wird
verschüttet, und die Schläuche verderben. Sondern man füllt
neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander
erhalten.
[Note: Die Heilung der blutflüssigen Frau und die Auferweckung
der Tochter des][Note: Jaïrus][Note: (Mk 5,21-43; Lk 8,40-56)][9.18]
Als er dies mit ihnen redete, siehe, da kam einer von den
Vorstehern der Gemeinde, fiel vor ihm nieder und sprach: Meine
Tochter ist eben gestorben, aber komm und lege deine Hand auf
sie, so wird sie lebendig.
[9.19] Und Jesus stand auf und folgte ihm mit seinen
Jüngern.
[9.20] Und siehe, eine Frau, die seit zwölf Jahren den
Blutfluß hatte, trat von hinten an ihn heran und berührte den
Saum seines Gewandes.
[9.21] Denn sie sprach bei sich selbst: Könnte ich nur
sein Gewand berühren, so würde ich gesund.
[9.22] Da wandte sich Jesus um und sah sie und sprach: Sei
getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Und die
Frau wurde gesund zu derselben Stunde.
[9.23] Und als er in das Haus des Vorstehers kam und sah
die Flötenspieler und das Getümmel des Volkes,
[9.24] sprach er: Geht hinaus! denn das Mädchen ist nicht
tot, sondern es schläft. Und sie verlachten ihn.
[9.25] Als aber das Volk hinausgetrieben war, ging er
hinein und ergriff sie bei der Hand. Da stand das Mädchen auf.
[9.26] Und diese Kunde erscholl durch dieses ganze Land.
[Note: Die Heilung zweier Blinder und eines Stummen][9.27]
Und als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die
schrien: Ach, du Sohn Davids, erbarme dich unser!a
[9.28] Und als er heimkam, traten die Blinden zu ihm. Und
Jesus sprach zu ihnen: Glaubt ihr, daß ich das tun kann? Da
sprachen sie zu ihm: Ja, Herr.
[9.29] Da berührte er ihre Augen und sprach: Euch
geschehe nach eurem Glauben!
[9.30] Und ihre Augen wurden geöffnet. Und Jesus drohte
ihnen und sprach: Seht zu, daß es niemand erfahre!
[9.31] Aber sie gingen hinaus und verbreiteten die Kunde
von ihm in diesem ganzen Lande.
[9.32] Als diese nun hinausgegangen waren, siehe, da
brachten sie zu ihm einen Menschen, der war stumm und besessen.
[9.33] Als aber der böse Geist ausgetrieben war, redete
der Stumme. Und das Volk verwunderte sich und sprach: So etwas
ist noch nie in Israel gesehen worden.
[9.34] Aber die Pharisäer sprachen: Er treibt die bösen
Geister aus durch ihren Obersten.
[Note: Die große Ernte][9.35] Und Jesus ging ringsum in
alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte
das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle
Gebrechen.
[9.36] Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie
waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen
Hirten haben.
[9.37] Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist
groß, aber wenige sind der Arbeiter.
[9.38] Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter
in seine Ernte sende.
[10.1] Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab
ihnen Macht über die unreinen Geister, daß sie die austrieben
und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen.
[10.2] Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese:
zuerst Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus,
der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder;
[10.3] Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus,
der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus;
[10.4] Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn
verriet.
[Note: Die Aussendung der Zwölf][10.5] Diese Zwölf
sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu
den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter,
[10.6] sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem
Hause Israel.
[10.7] Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich
ist nahe herbeigekommen.
[10.8] Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht
Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr's
empfangen, umsonst gebt es auch.
[10.9] Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in
euren Gürteln haben,
[10.10] auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden,
keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner
Speise wert.
[10.11] Wenn ihr aber in eine Stadt oder ein Dorf geht, da
erkundigt euch, ob jemand darin ist, der es wert ist; und bei dem
bleibt, bis ihr weiterzieht.
[10.12] Wenn ihr aber in ein Haus geht, so grüßt es;
[10.13] und wenn es das Haus wert ist, wird euer Friede
auf sie kommen. Ist es aber nicht wert, so wird sich euer Friede
wieder zu euch wenden.
[10.14] Und wenn euch jemand nicht aufnehmen und eure Rede
nicht hören wird, so geht heraus aus diesem Hause oder dieser
Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen.
[10.15] Wahrlich, ich sage euch: Dem Land der Sodomer und
Gomorrer wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als
dieser Stadt.
[Note: Die Ansage kommender Verfolgungen][Note: (Mk 13,9-13; Lk
21,12-17)][10.16] Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten
unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne
Falsch wie die Tauben.
[10.17] Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden
euch den Gerichten überantworten und werden euch geißeln in
ihren Synagogen.
[10.18] Und man wird euch vor Statthalter und Könige
führen um meinetwillen, ihnen und den Heiden zum Zeugnis.
[10.19] Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorgt
nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der
Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt.
[10.20] Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern
eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.
[10.21] Es wird aber ein Bruder den andern dem Tod
preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich
empören gegen ihre Eltern und werden sie töten helfen.
[10.22] Und ihr werdet gehaßt werden von jedermann um
meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird
selig werden.
[10.23] Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so
flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit
den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn
kommt.
[10.24] Der Jünger steht nicht über dem Meister und der
Knecht nicht über seinem Herrn.
[10.25] Es ist für den Jünger genug, daß er ist wie
sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den
Hausherrn Beelzebul genannt, wieviel mehr werden sie seine
Hausgenossen so nennen!
[10.26] Darum fürchtet euch nicht vor ihnen.
[Note: Menschenfurcht und Gottesfurcht](Lk 12,2-9) Es ist nichts
verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man
nicht wissen wird. [10.27] Was ich euch sage in der
Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das
Ohr, das predigt auf den Dächern.
[10.28] Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib
töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber
viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der
Hölle.
[10.29] Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen
Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren
Vater.
[10.30] Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle
gezählt.
[10.31] Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als
viele Sperlinge.
[10.32] Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will
ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.
[10.33] Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den
will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
[Note: Entzweiungen um Jesu willen][10.34] Ihr sollt nicht
meinen, daß ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde.
Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
[10.35] Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien
mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die
Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter.
[10.36] Und des Menschen Feinde werden seine eigenen
Hausgenossen sein.
[10.37] Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist
meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich,
der ist meiner nicht wert.
[10.38] Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt
mir nach, der ist meiner nicht wert.
[10.39] Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und
wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.
[Note: Aufnahme um Jesu willen][10.40] Wer euch aufnimmt,
der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der
mich gesandt hat.
[10.41] Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet
ist, der wird den Lohn eines Propheten empfangen. Wer einen
Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, der wird den Lohn
eines Gerechten empfangen.
[10.42] Und wer einem dieser Geringen auch nur einen
Becher kalten Wassers zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist,
wahrlich ich sage euch: es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.
[11.1] Und es begab sich, als Jesus diese Gebote an
seine zwölf Jünger beendet hatte, daß er von dort weiterging,
um in ihren Städten zu lehren und zu predigen.
[11.2] Als aber Johannes im Gefängnis von den Werken
Christi hörte, sandte er seine Jünger
[11.3] und ließ ihn fragen: Bist du es, der da kommen
soll, oder sollen wir auf einen andern warten?
[11.4] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und
sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht:
[11.5] Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden
rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das
Evangelium gepredigt;
[11.6] und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.
[Note: Jesu Zeugnis über den Täufer][Note: (Lk 7,24-35)][11.7]
Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk von Johannes zu
reden: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen?
Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her weht?
[11.8] Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet
ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die weiche
Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige.
[11.9] Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet
ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: er ist mehr als ein
Prophet.
[11.10] Dieser ist's, von dem geschrieben steht (Maleachi
3,1): "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen
Weg vor dir bereiten soll."
[11.11] Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von
einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist
als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im
Himmelreich, ist größer als er.
[11.12] Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis heute
leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalttätigen reißen es
an sich.
[11.13] Denn alle Propheten und das Gesetz haben
geweissagt bis hin zu Johannes;
[11.14] und wenn ihr's annehmen wollt: er ist Elia, der da
kommen soll.
[11.15] Wer Ohren hat, der höre!
[11.16] Mit wem soll ich aber dieses Geschlecht
vergleichen? Es gleicht den Kindern, die auf dem Markt sitzen und
rufen den andern zu:
[11.17] Wir haben euch aufgespielt, und ihr wolltet nicht
tanzen; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr wolltet nicht
weinen.
[11.18] Johannes ist gekommen, aß nicht und trank nicht;
so sagen sie: Er ist besessen.
[11.19] Der Menschensohn ist gekommen, ißt und trinkt; so
sagen sie: Siehe, was ist dieser Mensch für ein Fresser und
Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! Und doch ist
die Weisheit gerechtfertigt worden aus ihren Werken.
[Note: Jesu Weheruf über galiläische Städte][Note: (Lk
10,13-15)][11.20] Da fing er an, die Städte zu schelten,
in denen die meisten seiner Taten geschehen waren; denn sie
hatten nicht Buße getan:
[11.21] Wehe dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären
solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch
geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße
getan.
[11.22] Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon
erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch.
[11.23] Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben
werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn
wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen
sind, es stünde noch heutigen Tages.
[11.24] Doch ich sage euch: Es wird dem Land der Sodomer
erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.
[Note: Jesu Lobpreis und Heilandsruf][11.25] Zu der Zeit
fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des
Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen
verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.
[11.26] Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.
[11.27] Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und
niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den
Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
[11.28] Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und
beladen seid; ich will euch erquicken.
[11.29] Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn
ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe
finden für eure Seelen.
[11.30] Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist
leicht.
[12.1] Zu der Zeit ging Jesus durch ein Kornfeld am
Sabbat; und seine Jünger waren hungrig und fingen an, Ähren
auszuraufen und zu essen.
[12.2] Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu ihm:
Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat nicht erlaubt ist.
[12.3] Er aber sprach zu ihnen: Habt ihr nicht gelesen,
was David tat, als ihn und die bei ihm waren hungerte?
[12.4] wie er in das Gotteshaus ging und aß die
Schaubrote, die doch weder er noch die bei ihm waren, essen
durften, sondern allein die Priester?
[12.5] Oder habt ihr nicht gelesen im Gesetz, wie die
Priester am Sabbat im Tempel den Sabbat brechen und sind doch
ohne Schuld?
[12.6] Ich sage euch aber: Hier ist Größeres als der
Tempel.
[12.7] Wenn ihr aber wüßtet, was das heißt (Hosea 6,6):
"Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am
Opfer", dann hättet ihr die Unschuldigen nicht verdammt.
[12.8] Der Menschensohn ist ein Herr über den Sabbat.
[Note: Die Heilung eines Mannes am Sabbat][Note: (Mk 3,1-6; Lk
6,6-11)][12.9] Und er ging von dort weiter und kam in ihre
Synagoge.
[12.10] Und siehe, da war ein Mensch, der hatte eine
verdorrte Hand. Und sie fragten ihn und sprachen: Ist's erlaubt,
am Sabbat zu heilen?, damit sie ihn verklagen könnten.
[12.11] Aber er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, der
sein einziges Schaf, wenn es ihm am Sabbat in eine Grube fällt,
nicht ergreift und ihm heraushilft?a
[12.12] Wieviel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf!
