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DAS EVANGELIUM NACH MARKUS


1. Kapitel

Johannes der Täufer

(Mt 3,1-12; Lk 3,1-18; Joh 1,19-27)

[1.1] Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.
[1.2] Wie geschrieben steht im Propheten Jesaja: "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bereiten soll." "
[1.3] Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben!" (Maleachi 3,1; Jesaja 40,3):
[1.4] Johannes der Täufer war in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.
[1.5] Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden.
[1.6] Johannes aber trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden und aß Heuschrecken und wilden Honig
[1.7] und predigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der ist stärker als ich; und ich bin nicht wert, daß ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe löse.
[1.8] Ich taufe euch mit Wasser; aber er wird euch mit dem heiligen Geist taufen.
[Note: (Mt 3,13-4,11; Lk 3,21.22; 4,1-13; Joh 1,32-34)][1.9] Und es begab sich zu der Zeit, daß Jesus aus Nazareth in Galiläa kam und ließ sich taufen von Johannes im Jordan.
[1.10] Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, daß sich der Himmel auftat und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihn.
[1.11] Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.
[1.12] Und alsbald trieb ihn der Geist in die Wüste;
[1.13] und er war in der Wüste vierzig Tage und wurde versucht von dem Satan und war bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.
[Note: (Mt 4,12-17; Lk 4,14.15)][1.14] Nachdem aber Johannes gefangengesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes
[1.15] und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!
[Note: (Mt 4,18-22; Lk 5,1-11; Joh 1,35-51)][1.16] Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer.
[1.17] Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!
[1.18] Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.
[1.19] Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Boot die Netze flickten.
[1.20] Und alsbald rief er sie, und sie ließen ihren Vater Zebedäus im Boot mit den Tagelöhnern und folgten ihm nach.
[Note: (Mt 8,14-17; Lk 4,31-44)][1.21] Und sie gingen hinein nach Kapernaum; und alsbald am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte.
[1.22] Und sie entsetzten sich über seine Lehre; denn er lehrte mit Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten.
[1.23] Und alsbald war in ihrer Synagoge ein Mensch, besessen von einem unreinen Geist*; der schrie: *Siehe Sach- und Worterklärungen.
[1.24] Was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Du bist gekommen, uns zu vernichten. Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes!
[1.25] Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm!
[1.26] Und der unreine Geist riß ihn und schrie laut und fuhr aus von ihm.
[1.27] Und sie entsetzten sich alle, so daß sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist das? Eine neue Lehre in Vollmacht! Er gebietet auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm!
[1.28] Und die Kunde von ihm erscholl alsbald überall im ganzen galiläischen Land.
[1.29] Und alsbald gingen sie aus der Synagoge und kamen in das Haus des Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes.
[1.30] Und die Schwiegermutter Simons lag darnieder und hatte das Fieber; und alsbald sagten sie ihm von ihr.
[1.31] Da trat er zu ihr, faßte sie bei der Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie, und sie diente ihnen.
[1.32] Am Abend aber, als die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm alle Kranken und Besessenen.
[1.33] Und die ganze Stadt war versammelt vor der Tür.
[1.34] Und er half vielen Kranken, die mit mancherlei Gebrechen beladen waren, und trieb viele böse Geister aus und ließ die Geister nicht reden; denn sie kannten ihn.
[1.35] Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.
[1.36] Simon aber und die bei ihm waren, eilten ihm nach.
[1.37] Und als sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich.
[1.38] Und er sprach zu ihnen: Laßt uns anderswohin gehen, in die nächsten Städte, daß ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.
[1.39] Und er kam und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die bösen Geister aus.
[Note: (Mt 8,2-4; Lk 5,12-16)][1.40] Und es kam zu ihm ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du mich reinigen.
[1.41] Und es jammerte ihn, und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will's tun; sei rein!
[1.42] Und sogleich wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein.
[1.43] Und Jesus drohte ihm und trieb ihn alsbald von sicha
[1.44] und sprach zu ihm: Sieh zu, daß du niemandem etwas sagst; sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.
[1.45] Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekanntzumachen, so daß Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte; sondern er war draußen an einsamen Orten; doch sie kamen zu ihm von allen Enden.


2. Kapitel

Die Heilung eines Gelähmten ("Der Gichtbrüchige")

(Mt 9,1-8; Lk 5,17-26)

[2.1] Und nach einigen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, daß er im Hause war.
[2.2] Und es versammelten sich viele, so daß sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort.
[2.3] Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen.
[2.4] Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
[2.5] Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.
[2.6] Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen:
[2.7] Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?
[2.8] Und Jesus erkannte sogleich in seinem Geist, daß sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen?
[2.9] Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher?
[2.10] Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden - sprach er zu dem Gelähmten:
[2.11] Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!
[2.12] Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen, so daß sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen.
[Note: Die Berufung des Levi und das Mahl mit den Zöllnern][Note: (Mt 9,9-13; Lk 5,27-32)][2.13] Und er ging wieder hinaus an den See; und alles Volk kam zu ihm, und er lehrte sie.
[2.14] Und als er vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.
[2.15] Und es begab sich, daß er zu Tisch saß in seinem Hause, da setzten sich viele Zöllner und Sünder zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern; denn es waren viele, die ihm nachfolgten.
[2.16] Und als die Schriftgelehrten unter den Pharisäern sahen, daß er mit den Sündern und Zöllnern aß, sprachen sie zu seinen Jüngern: Ißt er mit den Zöllnern und Sündern?
[2.17] Als das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Die Starken bedürfen keines Arztes, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.
[Note: Die Frage nach dem Fasten][Note: (Mt 9,14-17; Lk 5,33-38)][2.18] Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel; und es kamen einige, die sprachen zu ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht?
[2.19] Und Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten.
[2.20] Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage.
[2.21] Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab, und der Riß wird ärger.
[2.22] Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man soll neuen Wein in neue Schläuche füllen.
[Note: Das Ährenraufen am Sabbat][Note: (Mt 12,1-8; Lk 6,1-5)][2.23] Und es begab sich, daß er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen.
[2.24] Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist?
[2.25] Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren:
[2.26] wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren?
[2.27] Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.
[2.28] So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.


3. Kapitel

Die Heilung eines Mannes am Sabbat

(Mt 12,9-14; Lk 6,6-11)

[3.1] Und er ging abermals in die Synagoge. Und es war dort ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand.
[3.2] Und sie lauerten darauf, ob er auch am Sabbat ihn heilen würde, damit sie ihn verklagen könnten.
[3.3] Und er sprach zu dem Menschen mit der verdorrten Hand: Tritt hervor!
[3.4] Und er sprach zu ihnen: Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun, Leben erhalten oder töten? Sie aber schwiegen still.
[3.5] Und er sah sie ringsum an mit Zorn und war betrübt über ihr verstocktes Herz und sprach zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und seine Hand wurde gesund.
[3.6] Und die Pharisäer gingen hinaus und hielten alsbald Rat über ihn mit den Anhängern des Herodes, wie sie ihn umbrächten.
[Note: Zulauf des Volkes und viele Heilungen][Note: (Mt 12,15.16; Lk 6,17-19)][3.7] Aber Jesus entwich mit seinen Jüngern an den See, und eine große Menge aus Galiläa folgte ihm; auch aus Judäa
[3.8] und Jerusalem, aus Idumäa und von jenseits des Jordans und aus der Umgebung von Tyrus und Sidon kam eine große Menge zu ihm, die von seinen Taten gehört hatte.
[3.9] Und er sagte zu seinen Jüngern, sie sollten ihm ein kleines Boot bereithalten, damit die Menge ihn nicht bedränge.
[3.10] Denn er heilte viele, so daß alle, die geplagt waren, über ihn herfielen, um ihn anzurühren.
[3.11] Und wenn ihn die unreinen Geister sahen, fielen sie vor ihm nieder und schrien: Du bist Gottes Sohn!
[3.12] Und er gebot ihnen streng, daß sie ihn nicht offenbar machten.
[Note: Die Berufung der Zwölf][Note: (Mt 10,1-4; Lk 6,12-16)][3.13] Und er ging auf einen Berg und rief zu sich, welche er wollte, und die gingen hin zu ihm.
[3.14] Und er setzte zwölf ein, die er auch Apostel nannte, daß sie bei ihm sein sollten und daß er sie aussendete zu predigen
[3.15] und daß sie Vollmacht hätten, die bösen Geister auszutreiben.
[3.16] Und er setzte die Zwölf ein und gab Simon den Namen Petrus;
[3.17] weiter: Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, den Bruder des Jakobus, und gab ihnen den Namen Boanerges, das heißt: Donnersöhne;
[3.18] weiter: Andreas und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Thaddäus und Simon Kananäus
[3.19] und Judas Iskariot, der ihn dann verriet.
[Note: Jesus und seine Angehörigen][3.20] Und er ging in ein Haus. Und da kam abermals das Volk zusammen, so daß sie nicht einmal essen konnten.
[3.21] Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn festhalten; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen.
[Note: Jesus und die bösen Geister][Note: (Mt 12,24-30; Lk 11,14-23)][3.22] Die Schriftgelehrten aber, die von Jerusalem herabgekommen waren, sprachen: Er hat den Beelzebul, und: Er treibt die bösen Geister aus durch ihren Obersten.
[3.23] Jesus aber rief sie zusammen und sprach zu ihnen in Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben?
[3.24] Wenn ein Reich mit sich selbst uneins wird, kann es nicht bestehen.
[3.25] Und wenn ein Haus mit sich selbst uneins wird, kann es nicht bestehen.
[3.26] Erhebt sich nun der Satan gegen sich selbst und ist mit sich selbst uneins, so kann er nicht bestehen, sondern es ist aus mit ihm.
[3.27] Niemand kann aber in das Haus eines Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken fesselt; erst dann kann er sein Haus berauben.
[3.28] Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden werden den Menschenkindern vergeben, auch die Lästerungen, wieviel sie auch lästern mögen;
[3.29] wer aber den heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig.
[3.30] Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.
[Note: Jesu wahre Verwandte][Note: (Mt 12,46-50; Lk 8,19-21)][3.31] Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen.
[3.32] Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir.
[3.33] Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder?
[3.34] Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder!
[3.35] Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.


4. Kapitel

Vom Sämann

(Mt 13,1-9; Lk 8,4-8)

[4.1] Und er fing abermals an, am See zu lehren. Und es versammelte sich eine sehr große Menge bei ihm, so daß er in ein Boot steigen mußte, das im Wasser lag; er setzte sich, und alles Volk stand auf dem Lande am See.
[4.2] Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen; und in seiner Predigt sprach er zu ihnen:
[4.3] Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen.
[4.4] Und es begab sich, indem er säte, daß einiges auf den Weg fiel; da kamen die Vögel und fraßen's auf.
[4.5] Einiges fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging alsbald auf, weil es keine tiefe Erde hatte.
[4.6] Als nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es.
[4.7] Und einiges fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten's, und es brachte keine Frucht.
[4.8] Und einiges fiel auf gutes Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach.
[4.9] Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
[Note: Der Zweck der Gleichnisse][Note: (Mt 13,10-17; Lk 8,9.10)][4.10] Und als er allein war, fragten ihn, die um ihn waren, samt den Zwölfen, nach den Gleichnissen.
[4.11] Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen widerfährt es alles in Gleichnissen,
[4.12] damit sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.
[Note: Die Deutung des Gleichnisses vom Sämann][Note: (Mt 13,18-23; Lk 8,11-15)][4.13] Und er sprach zu ihnen: Versteht ihr dies Gleichnis nicht, wie wollt ihr dann die andern alle verstehen?
[4.14] Der Sämann sät das Wort.
[4.15] Das aber sind die auf dem Wege: wenn das Wort gesät wird und sie es gehört haben, kommt sogleich der Satan und nimmt das Wort weg, das in sie gesät war.
[4.16] Desgleichen auch die, bei denen auf felsigen Boden gesät ist: wenn sie das Wort gehört haben, nehmen sie es sogleich mit Freuden auf,
[4.17] aber sie haben keine Wurzel in sich, sondern sind wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt, so fallen sie sogleich ab.
[4.18] Und andere sind die, bei denen unter die Dornen gesät ist: die hören das Wort,
[4.19] und die Sorgen der Welt und der betrügerische Reichtum und die Begierden nach allem andern dringen ein und ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht.
[4.20] Diese aber sind's, bei denen auf gutes Land gesät ist: die hören das Wort und nehmen's an und bringen Frucht, einige dreißigfach und einige sechzigfach und einige hundertfach.
[Note: Vom Licht und vom rechten Maß][Note: (Lk 8,16-18)][4.21] Und er sprach zu ihnen: Zündet man etwa ein Licht an, um es unter den Scheffel oder unter die Bank zu setzen? Keineswegs, sondern um es auf den Leuchter zu setzen.
[4.22] Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar werden soll, und ist nichts geheim, was nicht an den Tag kommen soll.
[4.23] Wer Ohren hat zu hören, der höre!
[4.24] Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr meßt, wird man euch wieder messen, und man wird euch noch dazugeben.
[4.25] Denn wer da hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat.
[Note: Vom Wachsen der Saat][4.26] Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft
[4.27] und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst - er weiß nicht, wie.
[4.28] Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre.
[4.29] Wenn sie aber die Frucht gebracht hat, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
[Note: Vom Senfkorn][Note: (Mt 13,31.32.34; Lk 13,18.19)][4.30] Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden?
[4.31] Es ist wie ein Senfkorn: wenn das gesät wird aufs Land, so ist's das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden;
[4.32] und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, so daß die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.
[4.33] Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es zu hören vermochten.
[4.34] Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.
[Note: Die Stillung des Sturmes][Note: (Mt 8,23-27; Lk 8,22-25)][4.35] Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Laßt uns hinüberfahren.
[4.36] Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm.
[4.37] Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, so daß das Boot schon voll wurde.
[4.38] Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, daß wir umkommen?
[4.39] Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig und verstumme! Und der Wind legte sich, und es entstand eine große Stille.
[4.40] Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?
[4.41] Sie aber fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der? Auch Wind und Meer sind ihm gehorsam!