Darum darf man am Sabbat Gutes tun.
[12.13] Da sprach er zu dem Menschen: Strecke deine Hand
aus! Und er streckte sie aus; und sie wurde ihm wieder gesund wie
die andere.
[12.14] Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten Rat
über ihn, wie sie ihn umbrächten.
[Note: Der Gottesknecht][Note: (Mk 3,7-12; Lk 6,17-19)][12.15]
Aber als Jesus das erfuhr, entwich er von dort. Und eine große
Menge folgte ihm, und er heilte sie alle
[12.16] und gebot ihnen, daß sie ihn nicht offenbar
machten,
[12.17] damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den
Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 42,1-4): "
[12.18] Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe,
und mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat; ich will
meinen Geist auf ihn legen, und er soll den Heiden das Recht
verkündigen.
[12.19] Er wird nicht streiten noch schreien, und man wird
seine Stimme nicht hören auf den Gassen;
[12.20] das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und
den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis er das Recht
hinausführt zum Sieg;
[12.21] und die Heiden werden auf seinen Namen
hoffen."
[Note: Jesu Macht über die bösen Geister][Note: (Mk 3,22-27; Lk
11,14-23)][12.22] Da wurde ein Besessener zu Jesus
gebracht, der war blind und stumm; und er heilte ihn, so daß der
Stumme redete und sah.
[12.23] Und alles Volk entsetzte sich und fragte: Ist
dieser nicht Davids Sohn?
[12.24] Aber als die Pharisäer das hörten, sprachen sie:
Er treibt die bösen Geister nicht anders aus als durch
Beelzebul, ihren Obersten.
[12.25] Jesus erkannte aber ihre Gedanken und sprach zu
ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird
verwüstet; und jede Stadt oder jedes Haus, das mit sich selbst
uneins ist, kann nicht bestehen.
[12.26] Wenn nun der Satan den Satan austreibt, so muß er
mit sich selbst uneins sein; wie kann dann sein Reich bestehen?
[12.27] Wenn ich aber die bösen Geister durch Beelzebul
austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden
sie eure Richter sein.
[12.28] Wenn ich aber die bösen Geister durch den Geist
Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.
[12.29] Oder wie kann jemand in das Haus eines Starken
eindringen und ihm seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den
Starken fesselt? Erst dann kann er sein Haus berauben.
[12.30] Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer
nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
[Note: Die Sünde gegen den heiligen Geist][Note: (Mk 3,28-30; Lk
12,10; 6,43-45)][12.31] Darum sage ich euch: Alle Sünde
und Lästerung wird den Menschen vergeben; aber die Lästerung
gegen den Geist wird nicht vergeben.
[12.32] Und wer etwas redet gegen den Menschensohn, dem
wird es vergeben; aber wer etwas redet gegen den heiligen Geist,
dem wird's nicht vergeben, weder in dieser noch in jener Welt.
[Note: Vom Baum und seinen Früchten][12.33] Nehmt an, ein
Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein; oder nehmt an,
ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein. Denn an
der Frucht erkennt man den Baum.
[12.34] Ihr Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, die
ihr böse seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
[12.35] Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten
Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor
aus seinem bösen Schatz.
[12.36] Ich sage euch aber, daß die Menschen Rechenschaft
geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort,
das sie geredet haben.
[12.37] Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden,
und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.
[Note: Die Zeichenforderung der Pharisäer][Note: (Mk 8,11.12; Lk
11,29-32)][12.38] Da fingen einige von den
Schriftgelehrten und Pharisäern an und sprachen zu ihm: Meister,
wir möchten gern ein Zeichen von dir sehen.
[12.39] Und er antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses
und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm
kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des
Propheten Jona.
[12.40] Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch
des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei
Nächte im Schoß der Erde sein.
[12.41] Die Leute von Ninive werden auftreten beim
Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen;
denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier
ist mehr als Jona.
[12.42] Die Königin vom Süden wird auftreten beim
Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und wird es verdammen;
denn sie kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören.
Und siehe, hier ist mehr als Salomo.
[Note: Von der Rückkehr des bösen Geistes][Note: (Lk
11,24-26)][12.43] Wenn der unreine Geist von einem
Menschen ausgefahren ist, so durchstreift er dürre Stätten,
sucht Ruhe und findet sie nicht.
[12.44] Dann spricht er: Ich will wieder zurückkehren in
mein Haus, aus dem ich fortgegangen bin. Und wenn er kommt, so
findet er's leer, gekehrt und geschmückt.
[12.45] Dann geht er hin und nimmt mit sich sieben andre
Geister, die böser sind als er selbst; und wenn sie
hineinkommen, wohnen sie darin; und es wird mit diesem Menschen
hernach ärger, als es vorher war. So wird's auch diesem bösen
Geschlecht ergehen.
[Note: Jesu wahre Verwandte][Note: (Mk 3,31-35; Lk 8,19-21)][12.46]
Als er noch zu dem Volk redete, siehe, da standen seine Mutter
und seine Brüder draußen, die wollten mit ihm reden.
[12.47] Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und
deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden.
[12.48] Er antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm
ansagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?a
[12.49] Und er streckte die Hand aus über seine Jünger
und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter, und das sind meine
Brüder!a
[12.50] Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel,
der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.
[13.1] An demselben Tage ging Jesus aus dem Hause und
setzte sich an den See.
[13.2] Und es versammelte sich eine große Menge bei ihm,
so daß er in ein Boot stieg und sich setzte, und alles Volk
stand am Ufer.
[13.3] Und er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen und
sprach: Siehe, es ging ein Sämann aus, zu säen.
[13.4] Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg; da
kamen die Vögel und fraßen's auf.
[13.5] Einiges fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel
Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte.
[13.6] Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und weil
es keine Wurzel hatte, verdorrte es.
[13.7] Einiges fiel unter die Dornen; und die Dornen
wuchsen empor und erstickten's.
[13.8] Einiges fiel auf gutes Land und trug Frucht,
einiges hundertfach, einiges sechzigfach, einiges dreißigfach.
[13.9] Wer Ohren hat, der höre!
[Note: Vom Sinn der Gleichnisse][Note: (Mk 4,10-12; Lk 8,9.10)][13.10]
Und die Jünger traten zu ihm und sprachen: Warum redest du zu
ihnen in Gleichnissen?
[13.11] Er antwortete und sprach zu ihnen: Euch ist's
gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen, diesen
aber ist's nicht gegeben.
[13.12] Denn wer da hat, dem wird gegeben, daß er die
Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was
er hat.
[13.13] Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit
sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie
nicht; und sie verstehen es nicht.
[13.14] Und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt,
die da sagt (Jesaja 6,9.10): "Mit den Ohren werdet ihr
hören und werdet es nicht verstehen; und mit sehenden Augen
werdet ihr sehen und werdet es nicht erkennen.
[13.15] Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt: ihre
Ohren hören schwer, und ihre Augen sind geschlossen, damit sie
nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit
dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen
helfe."a
[13.16] Aber selig sind eure Augen, daß sie sehen, und
eure Ohren, daß sie hören.
[13.17] Wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und
Gerechte haben begehrt, zu sehen, was ihr seht, und haben's nicht
gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben's nicht gehört.
[Note: Die Deutung des Gleichnisses vom Sämann][Note: (Mk
4,13-20; Lk 8,11-15)][13.18] So hört nun ihr dies
Gleichnis von dem Sämann:
[13.19] Wenn jemand das Wort von dem Reich hört und nicht
versteht, so kommt der Böse und reißt hinweg, was in sein Herz
gesät ist; das ist der, bei dem auf den Weg gesät ist.
[13.20] Bei dem aber auf felsigen Boden gesät ist, das
ist, der das Wort hört und es gleich mit Freuden aufnimmt;
[13.21] aber er hat keine Wurzel in sich, sondern er ist
wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung erhebt um
des Wortes willen, so fällt er gleich ab.
[13.22] Bei dem aber unter die Dornen gesät ist, das ist,
der das Wort hört, und die Sorge der Welt und der betrügerische
Reichtum ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht.
[13.23] Bei dem aber auf gutes Land gesät ist, das ist,
der das Wort hört und versteht und dann auch Frucht bringt; und
der eine trägt hundertfach, der andere sechzigfach, der dritte
dreißigfach.
[Note: Vom Unkraut unter dem Weizen][13.24] Er legte ihnen
ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich gleicht
einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.
[13.25] Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und
säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.
[13.26] Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand
sich auch das Unkraut.
[13.27] Da traten die Knechte zu dem Hausvater und
sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker
gesät? Woher hat er denn das Unkraut?
[13.28] Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da
sprachen die Knechte: Willst du denn, daß wir hingehen und es
ausjäten?
[13.29] Er sprach: Nein! damit ihr nicht zugleich den
Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet.
[13.30] Laßt beides miteinander wachsen bis zur Ernte;
und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt
zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es
verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune.
[Note: Vom Senfkorn][Note: (Mk 4,30-32; Lk 13,18.19)][13.31]
Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das
Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf
seinen Acker säte;
[13.32] das ist das kleinste unter allen Samenkörnern;
wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter
und wird ein Baum, so daß die Vögel unter dem Himmel kommen und
wohnen in seinen Zweigen.
[Note: Vom Sauerteig][13.33] Ein anderes Gleichnis sagte
er ihnen: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau
nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis es ganz
durchsäuert war.
[13.34] Das alles redete Jesus in Gleichnissen zu dem
Volk, und ohne Gleichnisse redete er nichts zu ihnen,
[13.35] damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den
Propheten, der da spricht (Psalm 78,2): "Ich will meinen
Mund auftun in Gleichnissen und will aussprechen, was verborgen
war vom Anfang der Welt an."
[Note: Die Deutung des Gleichnisses vom Unkraut][13.36] Da
ließ Jesus das Volk gehen und kam heim. Und seine Jünger traten
zu ihm und sprachen: Deute uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem
Acker.
[13.37] Er antwortete und sprach zu ihnen: Der
Menschensohn ist's, der den guten Samen sät.
[13.38] Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die
Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen.
[13.39] Der Feind, der es sät, ist der Teufel. Die Ernte
ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel.
[13.40] Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer
verbrennt, so wird's auch am Ende der Welt gehen.
[13.41] Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie
werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt,
und die da Unrecht tun,
[13.42] und werden sie in den Feuerofen werf en; da wird
Heulen und Zähneklappern sein.
[13.43] Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne
in ihres Vaters Reich. Wer Ohren hat, der höre!
[Note: Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle][13.44]
Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein
Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und
verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
[13.45] Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann,
der gute Perlen suchte,
[13.46] und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin
und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
[Note: Vom Fischnetz][13.47] Wiederum gleicht das
Himmelreich einem Netz, das ins Meer geworfen ist und Fische
aller Art fängt.
[13.48] Wenn es aber voll ist, ziehen sie es heraus an das
Ufer, setzen sich und lesen die guten in Gefäße zusammen, aber
die schlechten werfen sie weg.
[13.49] So wird es auch am Ende der Welt gehen: die Engel
werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden
[13.50] und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird
Heulen und Zähneklappern sein.
[13.51] Habt ihr das alles verstanden? Sie antworteten:
Ja.
[13.52] Da sprach er: Darum gleicht jeder Schriftgelehrte,
der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausvater,
der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt.