5. Kapitel

Die Heilung des besessenen Geraseners

(Mt 8,28-34; Lk 8,26-39)

[5.1] Und sie kamen ans andre Ufer des Sees in die Gegend der Gerasener.
[5.2] Und als er aus dem Boot trat, lief ihm alsbald von den Gräbern her ein Mensch entgegen mit einem unreinen Geist,
[5.3] der hatte seine Wohnung in den Grabhöhlen. Und niemand konnte ihn mehr binden, auch nicht mit Ketten;
[5.4] denn er war oft mit Fesseln und Ketten gebunden gewesen und hatte die Ketten zerrissen und die Fesseln zerrieben; und niemand konnte ihn bändigen.
[5.5] Und er war allezeit, Tag und Nacht, in den Grabhöhlen und auf den Bergen, schrie und schlug sich mit Steinen.
[5.6] Als er aber Jesus sah von ferne, lief er hinzu und fiel vor ihm nieder
[5.7] und schrie laut: Was willst du von mir, Jesus, du Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich beschwöre dich bei Gott: Quäle mich nicht!a
[5.8] Denn er hatte zu ihm gesagt: Fahre aus, du unreiner Geist, von dem Menschen!
[5.9] Und er fragte ihn: Wie heißt du? Und er sprach: Legion heiße ich; denn wir sind viele.
[5.10] Und er bat Jesus sehr, daß er sie nicht aus der Gegend vertreibe.
[5.11] Es war aber dort an den Bergen eine große Herde Säue auf der Weide.
[5.12] Und die unreinen Geister baten ihn und sprachen: Laß uns in die Säue fahren!
[5.13] Und er erlaubte es ihnen. Da fuhren die unreinen Geister aus und fuhren in die Säue, und die Herde stürmte den Abhang hinunter in den See, etwa zweitausend, und sie ersoffen im See.
[5.14] Und die Sauhirten flohen und verkündeten das in der Stadt und auf dem Lande. Und die Leute gingen hinaus, um zu sehen, was geschehen war,
[5.15] und kamen zu Jesus und sahen den Besessenen, wie er dasaß, bekleidet und vernünftig, den, der die Legion unreiner Geister gehabt hatte; und sie fürchteten sich.
[5.16] Und die es gesehen hatten, erzählten ihnen, was mit dem Besessenen geschehen war, und das von den Säuen.
[5.17] Und sie fingen an und baten Jesus, aus ihrem Gebiet fortzugehen.
[5.18] Und als er in das Boot trat, bat ihn der Besessene, daß er bei ihm bleiben dürfe.
[5.19] Aber er ließ es ihm nicht zu, sondern sprach zu ihm: Geh hin in dein Haus zu den Deinen und verkünde ihnen, welch große Wohltat dir der Herr getan und wie er sich deiner erbarmt hat.
[5.20] Und er ging hin und fing an, in den Zehn Städten auszurufen, welch große Wohltat ihm Jesus getan hatte; und jedermann verwunderte sich.
[Note: Die Auferweckung der Tochter des Jaïrus und die Heilung der blutflüssigen][Note: Frau][Note: (Mt 9,18-26; Lk 8,40-56)][5.21] Und als Jesus wieder herübergefahren war im Boot, versammelte sich eine große Menge bei ihm, und er war am See.
[5.22] Da kam einer von den Vorstehern der Synagoge, mit Namen Jaïrus. Und als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen
[5.23] und bat ihn sehr und sprach: Meine Tochter liegt in den letzten Zügen; komm doch und lege deine Hände auf sie, damit sie gesund werde und lebe.
[5.24] Und er ging hin mit ihm. Und es folgte ihm eine große Menge, und sie umdrängten ihn.
[5.25] Und da war eine Frau, die hatte den Blutfluß seit zwölf Jahren
[5.26] und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und all ihr Gut dafür aufgewandt; und es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war noch schlimmer mit ihr geworden.
[5.27] Als die von Jesus hörte, kam sie in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand.
[5.28] Denn sie sagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund.
[5.29] Und sogleich versiegte die Quelle ihres Blutes, und sie spürte es am Leibe, daß sie von ihrer Plage geheilt war.
[5.30] Und Jesus spürte sogleich an sich selbst, daß eine Kraft von ihm ausgegangen war, und wandte sich um in der Menge und sprach: Wer hat meine Kleider berührt?
[5.31] Und seine Jünger sprachen zu ihm: Du siehst, daß dich die Menge umdrängt, und fragst: Wer hat mich berührt?
[5.32] Und er sah sich um nach der, die das getan hatte.
[5.33] Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, denn sie wußte, was an ihr geschehen war; sie kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit.
[5.34] Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage!
[5.35] Als er noch so redete, kamen einige aus dem Hause des Vorstehers der Synagoge und sprachen: Deine Tochter ist gestorben; was bemühst du weiter den Meister?
[5.36] Jesus aber hörte mit an,* was gesagt wurde, und sprach zu dem Vorsteher: Fürchte dich nicht, glaube nur! *Es kann auch übersetzt werden: "Jesus aber überhörte... ".
[5.37] Und er ließ niemanden mit sich gehen als Petrus und Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus.
[5.38] Und sie kamen in das Haus des Vorstehers, und er sah das Getümmel, und wie sehr sie weinten und heulten.
[5.39] Und er ging hinein und sprach zu ihnen: Was lärmt und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, sondern es schläft.
[5.40] Und sie verlachten ihn. Er aber trieb sie alle hinaus und nahm mit sich den Vater des Kindes und die Mutter und die bei ihm waren, und ging hinein, wo das Kind lag,
[5.41] und ergriff das Kind bei der Hand und sprach zu ihm: Talita kum! - das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf!
[5.42] Und sogleich stand das Mädchen auf und ging umher; es war aber zwölf Jahre alt. Und sie entsetzten sich sogleich über die Maßen.
[5.43] Und er gebot ihnen streng, daß es niemand wissen sollte, und sagte, sie sollten ihr zu essen geben.


6. Kapitel

Die Verwerfung Jesu in Nazareth

(Mt 13,53-58; Lk 4,16-30)

[6.1] Und er ging von dort weg und kam in seine Vaterstadt, und seine Jünger folgten ihm nach.
[6.2] Und als der Sabbat kam, fing er an, zu lehren in der Synagoge. Und viele, die zuhörten, verwunderten sich und sprachen: Woher hat er das? Und was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und solche mächtigen Taten, die durch seine Hände geschehen?
[6.3] Ist er nicht der Zimmermann, Marias Sohn, und der Bruder des Jakobus und Joses und Judas und Simon? Sind nicht auch seine Schwestern hier bei uns? Und sie ärgerten sich an ihm.
[6.4] Jesus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und bei seinen Verwandten und in seinem Hause.
[6.5] Und er konnte dort nicht eine einzige Tat tun, außer daß er wenigen Kranken die Hände auflegte und sie heilte.
[6.6] Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Und er ging rings umher in die Dörfer und lehrte.
[Note: Die Aussendung der Zwölf][Note: (Mt 10,1.5-15; Lk 9,1-6)][6.7] Und er rief die Zwölf zu sich und fing an, sie auszusenden je zwei und zwei, und gab ihnen Macht über die unreinen Geister
[6.8] und gebot ihnen, nichts mitzunehmen auf den Weg als allein einen Stab, kein Brot, keine Tasche, kein Geld im Gürtel,
[6.9] wohl aber Schuhe, und nicht zwei Hemden anzuziehen.
[6.10] Und er sprach zu ihnen: Wo ihr in ein Haus gehen werdet, da bleibt, bis ihr von dort weiterzieht.
[6.11] Und wo man euch nicht aufnimmt und nicht hört, da geht hinaus und schüttelt den Staub von euren Füßen zum Zeugnis gegen sie.
[6.12] Und sie zogen aus und predigten, man solle Buße tun,
[6.13] und trieben viele böse Geister aus und salbten viele Kranke mit Öl und machten sie gesund.
[Note: Das Ende Johannes des Täufers][Note: (Mt 14,1-12; Lk 9,7-9; 3,19.20)][6.14] Und es kam dem König Herodes zu Ohren; denn der Name Jesu war nun bekannt. Und die Leute sprachen: Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden; darum tut er solche Taten.
[6.15] Einige aber sprachen: Er ist Elia; andere aber: Er ist ein Prophet wie einer der Propheten.
[6.16] Als es aber Herodes hörte, sprach er: Es ist Johannes, den ich enthauptet habe, der ist auferstanden.
[6.17] Denn er, Herodes, hatte ausgesandt und Johannes ergriffen und ins Gefängnis geworfen um der Herodias willen, der Frau seines Bruders Philippus; denn er hatte sie geheiratet.
[6.18] Johannes hatte nämlich zu Herodes gesagt: Es ist nicht recht, daß du die Frau deines Bruders hast.
[6.19] Herodias aber stellte ihm nach und wollte ihn töten und konnte es nicht.
[6.20] Denn Herodes fürchtete Johannes, weil er wußte, daß er ein frommer und heiliger Mann war, und hielt ihn in Gewahrsam; und wenn er ihn hörte, wurde er sehr unruhig; doch hörte er ihn gern.
[6.21] Und es kam ein gelegener Tag, als Herodes an seinem Geburtstag ein Festmahl gab für seine Großen und die Obersten und die Vornehmsten von Galiläa.
[6.22] Da trat herein die Tochter der Herodias und tanzte und gefiel Herodes und denen, die mit am Tisch saßen. Da sprach der König zu dem Mädchen: Bitte von mir, was du willst, ich will dir's geben.
[6.23] Und er schwor ihr einen Eid: Was du von mir bittest, will ich dir geben, bis zur Hälfte meines Königreichs.
[6.24] Und sie ging hinaus und fragte ihre Mutter: Was soll ich bitten? Die sprach: Das Haupt Johannes des Täufers.
[6.25] Da ging sie sogleich eilig hinein zum König, bat ihn und sprach: Ich will, daß du mir gibst, jetzt gleich auf einer Schale, das Haupt Johannes des Täufers.
[6.26] Und der König wurde sehr betrübt. Doch wegen des Eides und derer, die mit am Tisch saßen, wollte er sie keine Fehlbitte tun lassen.
[6.27] Und sogleich schickte der König den Henker hin und befahl, das Haupt des Johannes herzubringen. Der ging hin und enthauptete ihn im Gefängnis
[6.28] und trug sein Haupt herbei auf einer Schale und gab's dem Mädchen, und das Mädchen gab's seiner Mutter.
[6.29] Und als das seine Jünger hörten, kamen sie und nahmen seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab.
[Note: Die Speisung der Fünftausend][Note: (Mt 14,13-21; Lk 9,10-17; Joh 6,1-13)][6.30] Und die Apostel kamen bei Jesus zusammen und verkündeten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
[6.31] Und er sprach zu ihnen: Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig. Denn es waren viele, die kamen und gingen, und sie hatten nicht Zeit genug zum Essen.
[6.32] Und sie fuhren in einem Boot an eine einsame Stätte für sich allein.
[6.33] Und man sah sie wegfahren, und viele merkten es und liefen aus allen Städten zu Fuß dorthin zusammen und kamen ihnen zuvor.
[6.34] Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing eine lange Predigt an.
[6.35] Als nun der Tag fast vorüber war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Es ist öde hier, und der Tag ist fast vorüber;
[6.36] laß sie gehen, damit sie in die Höfe und Dörfer ringsum gehen und sich Brot kaufen.
[6.37] Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! Und sie sprachen zu ihm: Sollen wir denn hingehen und für zweihundert Silbergroschen Brot kaufen und ihnen zu essen geben?
[6.38] Er aber sprach zu ihnen: Wieviel Brote habt ihr? Geht hin und seht! Und als sie es erkundet hatten, sprachen sie: Fünf und zwei Fische.
[6.39] Und er gebot ihnen, daß sie sich alle lagerten, tischweise, auf das grüne Gras.
[6.40] Und sie setzten sich, in Gruppen zu hundert und zu fünfzig.
[6.41] Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel, dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie unter ihnen austeilten, und die zwei Fische teilte er unter sie alle.
[6.42] Und sie aßen alle und wurden satt.
[6.43] Und sie sammelten die Brocken auf, zwölf Körbe voll, und von den Fischen.
[6.44] Und die die Brote gegessen hatten, waren fünftausend Mann.
[Note: Jesus kommt zu seinen Jüngern auf dem See][Note: (Mt 14,22-36; Joh 6,15-21)][6.45] Und alsbald trieb er seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren nach Betsaida, bis er das Volk gehen ließe.
[6.46] Und als er sie fortgeschickt hatte, ging er hin auf einen Berg, um zu beten.
[6.47] Und am Abend war das Boot mitten auf dem See und er auf dem Land allein.
[6.48] Und er sah, daß sie sich abplagten beim Rudern, denn der Wind stand ihnen entgegen. Um die vierte Nachtwache kam er zu ihnen und ging auf dem See und wollte an ihnen vorübergehen.
[6.49] Und als sie ihn sahen auf dem See gehen, meinten sie, es wäre ein Gespenst, und schrien;
[6.50] denn sie sahen ihn alle und erschraken. Aber sogleich redete er mit ihnen und sprach zu ihnen: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!
[6.51] und trat zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich über die Maßen;
[6.52] denn sie waren um nichts verständiger geworden angesichts der Brote, sondern ihr Herz war verhärtet.
[Note: Heilung am See Genezareth][6.53] Und als sie hinübergefahren waren ans Land, kamen sie nach Genezareth und legten an.
[6.54] Und als sie aus dem Boot stiegen, erkannten ihn die Leute alsbald
[6.55] und liefen im ganzen Land umher und fingen an, die Kranken auf Bahren überall dorthin zu tragen, wo sie hörten, daß er war.
[6.56] Und wo er in Dörfer, Städte und Höfe hineinging, da legten sie die Kranken auf den Markt und baten ihn, daß diese auch nur den Saum seines Gewandes berühren dürften; und alle, die ihn berührten, wurden gesund.