[Note: Die Verwerfung Jesu in Nazareth][Note: (Mk 6,1-6; Lk
4,16-30)][13.53] Und es begab sich, als Jesus diese
Gleichnisse vollendet hatte, daß er davonging
[13.54] und kam in seine Vaterstadt und lehrte sie in
ihrer Synagoge, so daß sie sich entsetzten und fragten: Woher
hat dieser solche Weisheit und solche Taten?
[13.55] Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt
nicht seine Mutter Maria? und seine Brüder Jakobus und Josef und
Simon und Judas?
[13.56] Und seine Schwestern, sind sie nicht alle bei uns?
Woher kommt ihm denn das alles?
[13.57] Und sie ärgerten sich an ihm. Jesus aber sprach
zu ihnen: Ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem
Vaterland und in seinem Hause.
[13.58] Und er tat dort nicht viele Zeichen wegen ihres
Unglaubens.
[14.1] Zu der Zeit kam die Kunde von Jesus vor den
Landesfürsten Herodes.
[14.2] Und er sprach zu seinen Leuten: Das ist Johannes
der Täufer; er ist von den Toten auferstanden, darum tut er
solche Taten.
[14.3] Denn Herodes hatte Johannes ergriffen, gefesselt
und in das Gefängnis geworfen wegen der Herodias, der Frau
seines Bruders Philippus.
[14.4] Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: Es ist nicht
recht, daß du sie hast.
[14.5] Und er hätte ihn gern getötet, fürchtete sich
aber vor dem Volk; denn sie hielten ihn für einen Propheten.
[14.6] Als aber Herodes seinen Geburtstag beging, da
tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen. Das gefiel dem Herodes
gut.
[14.7] Darum versprach er ihr mit einem Eid, er wolle ihr
geben, was sie fordern würde.
[14.8] Und wie sie zuvor von ihrer Mutter angestiftet war,
sprach sie: Gib mir hier auf einer Schale das Haupt Johannes des
Täufers!
[14.9] Und der König wurde traurig; doch wegen des Eides
und derer, die mit ihm zu Tisch saßen, befahl er, es ihr zu
geben,
[14.10] und schickte hin und ließ Johannes im Gefängnis
enthaupten.
[14.11] Und sein Haupt wurde hereingetragen auf einer
Schale und dem Mädchen gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter.
[14.12] Da kamen seine Jünger und nahmen seinen Leichnam
und begruben ihn; und sie kamen und verkündeten das Jesus.
[Note: Die Speisung der Fünftausend][Note: (Mk 6,31-44; Lk
9,10-17; Joh 6,1-13)][14.13] Als das Jesus hörte, fuhr er
von dort weg in einem Boot in eine einsame Gegend allein. Und als
das Volk das hörte, folgte es ihm zu Fuß aus den Städten.
[14.14] Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und
sie jammerten ihn, und er heilte ihre Kranken.
[14.15] Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und
sprachen: Die Gegend ist öde, und die Nacht bricht herein; laß
das Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen
kaufen.
[14.16] Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht nötig,
daß sie fortgehen; gebt ihr ihnen zu essen.
[14.17] Sie sprachen zu ihm: Wir haben hier nichts als
fünf Brote und zwei Fische.
[14.18] Und er sprach: Bringt sie mir her!
[14.19] Und er ließ das Volk sich auf das Gras lagern und
nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel,
dankte und brach's und gab die Brote den Jüngern, und die
Jünger gaben sie dem Volk.
[14.20] Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten
auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll.
[14.21] Die aber gegessen hatten, waren etwa fünftausend
Mann, ohne Frauen und Kinder.
[Note: Jesus und der sinkende Petrus auf dem See][Note: (Mk
6,45-56; Joh 6,15-21)][14.22] Und alsbald trieb Jesus
seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm
hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe.
[14.23] Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er
allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort
allein.
[14.24] Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und
kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
[14.25] Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen
und ging auf dem See.
[14.26] Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen,
erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor
Furcht.
[14.27] Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach:
Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!
[14.28] Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist
du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.
[14.29] Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem
Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.
[14.30] Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und
begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir!
[14.31] Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und
ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du
gezweifelt?
[14.32] Und sie traten in das Boot, und der Wind legte
sich.
[14.33] Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und
sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!
[Note: Krankenheilungen in Genezareth][Note: (Mk 6,53-56)][14.34]
Und sie fuhren hinüber und kamen ans Land in Genezareth.
[14.35] Und als die Leute an diesem Ort ihn erkannten,
schickten sie Botschaft ringsum in das ganze Land und brachten
alle Kranken zu ihm
[14.36] und baten ihn, daß sie nur den Saum seines
Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden
gesund.
[15.1] Da kamen zu Jesus Pharisäer und Schriftgelehrte
aus Jerusalem und sprachen:
[15.2] Warum übertreten deine Jünger die Satzungen der
Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot
essen.
[15.3] Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum
übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Satzungen willen?
[15.4] Denn Gott hat geboten (2. Mose 20,12; 21,17):
"Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter
flucht, der soll des Todes sterben."
[15.5] Aber ihr lehrt: Wer zu Vater oder Mutter sagt: Eine
Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht,
[15.6] der braucht seinen Vater nicht zu ehren. Damit habt
ihr Gottes Gebot aufgehoben um eurer Satzungen willen.
[15.7] Ihr Heuchler, wie fein hat Jesaja von euch
geweissagt und gesprochen (Jesaja 29,13): "
[15.8] Dies Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr
Herz ist fern von mir;
[15.9] vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche
Lehren, die nichts als Menschengebote sind."
[15.10] Und er rief das Volk zu sich und sprach zu ihnen:
Hört zu und begreift's:
[15.11] Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen
nicht unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den
Menschen unrein.
[15.12] Da traten seine Jünger zu ihm und fragten: Weißt
du auch, daß die Pharisäer an dem Wort Anstoß nahmen, als sie
es hörten?
[15.13] Aber er antwortete und sprach: Alle Pflanzen, die
mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, die werden
ausgerissen.
[15.14] Laßt sie, sie sind blinde Blindenführer! Wenn
aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die
Grube.
[15.15] Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Deute uns
dies Gleichnis!
[15.16] Und Jesus sprach zu ihnen: Seid denn auch ihr noch
immer unverständig?
[15.17] Merkt ihr nicht, daß alles, was zum Mund
hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube
ausgeleert?
[15.18] Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus
dem Herzen, und das macht den Menschen unrein.
[15.19] Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord,
Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung.
[15.20] Das sind die Dinge, die den Menschen unrein
machen. Aber mit ungewaschenen Händen essen, macht den Menschen
nicht unrein.
[Note: Die kanaanäische Frau][Note: (Mk 7,24-30)][15.21]
Und Jesus ging weg von dort und zog sich zurück in die Gegend
von Tyrus und Sidon.
[15.22] Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem
Gebiet und schrie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt.
[15.23] Und er antwortete ihr kein Wort. Da traten seine
Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Laß sie doch gehen,*
denn sie schreit uns nach. * Es kann auch übersetzt werden:
"Stell sie zufrieden".
[15.24] Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
[15.25] Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach:
Herr, hilf mir!
[15.26] Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht,
daß man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.
[15.27] Sie sprach: Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde
von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.
[15.28] Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein
Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter
wurde gesund zu derselben Stunde.
[Note: Weitere Heilungen][15.29] Und Jesus ging von dort
weiter und kam an das Galiläische Meer und ging auf einen Berg
und setzte sich dort.
[15.30] Und es kam eine große Menge zu ihm; die hatten
bei sich Gelähmte, Verkrüppelte, Blinde, Stumme und viele
andere Kranke und legten sie Jesus vor die Füße, und er heilte
sie,
[15.31] so daß sich das Volk verwunderte, als sie sahen,
daß die Stummen redeten, die Verkrüppelten gesund waren, die
Gelähmten gingen, die Blinden sahen; und sie priesen den Gott
Israels.
[Note: Die Speisung der Viertausend][Note: (Mk 8,1-10)][15.32]
Und Jesus rief seine Jünger zu sich und sprach: Das Volk jammert
mich; denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben
nichts zu essen; und ich will sie nicht hungrig gehen lassen,
damit sie nicht verschmachten auf dem Wege.
[15.33] Da sprachen seine Jünger zu ihm: Woher sollen wir
soviel Brot nehmen in der Wüste, um eine so große Menge zu
sättigen?
[15.34] Und Jesus sprach zu ihnen: Wie viele Brote habt
ihr? Sie antworteten: Sieben und ein paar Fische.
[15.35] Und er ließ das Volk sich auf die Erde lagern
[15.36] und nahm die sieben Brote und die Fische, dankte,
brach sie und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie
dem Volk.
[15.37] Und sie aßen alle und wurden satt; und sie
sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, sieben Körbe voll.
[15.38] Und die gegessen hatten, waren viertausend Mann,
ausgenommen Frauen und Kinder.
[15.39] Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er
ins Boot und kam in das Gebiet von Magadan.
[16.1] Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu ihm;
die versuchten ihn und forderten ihn auf, sie ein Zeichen vom
Himmel sehen zu lassen.
[16.2] Aber er antwortete und sprach: Des Abends sprecht
ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot.
[16.3] Und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute ein
Unwetter kommen, denn der Himmel ist rot und trübe. Über das
Aussehen des Himmels könnt ihr urteilen; könnt ihr dann nicht
auch über die Zeichen der Zeit urteilen?*
[16.4] Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein
Zeichen; doch soll ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn
das Zeichen des Jona*. Und er ließ sie stehen und ging davon.
[Note: Warnung vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer][Note:
(Mk 8,14-21)][16.5] Und als die Jünger ans andre Ufer
gekommen waren, hatten sie vergessen, Brot mitzunehmen.
[16.6] Jesus aber sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch
vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!
[16.7] Da dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das
wird's sein, daß wir kein Brot mitgenommen haben.
[16.8] Als das Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Ihr
Kleingläubigen, was bekümmert ihr euch doch, daß ihr kein Brot
habt?
[16.9] Versteht ihr noch nicht? Denkt ihr nicht an die
fünf Brote für die fünftausend und wieviel Körbe voll ihr da
aufgesammelt habt?
[16.10] auch nicht an die sieben Brote für die
viertausend und wieviel Körbe voll ihr da aufgesammelt habt?
[16.11] Wieso versteht ihr denn nicht, daß ich nicht vom
Brot zu euch geredet habe? Hütet euch vielmehr vor dem Sauerteig
der Pharisäer und Sadduzäer!
[16.12] Da verstanden sie, daß er nicht gesagt hatte, sie
sollten sich hüten vor dem Sauerteig des Brotes, sondern vor der
Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
[Note: Das Bekenntnis des Petrus und die Verheißung an
ihn][Note: (Mk 8,27-30; Lk 9,18-21)][16.13] Da kam Jesus
in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und
sprach: Wer sagen die Leute, daß der Menschensohn sei?
[16.14] Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der
Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia
oder einer der Propheten.
[16.15] Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, daß ich sei?
[16.16] Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist
Christus, des lebendigen Gottes Sohn!
[16.17] Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist
du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht
offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
[16.18] Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf
diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der
Hölle sollen sie nicht überwältigen.
[16.19] Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs
geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel
gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll
auch im Himmel gelöst sein.