7. Kapitel

Von wahrer Reinheit und Unreinheit

(Mt 15,1-20)

[7.1] Und es versammelten sich bei ihm die Pharisäer und einige von den Schriftgelehrten, die aus Jerusalem gekommen waren.
[7.2] Und sie sahen einige seiner Jünger mit unreinen, das heißt: ungewaschenen Händen das Brot essen.
[7.3] Denn die Pharisäer und alle Juden essen nicht, wenn sie nicht die Hände mit einer Handvoll Wasser gewaschen haben, und halten so die Satzungen der Ältesten*; *Siehe Sach- und Worterklärungen zu "Älteste".
[7.4] und wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, wenn sie sich nicht gewaschen haben. Und es gibt viele andre Dinge, die sie zu halten angenommen haben, wie: Trinkgefäße und Krüge und Kessel und Bänke zu waschen.
[7.5] Da fragten ihn die Pharisäer und Schriftgelehrten: Warum leben deine Jünger nicht nach den Satzungen der Ältesten, sondern essen das Brot mit unreinen Händen?
[7.6] Er aber sprach zu ihnen: Wie fein hat von euch Heuchlern Jesaja geweissagt, wie geschrieben steht (Jesaja 29,13): "Dies Volk ehrt mich mit den Lippen; aber ihr Herz ist fern von mir.
[7.7] Vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche Lehren, die nichts sind als Menschengebote."
[7.8] Ihr verlaßt Gottes Gebot und haltet der Menschen Satzungen.
[7.9] Und er sprach zu ihnen: Wie fein hebt ihr Gottes Gebot auf, damit ihr eure Satzungen aufrichtet!
[7.10] Denn Mose hat gesagt (2. Mose 20,12; 21,17): "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren", und: "Wer Vater oder Mutter flucht, der soll des Todes sterben."
[7.11] Ihr aber lehrt: Wenn einer zu Vater oder Mutter sagt: Korban* - das heißt: Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht -, *Siehe Sach- und Worterklärungen.
[7.12] so laßt ihr ihn nichts mehr tun für seinen Vater oder seine Mutter
[7.13] und hebt so Gottes Wort auf durch eure Satzungen, die ihr überliefert habt; und dergleichen tut ihr viel.
[7.14] Und er rief das Volk wieder zu sich und sprach zu ihnen: Hört mir alle zu und begreift's!
[7.15] Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das ist's, was den Menschen unrein macht.*
[7.16] Und als er von dem Volk ins Haus kam, fragten ihn seine Jünger nach diesem Gleichnis.
[7.17] Und er sprach zu ihnen: Seid ihr denn auch so unverständig? Merkt ihr nicht, daß alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht unrein machen kann?
[7.18] Denn es geht nicht in sein Herz, sondern in den Bauch, und kommt heraus in die Grube. Damit erklärte er alle Speisen für rein.
[7.19] Und er sprach: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein;
[7.20] denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen heraus böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
[7.21] Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Mißgunst, Lästerung, Hochmut, Unvernunft.
[7.22] Alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den Menschen unrein.
[Note: Die Frau aus Syrophönizien][Note: (Mt 15,21-28)][7.23] Und er stand auf und ging von dort in das Gebiet von Tyrus. Und er ging in ein Haus und wollte es niemanden wissen lassen und konnte doch nicht verborgen bleiben,
[7.24] sondern alsbald hörte eine Frau von ihm, deren Töchterlein einen unreinen Geist hatte. Und sie kam und fiel nieder zu seinen Füßen
[7.25] - die Frau war aber eine Griechin aus Syrophönizien - und bat ihn, daß er den bösen Geist von ihrer Tochter austreibe.
[7.26] Jesus aber sprach zu ihr: Laß zuvor die Kinder satt werden; es ist nicht recht, daß man den Kindern das Brot wegnehme und werfe es vor die Hunde.
[7.27] Sie antwortete aber und sprach zu ihm: Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde unter dem Tisch von den Brosamen der Kinder.
[7.28] Und er sprach zu ihr: Um dieses Wortes willen geh hin, der böse Geist ist von deiner Tochter ausgefahren.
[7.29] Und sie ging hin in ihr Haus und fand das Kind auf dem Bett liegen, und der böse Geist war ausgefahren.
[Note: Die Heilung eines Taubstummen][7.30] Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte.
[7.31] Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und baten ihn, daß er die Hand auf ihn lege.
[7.32] Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel und
[7.33] sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf!
[7.34] Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge löste sich, und er redete richtig.
[7.35] Und er gebot ihnen, sie sollten's niemandem sagen. Je mehr er's aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus.
[7.36] Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend.