[16.20] Da gebot er seinen Jüngern, niemandem zu sagen,
daß er der Christus sei.
[Note: Die erste Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung][Note: (Mk 8,31-33; Lk 9,22)][16.21] Seit der
Zeit fing Jesus an, seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach
Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten und
Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am
dritten Tage auferstehen.
[16.22] Und Petrus nahm ihn beiseite und fuhr ihn an und
sprach: Gott bewahre dich, Herr! Das widerfahre dir nur nicht!
[16.23] Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh
weg von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst
nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
[Note: Von der Nachfolge][Note: (Mk 8,34-9,1; Lk 9,23-27)][16.24]
Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen,
der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge
mir.
[16.25] Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's
verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der
wird's finden.
[16.26] Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt
gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann
der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?
[16.27] Denn es wird geschehen, daß der Menschensohn
kommt in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und
dann wird er einem jeden vergelten nach seinem Tun.
[16.28] Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier,
die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn
kommen sehen in seinem Reich.
[17.1] Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus
und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein
auf einen hohen Berg.
[17.2] Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein
Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß
wie das Licht.
[17.3] Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die
redeten mit ihm.
[17.4] Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier
ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir
eine, Mose eine und Elia eine.
[17.5] Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie
eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach:
Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den
sollt ihr hören!
[17.6] Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr
Angesicht und erschraken sehr.
[17.7] Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und
sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!
[17.8] Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand
als Jesus allein.
[17.9] Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen
Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem
sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
[17.10] Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Warum
sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elia kommen?
[17.11] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elia soll
freilich kommen und alles zurechtbringen.
[17.12] Doch ich sage euch: Elia ist schon gekommen, aber
sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was sie
wollten. So wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen.
[17.13] Da verstanden die Jünger, daß er von Johannes
dem Täufer zu ihnen geredet hatte.
[Note: Die Heilung eines mondsüchtigen Knaben][Note: (Mk
9,14-29; Lk 9,37-42)][17.14] Und als sie zu dem Volk
kamen, trat ein Mensch zu ihm, fiel ihm zu Füßen
[17.15] und sprach: Herr, erbarme dich über meinen Sohn!
denn er ist mondsüchtig und hat schwer zu leiden; er fällt oft
ins Feuer und oft ins Wasser;
[17.16] und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, und
sie konnten ihm nicht helfen.
[17.17] Jesus aber antwortete und sprach: O du
ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei
euch sein? Wie lange soll ich euch erdulden? Bringt ihn mir her!
[17.18] Und Jesus bedrohte ihn; und der böse Geist fuhr
aus von ihm, und der Knabe wurde gesund zu derselben Stunde.
[17.19] Da traten seine Jünger zu ihm, als sie allein
waren, und fragten: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?
[17.20] Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures
Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben
habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb
dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts
unmöglich sein.*
[Note: Die zweite Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung][Note: (Mk 9,30-32; Lk 9,43-45)][17.21] Als
sie aber beieinander waren in Galiläa, sprach Jesus zu ihnen:
Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der
Menschen,
[17.22] und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird
er auferstehen. Und sie wurden sehr betrübt.
[Note: Von der Zahlung der Tempelsteuer][17.23] Als sie
nun nach Kapernaum kamen, traten zu Petrus, die den
Tempelgroschen einnehmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht
den Tempelgroschen zu geben?
[17.24] Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam ihm Jesus
zuvor und fragte: Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die
Könige auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder von
den Fremden?
[17.25] Als er antwortete: Von den Fremden, sprach Jesus
zu ihm: So sind die Kinder frei.
[17.26] Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin
an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der
heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du
ein Zweigroschenstück finden; das nimm und gib's ihnen für mich
und dich.
[18.1] Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus
und fragten: Wer ist doch der Größte im Himmelreich?
[18.2] Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten
unter sie
[18.3] und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht
umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins
Himmelreich kommen.
[18.4] Wer nun sich selbst erniedrigt und wird wie dies
Kind, der ist der Größte im Himmelreich.
[18.5] Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen,
der nimmt mich auf.
[Note: Warnung vor Verführung zum Abfall][Note: (Mk 9,42-47; Lk
17,1.2)][18.6] Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich
glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, daß ein
Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im
Meer, wo es am tiefsten ist.
[18.7] Weh der Welt der Verführungen wegen! Es müssen ja
Verführungen kommen; doch weh dem Menschen, der zum Abfall
verführt!
[18.8] Wenn aber deine Hand oder dein Fuß dich zum Abfall
verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für
dich, daß du lahm oder verkrüppelt zum Leben eingehst, als daß
du zwei Hände oder zwei Füße hast und wirst in das ewige Feuer
geworfen.
[18.9] Und wenn dich dein Auge zum Abfall verführt, reiß
es aus und wirf's von dir. Es ist besser für dich, daß du
einäugig zum Leben eingehst, als daß du zwei Augen hast und
wirst in das höllische Feuer geworfen.
[Note: Vom verlorenen Schaf][Note: (Lk 15,4-7)][18.10]
Seht zu, daß ihr nicht einen von diesen Kleinen verachtet. Denn
ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht
meines Vaters im Himmel.* * Vers 11 findet sich erst in der
späteren Überlieferung: "Denn der Menschensohn ist
gekommen, selig zu machen, was verloren ist."
[18.11] Was meint ihr? Wenn ein Mensch hundert Schafe
hätte und eins unter ihnen sich verirrte: läßt er nicht die
neunundneunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte?
[18.12] Und wenn es geschieht, daß er's findet, wahrlich,
ich sage euch: er freut sich darüber mehr als über die
neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben.
[18.13] So ist's auch nicht der Wille bei eurem Vater im
Himmel, daß auch nur eines von diesen Kleinen verloren werde.
[Note: Zurechtweisung und Gebet in der Gemeinde][18.14]
Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn
zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast
du deinen Bruder gewonnen.
[18.15] Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder
zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei
Zeugen bestätigt werde.
[18.16] Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde.
Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein
Heide und Zöllner.
[18.17] Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden
werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden
lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.
[18.18] Wahrlich, ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch
eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen
widerfahren von meinem Vater im Himmel.
[18.19] Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem
Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
[Note: Von der Vergebung ("Der Schalksknecht")][18.20]
Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muß ich denn
meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es
siebenmal?
[18.21] Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht
siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
[18.22] Darum gleicht das Himmelreich einem König, der
mit seinen Knechten abrechnen wollte.
[18.23] Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn
gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig.
[18.24] Da er's nun nicht bezahlen konnte, befahl der
Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er
hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen.
[18.25] Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte ihn
an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen.
[18.26] Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und
ließ ihn frei, und die Schuld erließ er ihm auch.
[18.27] Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner
Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er
packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig
bist!
[18.28] Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und
sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's bezahlen.
[18.29] Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf
ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war.
[18.30] Als aber seine Mitknechte das sahen, wurden sie
sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor,
was sich begeben hatte.
[18.31] Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu
ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen,
weil du mich gebeten hast;
[18.32] hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen
über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe?a
[18.33] Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn
den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig
war.
[18.34] So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun,
wenn ihr einander nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem
Bruder.
[19.1] Und es begab sich, als Jesus diese Reden
vollendet hatte, daß er sich aufmachte aus Galiläa und kam in
das Gebiet von Judäa jenseits des Jordans;
[19.2] und eine große Menge folgte ihm nach, und er
heilte sie dort.
[19.3] Da traten Pharisäer zu ihm und versuchten ihn und
sprachen: Ist's erlaubt, daß sich ein Mann aus irgendeinem Grund
von seiner Frau scheidet?
[19.4] Er aber antwortete und sprach: Habt ihr nicht
gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als
Mann und Frau
[19.5] und sprach (1. Mose 2,24): "Darum wird ein
Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und
die zwei werden ein Fleisch sein"?
[19.6] So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein
Fleisch*. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch
nicht scheiden!
[19.7] Da fragten sie: Warum hat dann Mose geboten, ihr
einen Scheidebrief zu geben und sich von ihr zu scheiden?
[19.8] Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch zu
scheiden von euren Frauen, eures Herzens Härte wegen; von Anfang
an aber ist's nicht so gewesen.
[19.9] Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau
scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, und heiratet eine andere,
der bricht die Ehe.
[19.10] Da sprachen seine Jünger zu ihm: Steht die Sache
eines Mannes mit seiner Frau so, dann ist's nicht gut zu
heiraten.
[19.11] Er sprach aber zu ihnen: Dies Wort fassen nicht
alle, sondern nur die, denen es gegeben ist.
[19.12] Denn einige sind von Geburt an zur Ehe unfähig;
andere sind von Menschen zur Ehe unfähig gemacht; und wieder
andere haben sich selbst zur Ehe unfähig gemacht um des
Himmelreichs willen. Wer es fassen kann, der fasse es!
[Note: Die Segnung der Kinder][Note: (Mk 10,13-16; Lk 18,15-17)][19.13]
Da wurden Kinder zu ihm gebracht, damit er die Hände auf sie
legte und betete. Die Jünger aber fuhren sie an.
[19.14] Aber Jesus sprach: Lasset die Kinder und wehret
ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das
Himmelreich.
[19.15] Und er legte die Hände auf sie und zog von dort
weiter.
[Note: Die Gefahr des Reichtums ("Der reiche
Jüngling")][Note: (Mk 10,17-27; Lk 18,18-27)][19.16]
Und siehe, einer trat zu ihm und fragte: Meister, was soll ich
Gutes tun, damit ich das ewige Leben habe?
[19.17] Er aber sprach zu ihm: Was fragst du mich nach
dem, was gut ist? Gut ist nur Einer. Willst du aber zum Leben
eingehen, so halte die Gebote.
[19.18] Da fragte er ihn: Welche? Jesus aber sprach:
"Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du
sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben;
[19.19] ehre Vater und Mutter" (2. Mose 20,12- 16);
und: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich
selbst" (3. Mose 19,18).
[19.20] Da sprach der Jüngling zu ihm: Das habe ich alles
gehalten; was fehlt mir noch?
[19.21] Jesus antwortete ihm: Willst du vollkommen sein,
so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst
du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!
[19.22] Als der Jüngling das Wort hörte, ging er
betrübt davon; denn er hatte viele Güter.
[19.23] Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich,
ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen.
[19.24] Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, daß
ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins
Reich Gottes komme.
[19.25] Als das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich
sehr und sprachen: Ja, wer kann dann selig werden?
[19.26] Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den
Menschen ist's unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge
möglich.
[Note: Der Lohn der Nachfolge][Note: (Mk 10,28-31; Lk 18,28-30)][19.27]
Da fing Petrus an und sprach zu ihm: Siehe, wir haben alles
verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns dafür gegeben?
[19.28] Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage
euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der
Wiedergeburt, wenn der Menschensohn sitzen wird auf dem Thron
seiner Herrlichkeit, auch sitzen auf zwölf Thronen und richten
die zwölf Stämme Israels.
[19.29] Und wer Häuser oder Brüder oder Schwestern oder
Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verläßt um meines
Namens willen, der wird's hundertfach empfangen und das ewige
Leben ererben.
[19.30] Aber viele, die die Ersten sind, werden die
Letzten und die Letzten werden die Ersten sein.
[20.1] Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn,
der früh am Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg
einzustellen.
[20.2] Und als er mit den Arbeitern einig wurde über
einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen
Weinberg.
[20.3] Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere
müßig auf dem Markt stehen
[20.4] und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den
Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.
[20.5] Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die
sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe.
[20.6] Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand
andere und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig
da?
[20.7] Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand
eingestellt. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den
Weinberg.
[20.8] Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des
Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den
Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten.
[20.9] Da kamen, die um die elfte Stunde eingestellt
waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen.
[20.10] Als aber die ersten kamen, meinten sie, sie
würden mehr empfangen; und auch sie empfingen ein jeder seinen
Silbergroschen.
[20.11] Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den
Hausherrn
[20.12] und sprachen: Diese letzten haben nur eine Stunde
gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des
Tages Last und Hitze getragen haben.
[20.13] Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen:
Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir
einig geworden über einen Silbergroschen?
[20.14] Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem
letzten dasselbe geben wie dir.
[20.15] Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will,
mit dem, was mein ist? Siehst du scheel drein, weil ich so gütig
bin?
[20.16] So werden die Letzten die Ersten und die Ersten
die Letzten sein.* *In der späteren Überlieferung finden sich
zusätzlich die Worte: "Denn viele sind berufen, aber wenige
sind auserwählt" (vgl. 22,14).
[Note: Die dritte Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung][Note: (Mk 10,32-34; Lk 18,31-33)][20.17] Und
Jesus zog hinauf nach Jerusalem und nahm die zwölf Jünger
beiseite und sprach zu ihnen auf dem Wege:
[20.18] Siehe, wir ziehen hinauf nach Jerusalem, und der
Menschensohn wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten
überantwortet werden; und sie werden ihn zum Tode verurteilen
[20.19] und werden ihn den Heiden überantworten, damit
sie ihn verspotten und geißeln und kreuzigen; und am dritten
Tage wird er auferstehen.
[Note: Vom Herrschen und vom Dienen ("Die Söhne des
Zebedäus")][Note: (Mk 10,35-45)][20.20] Da trat zu
ihm die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen, fiel
vor ihm nieder und wollte ihn um etwas bitten.
[20.21] Und er sprach zu ihr: Was willst du? Sie sprach zu
ihm: Laß diese meine beiden Söhne sitzen in deinem Reich einen
zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken.
[20.22] Aber Jesus antwortete und sprach: Ihr wißt nicht,
was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken
werde?* Sie antworteten ihm: Ja, das können wir.
[20.23] Er sprach zu ihnen: Meinen Kelch werdet ihr zwar
trinken,* aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben,
steht mir nicht zu. Das wird denen zuteil, für die es bestimmt
ist von meinem Vater.
[20.24] Als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig
über die zwei Brüder.
[20.25] Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wißt,
daß die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen
ihnen Gewalt antun.
[20.26] So soll es nicht sein unter euch; sondern wer
unter euch groß sein will, der sei euer Diener;
[20.27] und wer unter euch der Erste sein will, der sei
euer Knecht,
[20.28] so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, daß
er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben
zu einer Erlösung für viele.
[Note: Die Heilung von zwei Blinden bei Jericho][Note: (Mk
10,46-52; Lk 18,35-43)][20.29] Und als sie von Jericho
fortgingen, folgte ihm eine große Menge.
[20.30] Und siehe, zwei Blinde saßen am Wege; und als sie
hörten, daß Jesus vorüberging, schrien sie: Ach Herr, du Sohn
Davids, erbarme dich unser!
[20.31] Aber das Volk fuhr sie an, daß sie schweigen
sollten. Doch sie schrien noch viel mehr: Ach Herr, du Sohn
Davids, erbarme dich unser!
[20.32] Jesus aber blieb stehen, rief sie und sprach: Was
wollt ihr, daß ich für euch tun soll?
[20.33] Sie sprachen zu ihm: Herr, daß unsere Augen
aufgetan werden.
[20.34] Und es jammerte Jesus, und er berührte ihre
Augen; und sogleich wurden sie wieder sehend, und sie folgten ihm
nach.
[21.1] Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen,
nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus
[21.2] und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor
euch liegt, und gleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden
und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir!
[21.3] Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht:
Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.
[21.4] Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt
ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): "
[21.5] Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu
dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen,
dem Jungen eines Lasttiers."
[21.6] Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus
befohlen hatte,
[21.7] und brachten die Eselin und das Füllen und legten
ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf.
[21.8] Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider
auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten
sie auf den Weg.
[21.9] Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte,
schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem
Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!
[21.10] Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die
ganze Stadt und fragte: Wer ist der?
[21.11] Die Menge aber sprach: Das ist Jesus, der Prophet
aus Nazareth in Galiläa.
[Note: Die Tempelreinigung][Note: (Mk 11,15-19; Lk 19,45-48; Joh
2,13-16)][21.12] Und Jesus ging in den Tempel hinein und
trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die
Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler
[21.13] und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben (Jesaja
56,7): "Mein Haus soll ein Bethaus heißen"; ihr aber
macht eine Räuberhöhle daraus.
[21.14] Und es gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel,
und er heilte sie.
[21.15] Als aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten
die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel
schrien: Hosianna dem Sohn Davids!, entrüsteten sie sich
[21.16] und sprachen zu ihm: Hörst du auch, was diese
sagen? Jesus antwortete ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen (Psalm
8,3): "Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du
dir Lob bereitet"?
[21.17] Und er ließ sie stehen und ging zur Stadt hinaus
nach Betanien und blieb dort über Nacht.
[Note: Der verdorrte Feigenbaum][Note: (Mk 11,12-14.20-24)][21.18]
Als er aber am Morgen wieder in die Stadt ging, hungerte ihn.
[21.19] Und er sah einen Feigenbaum an dem Wege, ging hin
und fand nichts daran als Blätter und sprach zu ihm: Nun wachse
auf dir niemals mehr Frucht! Und der Feigenbaum verdorrte
sogleich.
[21.20] Und als das die Jünger sahen, verwunderten sie
sich und fragten: Wie ist der Feigenbaum so rasch verdorrt?
[21.21] Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen:
Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht
zweifelt, so werdet ihr nicht allein Taten wie die mit dem
Feigenbaum tun, sondern, wenn ihr zu diesem Berge sagt: Heb dich
und wirf dich ins Meer!, so wird's geschehen.
[21.22] Und alles, was ihr bittet im Gebet, wenn ihr
glaubt, so werdet ihr's empfangen.
[Note: Die Frage nach Jesu Vollmacht][Note: (Mk 11,27-33; Lk
20,1-8)][21.23] Und als er in den Tempel kam und lehrte,
traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu ihm und
fragten: Aus welcher Vollmacht tust du das, und wer hat dir diese
Vollmacht gegeben?
[21.24] Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich
will euch auch eine Sache fragen; wenn ihr mir die sagt, will ich
euch auch sagen, aus welcher Vollmacht ich das tue.
[21.25] Woher war die Taufe des Johannes? War sie vom
Himmel oder von den Menschen? Da bedachten sie's bei sich selbst
und sprachen: Sagen wir, sie war vom Himmel, so wird er zu uns
sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?
[21.26] Sagen wir aber, sie war von Menschen, so müssen
wir uns vor dem Volk fürchten, denn sie halten alle Johannes
für einen Propheten.
[21.27] Und sie antworteten Jesus und sprachen: Wir
wissen's nicht. Da sprach er zu ihnen: So sage ich euch auch
nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.
[Note: Von den ungleichen Söhnen][21.28] Was meint ihr
aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und
sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg.
[21.29] Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will
nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin.
[21.30] Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte
dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr! und ging
nicht hin.
[21.31] Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan?
Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich
sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes
als ihr.
[21.32] Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den
rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und
Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch
nicht Buße, so daß ihr ihm dann auch geglaubt hättet.
[Note: Von den bösen Weingärtnern][Note: (Mk 12,1-12; Lk
20,9-19)][21.33] Hört ein anderes Gleichnis: Es war ein
Hausherr, der pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum
und grub eine Kelter darin und baute einen Turm und verpachtete
ihn an Weingärtner und ging außer Landes.
[21.34] Als nun die Zeit der Früchte herbeikam, sandte er
seine Knechte zu den Weingärtnern, damit sie seine Früchte
holten.
[21.35] Da nahmen die Weingärtner seine Knechte: den
einen schlugen sie, den zweiten töteten sie, den dritten
steinigten sie.
[21.36] Abermals sandte er andere Knechte, mehr als das
erste Mal; und sie taten mit ihnen dasselbe.
[21.37] Zuletzt aber sandte er seinen Sohn zu ihnen und
sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.
[21.38] Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen
sie zueinander: Das ist der Erbe; kommt, laßt uns ihn töten und
sein Erbgut an uns bringen!a
[21.39] Und sie nahmen ihn und stießen ihn zum Weinberg
hinaus und töteten ihn.
[21.40] Wenn nun der Herr des Weinbergs kommen wird, was
wird er mit diesen Weingärtnern tun?
[21.41] Sie antworteten ihm: Er wird den Bösen ein böses
Ende bereiten und seinen Weinberg andern Weingärtnern
verpachten, die ihm die Früchte zur rechten Zeit geben.
[21.42] Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der
Schrift (Psalm 118,22.23): "Der Stein, den die Bauleute
verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das
geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen"?
[21.43] Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von
euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte
bringt.
[21.44] Und wer auf diesen Stein fällt, der wird
zerschellen; auf wen aber er fällt, den wird er zermalmen.*
*Dieser Vers findet sich bei einigen alten Textzeugen nicht.
[21.45] Und als die Hohenpriester und Pharisäer seine
Gleichnisse hörten, erkannten sie, daß er von ihnen redete.
[21.46] Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen; aber
sie fürchteten sich vor dem Volk, denn es hielt ihn für einen
Propheten.
[22.1] Und Jesus fing an und redete abermals in
Gleichnissen zu ihnen und sprach:
[22.2] Das Himmelreich gleicht einem König, der seinem
Sohn die Hochzeit ausrichtete.
[22.3] Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur
Hochzeit zu laden; doch sie wollten nicht kommen.
[22.4] Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach:
Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine
Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet, und alles ist bereit;
kommt zur Hochzeit!
[22.5] Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf
seinen Acker, der andere an sein Geschäft.
[22.6] Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten
und töteten sie.
[22.7] Da wurde der König zornig und schickte seine Heere
aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.
[22.8] Dann sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist
zwar bereit, aber die Gäste waren's nicht wert.
[22.9] Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur
Hochzeit ein, wen ihr findet.
[22.10] Und die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und
brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute; und die Tische
wurden alle voll.
[22.11] Da ging der König hinein, sich die Gäste
anzusehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein
hochzeitliches Gewand an,
[22.12] und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier
hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Er
aber verstummte.
[22.13] Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm
die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus! Da
wird Heulen und Zähneklappern sein.
[22.14] Denn viele sind berufen, aber wenige sind
auserwählt.
[Note: Die Frage nach der Steuer ("Der
Zinsgroschen")][Note: (Mk 12,13-17; Lk 20,20-26)][22.15]
Da gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in
seinen Worten fangen könnten;
[22.16] und sandten zu ihm ihre Jünger samt den
Anhängern des Herodes. Die sprachen: Meister, wir wissen, daß
du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst
nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen.