8. Kapitel

Die Speisung der Viertausend

(Mt 15,32-39)

[8.1] Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen:
[8.2] Mich jammert das Volk, denn sie haben nun drei Tage bei mir ausgeharrt und haben nichts zu essen.
[8.3] Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen.
[8.4] Seine Jünger antworteten ihm: Wie kann sie jemand hier in der Wüste mit Brot sättigen?
[8.5] Und er fragte sie: Wieviel Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben.
[8.6] Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte und brach sie und gab sie seinen Jüngern, damit sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus.
[8.7] Und sie hatten auch einige Fische, und er dankte und ließ auch diese austeilen.
[8.8] Sie aßen aber und wurden satt und sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll.
[8.9] Und es waren etwa viertausend; und er ließ sie gehen.
[Note: Die Zeichenforderung der Pharisäer][Note: (Mt 16,1-4)][8.10] Und alsbald stieg er in das Boot mit seinen Jüngern und kam in die Gegend von Dalmanuta.
[8.11] Und die Pharisäer kamen heraus und fingen an, mit ihm zu streiten, versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel.
[8.12] Und er seufzte in seinem Geist und sprach: Was fordert doch dieses Geschlecht ein Zeichen? Wahrlich, ich sage euch: Es wird diesem Geschlecht kein Zeichen gegeben werden!
[8.13] Und er verließ sie und stieg wieder in das Boot und fuhr hinüber.
[Note: Warnung vor den Pharisäern und vor Herodes][Note: (Mt 16,5-12)][8.14] Und sie hatten vergessen, Brot mitzunehmen, und hatten nicht mehr mit sich im Boot als ein Brot.
[8.15] Und er gebot ihnen und sprach: Schaut zu und seht euch vor vor dem Sauerteig der Pharisäer und vor dem Sauerteig des Herodes.
[8.16] Und sie bedachten hin und her, daß sie kein Brot hätten.
[8.17] Und er merkte das und sprach zu ihnen: Was bekümmert ihr euch doch, daß ihr kein Brot habt? Versteht ihr noch nicht, und begreift ihr noch nicht? Habt ihr noch ein verhärtetes Herz in euch?
[8.18] Habt Augen und seht nicht, und habt Ohren und hört nicht? und denkt nicht daran:
[8.19] als ich die fünf Brote brach für die fünftausend, wieviel Körbe voll Brocken habt ihr da aufgesammelt? Sie sagten: Zwölf.
[8.20] Und als ich die sieben brach für die viertausend, wieviel Körbe voll Brocken habt ihr da aufgesammelt? Sie sagten: Sieben.
[8.21] Und er sprach zu ihnen: Begreift ihr denn noch nicht?
[Note: Die Heilung eines Blinden][8.22] Und sie kamen nach Betsaida. Und sie brachten zu ihm einen Blinden und baten ihn, daß er ihn anrühre.
[8.23] Und er nahm den Blinden bei der Hand und führte ihn hinaus vor das Dorf, tat Speichel auf seine Augen, legte seine Hände auf ihn und fragte ihn: Siehst du etwas?
[8.24] Und er sah auf und sprach: Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen.
[8.25] Danach legte er abermals die Hände auf seine Augen. Da sah er deutlich und wurde wieder zurechtgebracht, so daß er alles scharf sehen konnte.
[8.26] Und er schickte ihn heim und sprach: Geh nicht hinein in das Dorf!
[Note: Das Bekenntnis des Petrus][Note: (Mt 16,13-20; Lk 9,18-21; Joh 6,67-69)][8.27] Und Jesus ging fort mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Und auf dem Wege fragte er seine Jünger und sprach zu ihnen: Wer sagen die Leute, daß ich sei?
[8.28] Sie antworteten ihm: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer; einige sagen, du seist Elia; andere, du seist einer der Propheten.
[8.29] Und er fragte sie: Ihr aber, wer sagt ihr, daß ich sei? Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Du bist der Christus!
[8.30] Und er gebot ihnen, daß sie niemandem von ihm sagen sollten.
[Note: Die erste Ankündigung von Jesu Leiden und Auferstehung][Note: (Mt 16,21-23; Lk 9,22)][8.31] Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muß viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.
[8.32] Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren.
[8.33] Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
[Note: Von der Nachfolge][Note: (Mt 16,24-28; Lk 9,23-27)][8.34] Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
[8.35] Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten.
[8.36] Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?
[8.37] Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?
[8.38] Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.


9. Kapitel

[9.1] Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft.
[Note: Die Verklärung Jesu][Note: (Mt 17,1-13; Lk 9,28-36)][9.2] Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus, Jakobus und Johannes und führte sie auf einen hohen Berg, nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verklärt;
[9.3] und seine Kleider wurden hell und sehr weiß, wie sie kein Bleicher auf Erden so weiß machen kann.
[9.4] Und es erschien ihnen Elia mit Mose, und sie redeten mit Jesus.
[9.5] Und Petrus fing an und sprach zu Jesus: Rabbi, hier ist für uns gut sein. Wir wollen drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.
[9.6] Er wußte aber nicht, was er redete; denn sie waren ganz verstört.
[9.7] Und es kam eine Wolke, die überschattete sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!
[9.8] Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein.
[9.9] Als sie aber vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus, daß sie niemandem sagen sollten, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn auferstünde von den Toten.
[9.10] Und sie behielten das Wort und befragten sich untereinander: Was ist das, auferstehen von den Toten?
[9.11] Und sie fragten ihn und sprachen: Sagen nicht die Schriftgelehrten, daß zuvor Elia kommen muß?
[9.12] Er aber sprach zu ihnen: Elia soll ja zuvor kommen und alles wieder zurechtbringen. Und wie steht dann geschrieben von dem Menschensohn, daß er viel leiden und verachtet werden soll?
[9.13] Aber ich sage euch: Elia ist gekommen, und sie haben ihm angetan, was sie wollten, wie von ihm geschrieben steht.
[Note: Die Heilung des besessenen Knaben][Note: (Mt 17,14-21; Lk 9,37-42)][9.14] Und sie kamen zu den Jüngern und sahen eine große Menge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten.
[9.15] Und sobald die Menge ihn sah, entsetzten sich alle, liefen herbei und grüßten ihn.
[9.16] Und er fragte sie: Was streitet ihr mit ihnen?
[9.17] Einer aber aus der Menge antwortete: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist*. *Siehe Sach- und Worterklärungen.
[9.18] Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, daß sie ihn austreiben sollen, und sie konnten's nicht.
[9.19] Er aber antwortete ihnen und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir!
[9.20] Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riß er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund.
[9.21] Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist's, daß ihm das widerfährt? Er sprach: Von Kind auf.
[9.22] Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, daß er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!
[9.23] Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst - alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.
[9.24] Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
[9.25] Als nun Jesus sah, daß das Volk herbeilief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein!
[9.26] Da schrie er und riß ihn sehr und fuhr aus. Und der Knabe lag da wie tot, so daß die Menge sagte: Er ist tot.
[9.27] Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf, und er stand auf.
[9.28] Und als er heimkam, fragten ihn seine Jünger für sich allein: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?
[9.29] Und er sprach: Diese Art kann durch nichts ausfahren als durch Beten.* *In der späteren Überlieferung finden sich zusätzlich die Worte: "und Fasten".
[Note: Die zweite Ankündigung von Jesu Leiden und Auferstehung][Note: (Mt 17,22.23; Lk 9,43-45)][9.30] Und sie gingen von dort weg und zogen durch Galiläa; und er wollte nicht, daß es jemand wissen sollte.
[9.31] Denn er lehrte seine Jünger und sprach zu ihnen: Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der Menschen, und sie werden ihn töten; und wenn er getötet ist, so wird er nach drei Tagen auferstehen.
[9.32] Sie aber verstanden das Wort nicht und fürchteten sich, ihn zu fragen.
[Note: Der Rangstreit der Jünger][Note: (Mt 18,1-5; Lk 9,46-50)][9.33] Und sie kamen nach Kapernaum. Und als er daheim war, fragte er sie: Was habt ihr auf dem Weg verhandelt?
[9.34] Sie aber schwiegen; denn sie hatten auf dem Weg miteinander verhandelt, wer der Größte sei.
[9.35] Und er setzte sich und rief die Zwölf und sprach zu ihnen: Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener.
[9.36] Und er nahm ein Kind, stellte es mitten unter sie und herzte es und sprach zu ihnen:
[9.37] Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
[9.38] Johannes sprach zu ihm: Meister, wir sahen einen, der trieb böse Geister in deinem Namen aus, und wir verboten's ihm, weil er uns nicht nachfolgt.
[9.39] Jesus aber sprach: Ihr sollt's ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann so bald übel von mir reden.
[9.40] Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.
[9.41] Denn wer euch einen Becher Wasser zu trinken gibt deshalb, weil ihr Christus angehört, wahrlich, ich sage euch: Es wird ihm nicht unvergolten bleiben.
[Note: Warnung vor Verführung zum Abfall][Note: (Mt 18,6-9; Lk 17,1.2)][9.42] Und wer einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, daß ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde.
[9.43] Wenn dich aber deine Hand zum Abfall verführt, so haue sie ab! Es ist besser für dich, daß du verkrüppelt zum Leben eingehst, als daß du zwei Hände hast und fährst in die Hölle, in das Feuer, das nie verlöscht. *
[9.44] Wenn dich dein Fuß zum Abfall verführt, so haue ihn ab! Es ist besser für dich, daß du lahm zum Leben eingehst, als daß du zwei Füße hast und wirst in die Hölle geworfen.* *In der späteren Überlieferung wird als Vers 44 und 46 der Text von Vers 48 eingefügt.
[9.45] Wenn dich dein Auge zum Abfall verführt, so wirf's von dir! Es ist besser für dich, daß du einäugig in das Reich Gottes gehst, als daß du zwei Augen hast und wirst in die Hölle geworfen,
[9.46] wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht verlöscht.
[9.47] Denn jeder wird mit Feuer gesalzen werden.a
[9.48] Das Salz ist gut; wenn aber das Salz nicht mehr salzt, womit wird man's würzen? Habt Salz bei euch und habt Frieden untereinander!


10. Kapitel

Von der Ehescheidung

(Mt 19,1-9)

[10.1] Und er machte sich auf und kam von dort in das Gebiet von Judäa und jenseits des Jordans. Und abermals lief das Volk in Scharen bei ihm zusammen, und wie es seine Gewohnheit war, lehrte er sie abermals.
[10.2] Und Pharisäer traten zu ihm und fragten ihn, ob ein Mann sich scheiden dürfe von seiner Frau; und sie versuchten ihn damit.
[10.3] Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten?
[10.4] Sie sprachen: Mose hat zugelassen, einen Scheidebrief zu schreiben und sich zu scheiden.
[10.5] Jesus aber sprach zu ihnen: Um eures Herzens Härte willen hat er euch dieses Gebot geschrieben;
[10.6] aber von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau.
[10.7] Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hängen,
[10.8] und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.* * Siehe Sach- und Worterklärungen zu "Fleisch".
[10.9] Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
[10.10] Und daheim fragten ihn abermals seine Jünger danach.
[10.11] Und er sprach zu ihnen: Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet eine andere, der bricht ihr gegenüber die Ehe;
[10.12] und wenn sich eine Frau scheidet von ihrem Mann und heiratet einen andern, bricht sie ihre Ehe.
[Note: Die Segnung der Kinder][Note: (Mt 19,13-15; Lk 18,15-17)][10.13] Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an.
[10.14] Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Laßt die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.
[10.15] Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
[10.16] Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.
[Note: Die Gefahr des Reichtums ("Der reiche Jüngling")][Note: (Mt 19,16-26; Lk 18,18-27)][10.17] Und als er sich auf den Weg machte, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?
[10.18] Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.
[10.19] Du kennst die Gebote: "Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter."
[10.20] Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.
[10.21] Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!*
[10.22] Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter.
[10.23] Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!
[10.24] Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist's, ins Reich Gottes zu kommen!
[10.25] Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Reich Gottes komme.
[10.26] Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden?
[10.27] Jesus aber sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist's unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.
[Note: Der Lohn der Nachfolge][Note: (Mt 19,27-30; Lk 18,28-30)][10.28] Da fing Petrus an und sagte zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.
[10.29] Jesus sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verläßt um meinetwillen und um des Evangeliums willen,
[10.30] der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mitten unter Verfolgungen - und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.
[10.31] Viele aber werden die Letzten sein, die die Ersten sind, und die Ersten sein, die die Letzten sind.
[Note: Die dritte Ankündigung von Jesu Leiden und Auferstehung][Note: (Mt 20,17-19; Lk 18,31-34)][10.32] Sie waren aber auf dem Wege hinauf nach Jerusalem, und Jesus ging ihnen voran; und sie entsetzten sich; die ihm aber nachfolgten, fürchteten sich. Und er nahm abermals die Zwölf zu sich und fing an, ihnen zu sagen, was ihm widerfahren werde:
[10.33] Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Menschensohn wird überantwortet werden den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und sie werden ihn zum Tode verurteilen und den Heiden überantworten.
[10.34] Die werden ihn verspotten und anspeien und geißeln und töten, und nach drei Tagen wird er auferstehen.
[Note: Vom Herrschen und vom Dienen ("Die Söhne des Zebedäus")][Note: (Mt 20,20-28)][10.35] Da gingen zu ihm Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, und sprachen: Meister, wir wollen, daß du für uns tust, um was wir dich bitten werden.
[10.36] Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, daß ich für euch tue?
[10.37] Sie sprachen zu ihm: Gib uns, daß wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.
[10.38] Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wißt nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?
[10.39] Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde;
[10.40] zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, das steht mir nicht zu, euch zu geben, sondern das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist.
[10.41] Und als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes.
[10.42] Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wißt, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.
[10.43] Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein;
[10.44] und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.
[10.45] Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.
[Note: Die Heilung des Blinden von Jericho][Note: (Mt 20,29-34; Lk 18,35-43)][10.46] Und sie kamen nach Jericho. Und als er aus Jericho wegging, er und seine Jünger und eine große Menge, da saß ein blinder Bettler am Wege, Bartimäus, der Sohn des Timäus.
[10.47] Und als er hörte, daß es Jesus von Nazareth war, fing er an, zu schreien und zu sagen: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
[10.48] Und viele fuhren ihn an, er solle stillschweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
[10.49] Und Jesus blieb stehen und sprach: Ruft ihn her! Und sie riefen den Blinden und sprachen zu ihm: Sei getrost, steh auf! Er ruft dich!
[10.50] Da warf er seinen Mantel von sich, sprang auf und kam zu Jesus.
[10.51] Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was willst du, daß ich für dich tun soll? Der Blinde sprach zu ihm: Rabbuni, daß ich sehend werde.
[10.52] Jesus aber sprach zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dir geholfen. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege.