[22.17] Darum sage uns, was meinst du: Ist's recht, daß
man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?
[22.18] Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr
Heuchler, was versucht ihr mich?
[22.19] Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm
einen Silbergroschen.
[22.20] Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift
ist das?
[22.21] Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu
ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was
Gottes ist!
[22.22] Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen
von ihm ab und gingen davon.
[Note: Die Frage nach der Auferstehung][Note: (Mk 12,18-27; Lk
20,27-40)][22.23] An demselben Tage traten die Sadduzäer
zu ihm, die lehren, es gebe keine Auferstehung, und fragten ihn
[22.24] und sprachen: Meister, Mose hat gesagt (5. Mose
25,5.6): "Wenn einer stirbt und hat keine Kinder, so soll
sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen
erwecken."
[22.25] Nun waren bei uns sieben Brüder. Der erste
heiratete und starb; und weil er keine Nachkommen hatte,
hinterließ er seine Frau seinem Bruder;
[22.26] desgleichen der zweite und der dritte bis zum
siebenten.
[22.27] Zuletzt nach allen starb die Frau.
[22.28] Nun in der Auferstehung: wessen Frau wird sie sein
von diesen sieben? Sie haben sie ja alle gehabt.
[22.29] Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr
irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes.
[22.30] Denn in der Auferstehung werden sie weder heiraten
noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie Engel im Himmel.
[22.31] Habt ihr denn nicht gelesen von der Auferstehung
der Toten, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht (2. Mose
3,6): "
[22.32] Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und
der Gott Jakobs"? Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern
der Lebenden.
[22.33] Und als das Volk das hörte, entsetzten sie sich
über seine Lehre.
[Note: Die Frage nach dem höchsten Gebot][Note: (Mk 12,28-31; Lk
10,25-28)][22.34] Als aber die Pharisäer hörten, daß er
den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich.
[22.35] Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter,
versuchte ihn und fragte:
[22.36] Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?
[22.37] Jesus aber antwortete ihm: "Du sollst den
Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele
und von ganzem Gemüt*" (5. Mose 6,5). *Siehe Sach- und
Worterklärungen.
[22.38] Dies ist das höchste und größte Gebot.
[22.39] Das andere aber ist dem gleich: "Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (3. Mose 19,18).
[22.40] In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz
und die Propheten.
[Note: Die Frage nach dem Davidssohn][Note: (Mk 12,35-37; Lk
20,41-44)][22.41] Als nun die Pharisäer beieinander
waren, fragte sie Jesus:
[22.42] Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist
er? Sie antworteten: Davids.
[22.43] Da fragte er sie: Wie kann ihn dann David durch
den Geist Herr nennen, wenn er sagt (Psalm 110,1): "
[22.44] Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu
meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße
lege"?
[22.45] Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann
sein Sohn?
[22.46] Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, auch
wagte niemand von dem Tage an, ihn hinfort zu fragen.
[23.1] Da redete Jesus zu dem Volk und zu seinen
Jüngern
[23.2] und sprach: Auf dem Stuhl des Mose sitzen die
Schriftgelehrten und Pharisäer.
[23.3] Alles nun, was sie euch sagen, das tut und haltet;
aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen's
zwar, tun's aber nicht.
[23.4] Sie binden schwere und unerträgliche Bürden und
legen sie den Menschen auf die Schultern; aber sie selbst wollen
keinen Finger dafür krümmen.
[23.5] Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den
Leuten gesehen werden. Sie machen ihre Gebetsriemen* breit und
die Quasten* an ihren Kleidern groß.
[23.6] Sie sitzen gern obenan bei Tisch und in den
Synagogen
[23.7] und haben's gern, daß sie auf dem Markt gegrüßt
und von den Leuten Rabbi genannt werden.
[23.8] Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn
einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder.
[23.9] Und ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf
Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.
[23.10] Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen;
denn einer ist euer Lehrer: Christus.
[23.11] Der größte unter euch soll euer Diener sein.
[23.12] Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt;
und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht.
[23.13] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen!
Ihr geht nicht hinein, und die hinein wollen, laßt ihr nicht
hineingehen.* *Vers 14 findet sich erst in der späteren
Überlieferung: "Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
ihr Heuchler, die ihr die Häuser der Witwen freßt und zum
Schein lange Gebete verrichtet! Darum werdet ihr ein um so
härteres Urteil empfangen" (vgl. Mk 12,40).
[23.14] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr Land und Meer durchzieht, damit ihr einen
Judengenossen gewinnt; und wenn er's geworden ist, macht ihr aus
ihm ein Kind der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr.
[23.15] Weh euch, ihr verblendeten Führer, die ihr sagt:
Wenn einer schwört bei dem Tempel, das gilt nicht; wenn aber
einer schwört bei dem Gold des Tempels, der ist gebunden.
[23.16] Ihr Narren und Blinden! Was ist mehr: das Gold
oder der Tempel, der das Gold heilig macht?
[23.17] Oder: Wenn einer schwört bei dem Altar, das gilt
nicht; wenn aber einer schwört bei dem Opfer, das darauf liegt,
der ist gebunden.
[23.18] Ihr Blinden! Was ist mehr: das Opfer oder der
Altar, der das Opfer heilig macht?
[23.19] Darum, wer schwört bei dem Altar, der schwört
bei ihm und bei allem, was darauf liegt.
[23.20] Und wer schwört bei dem Tempel, der schwört bei
ihm und bei dem, der darin wohnt.
[23.21] Und wer schwört bei dem Himmel, der schwört bei
dem Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt.
[23.22] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel
und laßt das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht,
die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und
jenes nicht lassen.
[23.23] Ihr verblendeten Führer, die ihr Mücken
aussiebt, aber Kamele verschluckt!
[23.24] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr die Becher und Schüsseln außen reinigt, innen
aber sind sie voller Raub und Gier!
[23.25] Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere
des Bechers, damit auch das Äußere rein wird!b
[23.26] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von
außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine
und lauter Unrat!
[23.27] So auch ihr: von außen scheint ihr vor den
Menschen fromm, aber innen seid ihr voller Heuchelei und Unrecht.
[23.28] Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr
Heuchler, die ihr den Propheten Grabmäler baut und die Gräber
der Gerechten schmückt
[23.29] und sprecht: Hätten wir zu Zeiten unserer Väter
gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden am Blut
der Propheten!
[23.30] Damit bezeugt ihr von euch selbst, daß ihr Kinder
derer seid, die die Propheten getötet haben.
[23.31] Wohlan, macht auch ihr das Maß eurer Väter voll!
[23.32] Ihr Schlangen, ihr Otternbrut! Wie wollt ihr der
höllischen Verdammnis entrinnen?
[23.33] Darum: siehe, ich sende zu euch Propheten und
Weise und Schriftgelehrte; und von ihnen werdet ihr einige töten
und kreuzigen, und einige werdet ihr geißeln in euren Synagogen
und werdet sie verfolgen von einer Stadt zur andern,
[23.34] damit über euch komme all das gerechte Blut, das
vergossen ist auf Erden, von dem Blut des gerechten Abel an bis
auf das Blut des Secharja, des Sohnes Berechjas, den ihr getötet
habt zwischen Tempel und Altar.
[23.35] Wahrlich, ich sage euch: das alles wird über
dieses Geschlecht kommen.
[Note: Klage über Jerusalem][Note: (Lk 13,34.35)][23.36]
Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst,
die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln
wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel;
und ihr habt nicht gewollt!
[23.37] Siehe, "euer Haus soll euch wüst gelassen
werden"a (Jeremia 22,5; Psalm 69,26).
[23.38] Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an
nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen
des Herrn!
[24.1] Und Jesus ging aus dem Tempel fort, und seine
Jünger traten zu ihm und zeigten ihm die Gebäude des Tempels.
[24.2] Er aber sprach zu ihnen: Seht ihr nicht das alles?
Wahrlich, ich sage euch: Es wird hier nicht ein Stein auf dem
andern bleiben, der nicht zerbrochen werde.
[Note: Der Anfang der Wehen][Note: (Mk 13,3-13; Lk 21,7-19)][24.3]
Und als er auf dem Ölberg saß, traten seine Jünger zu ihm und
sprachen, als sie allein waren: Sage uns, wann wird das
geschehen? und was wird das Zeichen sein für dein Kommen und
für das Ende der Welt?a
[24.4] Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu,
daß euch nicht jemand verführe.
[24.5] Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und
sagen: Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen.
[24.6] Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei;
seht zu und erschreckt nicht. Denn das muß so geschehen; aber es
ist noch nicht das Ende da.
[24.7] Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben
und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte
sein und Erdbeben hier und dort.
[24.8] Das alles aber ist der Anfang der Wehen.
[24.9] Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und
euch töten. Und ihr werdet gehaßt werden um meines Namens
willen von allen Völkern.
[24.10] Dann werden viele abfallen und werden sich
untereinander verraten und werden sich untereinander hassen.
[24.11] Und es werden sich viele falsche Propheten erheben
und werden viele verführen.
[24.12] Und weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen
wird, wird die Liebe in vielen erkalten.
[24.13] Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig
werden.
[24.14] Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom
Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann
wird das Ende kommen.
[Note: Die große Bedrängnis][Note: (Mk 13,14-23; Lk 21,20-24)][24.15]
Wenn ihr nun sehen werdet das Greuelbild der Verwüstung stehen
an der heiligen Stätte, wovon gesagt ist durch den Propheten
Daniel (Daniel 9,27; 11,31), - wer das liest, der merke auf! -,
[24.16] alsdann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist;
[24.17] und wer auf dem Dach ist, der steige nicht
hinunter, etwas aus seinem Hause zu holen;
[24.18] und wer auf dem Feld ist, der kehre nicht zurück,
seinen Mantel zu holen.
[24.19] Weh aber den Schwangeren und den Stillenden zu
jener Zeit!a
[24.20] Bittet aber, daß eure Flucht nicht geschehe im
Winter oder am Sabbat.
[24.21] Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein,
wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch
nicht wieder werden wird.
[24.22] Und wenn diese Tage nicht verkürzt würden, so
würde kein Mensch selig werden; aber um der Auserwählten willen
werden diese Tage verkürzt.
[24.23] Wenn dann jemand zu euch sagen wird: Siehe, hier
ist der Christus! oder da!, so sollt ihr's nicht glauben.
[24.24] Denn es werden falsche Christusse und falsche
Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, so daß
sie, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten verführten.
[24.25] Siehe, ich habe es euch vorausgesagt.
[24.26] Wenn sie also zu euch sagen werden: Siehe, er ist
in der Wüste!, so geht nicht hinaus; siehe, er ist drinnen im
Haus!, so glaubt es nicht.
[24.27] Denn wie der Blitz ausgeht vom Osten und leuchtet
bis zum Westen, so wird auch das Kommen des Menschensohns sein.
[24.28] Wo das Aas ist, da sammeln sich die Geier.
[Note: Das Kommen des Menschensohns][Note: (Mk 13,24-27; Lk
21,25-28)][24.29] Sogleich aber nach der Bedrängnis jener
Zeit wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein
verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die
Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
[24.30] Und dann wird erscheinen das Zeichen des
Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle
Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen
auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.
[24.31] Und er wird seine Engel senden mit hellen
Posaunen, und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier
Winden, von einem Ende des Himmels bis zum andern.
[Note: Mahnung zur Wachsamkeit][Note: (Mk 13,28-32; Lk 21,29-33;
12,39.40)][24.32] An dem Feigenbaum lernt ein Gleichnis:
wenn seine Zweige jetzt saftig werden und Blätter treiben, so
wißt ihr, daß der Sommer nahe ist.
[24.33] Ebenso auch: wenn ihr das alles seht, so wißt,
daß er nahe vor der Tür ist.
[24.34] Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird
nicht vergehen, bis dies alles geschieht.
[24.35] Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte
werden nicht vergehen.
[24.36] Von dem Tage aber und von der Stunde weiß
niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht,
sondern allein der Vater.
[24.37] Denn wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch
sein das Kommen des Menschensohns.
[24.38] Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut -
sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten
bis an den Tag, an dem Noah in die Arche hineinging;
[24.39] und sie beachteten es nicht, bis die Sintflut kam
und raffte sie alle dahin -, so wird es auch sein beim Kommen des
Menschensohns.
[24.40] Dann werden zwei auf dem Felde sein; der eine wird
angenommen, der andere wird preisgegeben.
[24.41] Zwei Frauen werden mahlen mit der Mühle; die eine
wird angenommen, die andere wird preisgegeben.
[24.42] Darum wachet; denn ihr wißt nicht, an welchem Tag
euer Herr kommt.
[24.43] Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausvater
wüßte, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, so würde
er ja wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen.
[24.44] Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn
kommt zu einer Stunde, da ihr's nicht meint.
[Note: Vom treuen und vom bösen Knecht][Note: (Lk 12,41-46)][24.45]
Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr über seine
Leute gesetzt hat, damit er ihnen zur rechten Zeit zu essen gebe?
[24.46] Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er
kommt, das tun sieht.
[24.47] Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle
seine Güter setzen.
[24.48] Wenn aber jener als ein böser Knecht in seinem
Herzen sagt: Mein Herr kommt noch lange nicht,
[24.49] und fängt an, seine Mitknechte zu schlagen, ißt
und trinkt mit den Betrunkenen:
[24.50] dann wird der Herr dieses Knechts kommen an einem
Tage, an dem er's nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er
nicht kennt,
[24.51] und er wird ihn in Stücke hauen lassen und ihm
sein Teil geben bei den Heuchlern; da wird sein Heulen und
Zähneklappern.
[25.1] Dann wird das Himmelreich gleichen zehn
Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem
Bräutigam entgegen.
[25.2] Aber fünf von ihnen waren töricht, und fünf
waren klug.
[25.3] Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen
kein Öl mit.
[25.4] Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen,
samt ihren Lampen.
[25.5] Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie
alle schläfrig und schliefen ein.
[25.6] Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe,
der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!
[25.7] Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten
ihre Lampen fertig.
[25.8] Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt
uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen.
[25.9] Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst
würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum
Kaufmann und kauft für euch selbst.
[25.10] Und als sie hingingen zu kaufen, kam der
Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur
Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.
[25.11] Später kamen auch die andern Jungfrauen und
sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
[25.12] Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage
euch: Ich kenne euch nicht.
[25.13] Darum wachet! Denn ihr wißt weder Tag noch
Stunde. *
[Note: Von den anvertrauten Zentnern][Note: (Lk 19,12-27)][25.14]
Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: er
rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an;
[25.15] dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern
zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog
fort.
[25.16] Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen
hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu.
[25.17] Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen
hatte, zwei weitere dazu.
[25.18] Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein
Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.
[25.19] Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und
forderte Rechenschaft von ihnen.
[25.20] Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte,
und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast
mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere
fünf Zentner gewonnen.
[25.21] Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du
tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen,
ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn
Freude!
[25.22] Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen
hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut;
siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen.
[25.23] Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger
und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will
dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
[25.24] Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen
hatte, und sprach: Herr, ich wußte, daß du ein harter Mann
bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo
du nicht ausgestreut hast;
[25.25] und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg
deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.
[25.26] Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du
böser und fauler Knecht! Wußtest du, daß ich ernte, wo ich
nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe?
[25.27] Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern
bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine
wiederbekommen mit Zinsen.
[25.28] Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem,
der zehn Zentner hat.
[25.29] Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er
wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er
hat, genommen werden.
[25.30] Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis
hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.
[Note: Vom Weltgericht][25.31] Wenn aber der Menschensohn
kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, dann
wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit,
[25.32] und alle Völker werden vor ihm versammelt werden.
Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von
den Böcken scheidet,
[25.33] und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und
die Böcke zur Linken.
[25.34] Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner
Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das
Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!
[25.35] Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu
essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu
trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich
aufgenommen.
[25.36] Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich
gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich
bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.
[25.37] Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen:
Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen
gegeben? oder durstig und haben dir zu trinken gegeben?
[25.38] Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben
dich aufgenommen? oder nackt und haben dich gekleidet?
[25.39] Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis
gesehen und sind zu dir gekommen?
[25.40] Und der König wird antworten und zu ihnen sagen:
Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen
meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
[25.41] Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht
weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet
ist dem Teufel und seinen Engeln!
[25.42] Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir
nicht zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir
nicht zu trinken gegeben.
[25.43] Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich
nicht aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich nicht
gekleidet. Ich bin krank und im Gefängnis gewesen, und ihr habt
mich nicht besucht.
[25.44] Dann werden sie ihm auch antworten und sagen:
Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig gesehen oder als
Fremden oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben dir
nicht gedient?
[25.45] Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich,
ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen
Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.
[25.46] Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe,
aber die Gerechten in das ewige Leben.
[26.1] Und es begab sich, als Jesus alle diese Reden
vollendet hatte, daß er zu seinen Jüngern sprach:
[26.2] Ihr wißt, daß in zwei Tagen Passa ist; und der
Menschensohn wird überantwortet werden, daß er gekreuzigt
werde.
[26.3] Da versammelten sich die Hohenpriester und die
Ältesten des Volkes im Palast des Hohenpriesters, der hieß
Kaiphas,
[26.4] und hielten Rat, wie sie Jesus mit List ergreifen
und töten könnten.
[26.5] Sie sprachen aber: Ja nicht bei dem Fest, damit es
nicht einen Aufruhr gebe im Volk.
[Note: Die Salbung in Betanien][Note: (Lk 7,36-50; Joh 12,1-8)][26.6]
Als nun Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen,
[26.7] trat zu ihm eine Frau, die hatte ein Glas mit
kostbarem Salböl und goß es auf sein Haupt, als er zu Tisch
saß.
[26.8] Als das die Jünger sahen, wurden sie unwillig und
sprachen: Wozu diese Vergeudung?
[26.9] Es hätte teuer verkauft und das Geld den Armen
gegeben werden können.
[26.10] Als Jesus das merkte, sprach er zu ihnen: Was
betrübt ihr die Frau? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
[26.11] Denn Arme habt ihr allezeit bei euch, mich aber
habt ihr nicht allezeit.
[26.12] Daß sie das Öl auf meinen Leib gegossen hat, das
hat sie für mein Begräbnis getan.
[26.13] Wahrlich, ich sage euch: Wo dies Evangelium
gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen zu
ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.
[Note: Der Verrat des Judas][26.14] Da ging einer von den
Zwölfen, mit Namen Judas Iskariot, hin zu den Hohenpriestern
[26.15] und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn
euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge.
[26.16] Und von da an suchte er eine Gelegenheit, daß er
ihn verriete.
[Note: Das Abendmahl][Note: (Joh 13,21-26)][26.17] Aber am
ersten Tage der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus
und fragten: Wo willst du, daß wir dir das Passalamm zum Essen
bereiten?
[26.18] Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und
sprecht zu ihm: Der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit ist
nahe; ich will bei dir das Passa feiern mit meinen Jüngern.
[26.19] Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen
hatte, und bereiteten das Passalamm.
[26.20] Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den
Zwölfen.
[26.21] Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage
euch: Einer unter euch wird mich verraten.
[26.22] Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder
einzeln, ihn zu fragen: Herr, bin ich's?
[26.23] Er antwortete und sprach: Der die Hand mit mir in
die Schüssel taucht, der wird mich verraten.
[26.24] Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm
geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der
Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser,
wenn er nie geboren wäre.
[26.25] Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach:
Bin ich's, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.
[26.26] Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte
und brach's und gab's den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das
ist mein Leib.
[26.27] Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den
und sprach: Trinket alle daraus;
[26.28] das ist mein Blut des Bundes,* das vergossen wird
für viele zur Vergebung der Sünden.
[26.29] Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von
diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich
von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
[26.30] Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen
sie hinaus an den Ölberg.
[Note: Die Ankündigung der Verleugnung des Petrus][26.31]
Da sprach Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr alle
Ärgernis nehmen an mir. Denn es steht geschrieben (Sacharja
13,7): "Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der
Herde werden sich zerstreuen."
[26.32] Wenn ich aber auferstanden bin, will ich vor euch
hingehen nach Galiläa.
[26.33] Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Wenn sie
auch alle Ärgernis nehmen, so will ich doch niemals Ärgernis
nehmen an dir.
[26.34] Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: In
dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal
verleugnen.
[26.35] Petrus sprach zu ihm: Und wenn ich mit dir sterben
müßte, will ich dich nicht verleugnen. Das gleiche sagten auch
alle Jünger.
[Note: Jesus in Gethsemane][26.36] Da kam Jesus mit ihnen
zu einem Garten, der hieß Gethsemane, und sprach zu den
Jüngern: Setzt euch hier, solange ich dorthin gehe und bete.
[26.37] Und er nahm mit sich Petrus und die zwei Söhne
des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen.
[26.38] Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt
bis an den Tod; bleibt hier und wacht mit mir!
[26.39] Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein
Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist's möglich, so
gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will,
sondern wie du willst!
[26.40] Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie
schlafend und sprach zu Petrus: Könnt ihr denn nicht eine Stunde
mit mir wachen?
[26.41] Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung
fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.
[26.42] Zum zweiten Mal ging er wieder hin, betete und
sprach: Mein Vater, ist's nicht möglich, daß dieser Kelch an
mir vorübergehe, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe dein
Wille!
[26.43] Und er kam und fand sie abermals schlafend, und
ihre Augen waren voller Schlaf.
[26.44] Und er ließ sie und ging abermals hin und betete
zum dritten Mal und redete dieselben Worte.
[26.45] Dann kam er zu seinen Jüngern und sprach zu
ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Siehe, die
Stunde ist da, daß der Menschensohn in die Hände der Sünder
überantwortet wird.
[26.46] Steht auf, laßt uns gehen! Siehe, er ist da, der
mich verrät.
[Note: Jesu Gefangennahme][26.47] Und als er noch redete,
siehe, da kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine
große Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den
Hohenpriestern und Ältesten des Volkes.
[26.48] Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen genannt
und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist's; den ergreift.
[26.49] Und alsbald trat er zu Jesus und sprach: Sei
gegrüßt, Rabbi! und küßte ihn.
[26.50] Jesus aber sprach zu ihm: Mein Freund, dazu bist
du gekommen? Da traten sie heran und legten Hand an Jesus und
ergriffen ihn.
[26.51] Und siehe, einer von denen, die bei Jesus waren,
streckte die Hand aus und zog sein Schwert und schlug nach dem
Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab.
[26.52] Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an
seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert
umkommen.
[26.53] Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht
bitten, daß er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel
schickte?
[26.54] Wie würde dann aber die Schrift erfüllt, daß es
so geschehen muß?
[26.55] Zu der Stunde sprach Jesus zu der Schar: Ihr seid
ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit
Stangen, mich zu fangen. Habe ich doch täglich im Tempel
gesessen und gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen.
[26.56] Aber das ist alles geschehen, damit erfüllt
würden die Schriften der Propheten. Da verließen ihn alle
Jünger und flohen.
[Note: Jesus vor dem Hohen Rat][26.57] Die aber Jesus
ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, wo
die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten.
[26.58] Petrus aber folgte ihm von ferne bis zum Palast
des Hohenpriesters und ging hinein und setzte sich zu den
Knechten, um zu sehen, worauf es hinaus wollte.
[26.59] Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat
suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, daß sie ihn töteten.
[26.60] Und obwohl viele falsche Zeugen herzutraten,
fanden sie doch nichts. Zuletzt traten zwei herzu
[26.61] und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel
Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.
[26.62] Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm:
Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?
[26.63] Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester
sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß
du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.
[26.64] Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich
euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur
Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.
[26.65] Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und
sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer
Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.
[26.66] Was ist euer Urteil? Sie antworteten und sprachen:
Er ist des Todes schuldig.
[26.67] Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn
mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesichta
[26.68] und sprachen: Weissage uns, Christus, wer ist's,
der dich schlug?
[Note: Die Verleugnung des Petrus][26.69] Petrus aber saß
draußen im Hof; da trat eine Magd zu ihm und sprach: Und du
warst auch mit dem Jesus aus Galiläa.
[26.70] Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich
weiß nicht, was du sagst.
[26.71] Als er aber hinausging in die Torhalle, sah ihn
eine andere und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch
mit dem Jesus von Nazareth.
[26.72] Und er leugnete abermals und schwor dazu: Ich
kenne den Menschen nicht.
[26.73] Und nach einer kleinen Weile traten hinzu, die da
standen, und sprachen zu Petrus: Wahrhaftig, du bist auch einer
von denen, denn deine Sprache verrät dich.
[26.74] Da fing er an, sich zu verfluchen und zu
schwören: Ich kenne den Menschen nicht. Und alsbald krähte der
Hahn.
[26.75] Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm
gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal
verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
[27.1] Am Morgen aber faßten alle Hohenpriester und
die Ältesten des Volkes den Beschluß über Jesus, ihn zu
töten,
[27.2] und sie banden ihn, führten ihn ab und
überantworteten ihn dem Statthalter Pilatus.
[27.3] Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß er zum
Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig
Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurücka
[27.4] und sprach: Ich habe Unrecht getan, daß ich
unschuldiges Blut verraten habe. Sie aber sprachen: Was geht uns
das an? Da sieh du zu!
[27.5] Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging
fort und erhängte sich.
[27.6] Aber die Hohenpriester nahmen die Silberlinge und
sprachen: Es ist nicht recht, daß wir sie in den Gotteskasten
legen; denn es ist Blutgeld.
[27.7] Sie beschlossen aber, den Töpferacker davon zu
kaufen zum Begräbnis für Fremde.
[27.8] Daher heißt dieser Acker Blutacker bis auf den
heutigen Tag.
[27.9] Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den
Propheten Jeremia, der da spricht: "Sie haben die dreißig
Silberlinge genommen, den Preis für den Verkauften, der
geschätzt wurde bei den Israeliten,
[27.10] und sie haben das Geld für den Töpferacker
gegeben, wie mir der Herr befohlen hat" (Jeremia 32,9;
Sacharja 11,12.13).
[27.11] Jesus aber stand vor dem Statthalter; und der
Statthalter fragte ihn und sprach: Bist du der König der Juden?
Jesus aber sprach: Du sagst es.
[27.12] Und als er von den Hohenpriestern und Ältesten
verklagt wurde, antwortete er nichts.
[27.13] Da sprach Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, wie
hart sie dich verklagen?
[27.14] Und er antwortete ihm nicht auf ein einziges Wort,
so daß sich der Statthalter sehr verwunderte.
[Note: Jesu Verurteilung und Verspottung][27.15] Zum Fest
aber hatte der Statthalter die Gewohnheit, dem Volk einen
Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten.
[27.16] Sie hatten aber zu der Zeit einen berüchtigten
Gefangenen, der hieß Jesus Barabbas.
[27.17] Und als sie versammelt waren, sprach Pilatus zu
ihnen: Welchen wollt ihr? Wen soll ich euch losgeben, Jesus
Barabbas oder Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?
[27.18] Denn er wußte, daß sie ihn aus Neid
überantwortet hatten.
[27.19] Und als er auf dem Richterstuhl saß, schickte
seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen
mit diesem Gerechten; denn ich habe heute viel erlitten im Traum
um seinetwillen.
[27.20] Aber die Hohenpriester und Ältesten überredeten
das Volk, daß sie um Barabbas bitten, Jesus aber umbringen
sollten.
[27.21] Da fing der Statthalter an und sprach zu ihnen:
Welchen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben? Sie
sprachen: Barabbas!
[27.22] Pilatus sprach zu ihnen: Was soll ich denn machen
mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus? Sie sprachen
alle: Laß ihn kreuzigen!
[27.23] Er aber sagte: Was hat er denn Böses getan? Sie
schrien aber noch mehr: Laß ihn kreuzigen!
[27.24] Als aber Pilatus sah, daß er nichts ausrichtete,
sondern das Getümmel immer größer wurde, nahm er Wasser und
wusch sich die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig
an seinem Blut; seht ihr zu!
[27.25] Da antwortete das ganze Volk und sprach: Sein Blut
komme über uns und unsere Kinder!
[27.26] Da gab er ihnen Barabbas los, aber Jesus ließ er
geißeln und überantwortete ihn, daß er gekreuzigt werde.
[27.27] Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit
sich in das Prätorium und sammelten die ganze Abteilung um ihn.
[27.28] Und zogen ihn aus und legten ihm einen
Purpurmantel an
[27.29] und flochten eine Dornenkrone und setzten sie ihm
aufs Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und
beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen:
Gegrüßet seist du, der Juden König!
[27.30] und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen
damit sein Haupt.
[Note: Jesu Kreuzigung und Tod][27.31] Und als sie ihn
verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm
seine Kleider an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen.
[27.32] Und als sie hinausgingen, fanden sie einen
Menschen aus Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, daß er ihm
sein Kreuz trug.
[27.33] Und als sie an die Stätte kamen mit Namen
Golgatha, das heißt: Schädelstätte,
[27.34] gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt;
und als er's schmeckte, wollte er nicht trinken.
[27.35] Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie
seine Kleider und warfen das Los darum.*
[27.36] Und sie saßen da und bewachten ihn.
[27.37] Und oben über sein Haupt setzten sie eine
Aufschrift mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus, der
Juden König.
[27.38] Und da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt,
einer zur Rechten und einer zur Linken.
[27.39] Die aber vorübergingen, lästerten ihn und
schüttelten ihre Köpfe
[27.40] und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und
baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn
bist, und steig herab vom Kreuz!
[27.41] Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit
den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen:
[27.42] Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht
helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz
herab. Dann wollen wir an ihn glauben.
[27.43] Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er
Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.b
[27.44] Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die
mit ihm gekreuzigt waren.
[27.45] Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis
über das ganze Land bis zur neunten Stunde.
[27.46] Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli,
Eli, lama asabtani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast
du mich verlassen?
[27.47] Einige aber, die da standen, als sie das hörten,
sprachen sie: Der ruft nach Elia.
[27.48] Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen
Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr
und gab ihm zu trinken.
[27.49] Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob
Elia komme und ihm helfe!
[27.50] Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.
[27.51] Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriß in zwei
Stücke von oben an bis unten aus.
[27.52] Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen,
und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der
entschlafenen Heiligen standen auf
[27.53] und gingen aus den Gräbern nach seiner
Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen
vielen.
[27.54] Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus
bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie
sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!
[27.55] Und es waren viele Frauen da, die von ferne
zusahen; die waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm
gedient;
[27.56] unter ihnen war Maria von Magdala und Maria, die
Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des
Zebedäus.
[Note: Jesu Grablegung][27.57] Am Abend aber kam ein
reicher Mann aus Arimathäa, der hieß Josef und war auch ein
Jünger Jesu.
[27.58] Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da
befahl Pilatus, man sollte ihm ihn geben.
[27.59] Und Josef nahm den Leib und wickelte ihn in ein
reines Leinentuch
[27.60] und legte ihn in sein eigenes neues Grab, das er
in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen
Stein vor die Tür des Grabes und ging davon.
[27.61] Es waren aber dort Maria von Magdala und die
andere Maria; die saßen dem Grab gegenüber.
[Note: Die Bewachung des Grabes][27.62] Am nächsten Tag,
der auf den Rüsttag folgt, kamen die Hohenpriester mit den
Pharisäern zu Pilatus
[27.63] und sprachen: Herr, wir haben daran gedacht, daß
dieser Verführer sprach, als er noch lebte: Ich will nach drei
Tagen auferstehen.
[27.64] Darum befiehl, daß man das Grab bewache bis zum
dritten Tag, damit nicht seine Jünger kommen und ihn stehlen und
zum Volk sagen: Er ist auferstanden von den Toten, und der letzte
Betrug ärger wird als der erste.
[27.65] Pilatus sprach zu ihnen: Da habt ihr die Wache;
geht hin und bewacht es, so gut ihr könnt.
[27.66] Sie gingen hin und sicherten das Grab mit der
Wache und versiegelten den Stein.
[28.1] Als aber der Sabbat vorüber war und der erste
Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere
Maria, um nach dem Grab zu sehen.
[28.2] Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn
der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte
den Stein weg und setzte sich darauf.
[28.3] Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand
weiß wie der Schnee.
[28.4] Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und
wurden, als wären sie tot.
[28.5] Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch
nicht! Ich weiß, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht.
[28.6] Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er
gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat;
[28.7] und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, daß
er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch
hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich
habe es euch gesagt.
[28.8] Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und
großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen.
[28.9] Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach:
Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und umfaßten seine Füße
und fielen vor ihm nieder.
[28.10] Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht!
Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, daß sie nach
Galiläa gehen: dort werden sie mich sehen.
[28.11] Als sie aber hingingen, siehe, da kamen einige von
der Wache in die Stadt und verkündeten den Hohenpriestern alles,
was geschehen war.
[28.12] Und sie kamen mit den Ältesten zusammen, hielten
Rat und gaben den Soldaten viel Geld
[28.13] und sprachen: Sagt, seine Jünger sind in der
Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.
[28.14] Und wenn es dem Statthalter zu Ohren kommt, wollen
wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, daß ihr sicher seid.
[28.15] Sie nahmen das Geld und taten, wie sie angewiesen
waren. Und so ist dies zum Gerede geworden bei den Juden bis auf
den heutigen Tag.
[Note: Der Missionsbefehl][28.16] Aber die elf Jünger
gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden
hatte.
[28.17] Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder;
einige aber zweifelten.
[28.18] Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist
gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
[28.19] Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle
Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und
des heiligen Geistes
[28.20] und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen
habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.