11. Kapitel

Jesu Einzug in Jerusalem

(Mt 21,1-11; Lk 19,29-40; Joh 12,12-19)

[11.1] Und als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien an den Ölberg, sandte er zwei seiner Jünger
[11.2] und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und sobald ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und führt es her!
[11.3] Und wenn jemand zu euch sagen wird: Warum tut ihr das?, so sprecht: Der Herr bedarf seiner, und er sendet es alsbald wieder her.
[11.4] Und sie gingen hin und fanden das Füllen angebunden an einer Tür draußen am Weg und banden's los.
[11.5] Und einige, die dort standen, sprachen zu ihnen: Was macht ihr da, daß ihr das Füllen losbindet?
[11.6] Sie sagten aber zu ihnen, wie ihnen Jesus geboten hatte, und die ließen's zu.
[11.7] Und sie führten das Füllen zu Jesus und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf.
[11.8] Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber grüne Zweige, die sie auf den Feldern abgehauen hatten.
[11.9] Und die vorangingen und die nachfolgten, schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn!
[11.10] Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe!
[11.11] Und Jesus ging hinein nach Jerusalem in den Tempel, und er besah ringsum alles, und spät am Abend ging er hinaus nach Betanien mit den Zwölfen.
[Note: Der verdorrte Feigenbaum. Die Tempelreinigung][Note: (Mt 21,12-22; Lk 19,45-48; Joh 2,13-16)][11.12] Und am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn.
[11.13] Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen.
[11.14] Da fing Jesus an und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.
[11.15] Und sie kamen nach Jerusalem. Und Jesus ging in den Tempel und fing an, auszutreiben die Verkäufer und Käufer im Tempel; und die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler stieß er um
[11.16] und ließ nicht zu, daß jemand etwas durch den Tempel trage.
[11.17] Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben (Jesaja 56,7): "Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker"? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.
[11.18] Und es kam vor die Hohenpriester und Schriftgelehrten, und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten. Sie fürchteten sich nämlich vor ihm; denn alles Volk verwunderte sich über seine Lehre.
[11.19] Und abends gingen sie hinaus vor die Stadt.
[11.20] Und als sie am Morgen an dem Feigenbaum vorbeigingen, sahen sie, daß er verdorrt war bis zur Wurzel.
[11.21] Und Petrus dachte daran und sprach zu ihm: Rabbi, sieh, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.
[11.22] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt Glauben an Gott!
[11.23] Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Heb dich und wirf dich ins Meer! und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, daß geschehen werde, was er sagt, so wird's ihm geschehen.
[11.24] Darum sage ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, daß ihr's empfangt, so wird's euch zuteilwerden.
[11.25] Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen. * *Vers 26 findet sich erst in der späteren Überlieferung: "Wenn ihr aber nicht vergebt, so wird euer Vater, der im Himmel ist, eure Übertretungen auch nicht vergeben" (vgl. Mt 6,15).
[Note: Die Frage nach Jesu Vollmacht][Note: (Mt 21,23-27; Lk 20,1-8)][11.26] Und sie kamen wieder nach Jerusalem. Und als er im Tempel umherging, kamen zu ihm die Hohenpriester und Schriftgelehrten und Ältesten
[11.27] und fragten ihn: Aus welcher Vollmacht tust du das? oder wer hat dir diese Vollmacht gegeben, daß du das tust?
[11.28] Jesus aber sprach zu ihnen: Ich will euch auch eine Sache fragen; antwortet mir, so will ich euch sagen, aus welcher Vollmacht ich das tue.
[11.29] Die Taufe des Johannes - war sie vom Himmel oder von Menschen? Antwortet mir!
[11.30] Und sie bedachten bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, sie war vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?
[11.31] Oder sollen wir sagen, sie war von Menschen? - da fürchteten sie sich vor dem Volk. Denn sie hielten alle Johannes wirklich für einen Propheten.
[11.32] Und sie antworteten und sprachen zu Jesus: Wir wissen's nicht. Und Jesus sprach zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.


12. Kapitel

Von den bösen Weingärtnern

(Mt 21,33-46; Lk 20,9-19)

[12.1] Und er fing an, zu ihnen in Gleichnissen zu reden: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum und grub eine Kelter und baute einen Turm und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes.
[12.2] Und er sandte, als die Zeit kam, einen Knecht zu den Weingärtnern, damit er von den Weingärtnern seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs hole.
[12.3] Sie nahmen ihn aber, schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort.
[12.4] Abermals sandte er zu ihnen einen andern Knecht; dem schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn.
[12.5] Und er sandte noch einen andern, den töteten sie; und viele andere: die einen schlugen sie, die andern töteten sie.
[12.6] Da hatte er noch einen, seinen geliebten Sohn; den sandte er als letzten auch zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.
[12.7] Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: Dies ist der Erbe; kommt, laßt uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein!
[12.8] Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg.
[12.9] Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und den Weinberg andern geben.
[12.10] Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen (Psalm 118,22.23): "Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden.
[12.11] Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen"?
[12.12] Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie verstanden, daß er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte. Und sie ließen ihn und gingen davon.
[Note: Die Frage nach der Steuer ("Der Zinsgroschen")][Note: (Mt 22,15-22; Lk 20,20-26)][12.13] Und sie sandten zu ihm einige von den Pharisäern und von den Anhängern des Herodes, daß sie ihn fingen in Worten.
[12.14] Und sie kamen und sprachen zu ihm: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes recht. Ist's recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen?
[12.15] Er aber merkte ihre Heuchelei und sprach zu ihnen: Was versucht ihr mich? Bringt mir einen Silbergroschen, daß ich ihn sehe!
[12.16] Und sie brachten einen. Da sprach er: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers.
[12.17] Da sprach Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und sie wunderten sich über ihn.
[Note: Die Frage nach der Auferstehung][Note: (Mt 22,23-33; Lk 20,27-38)][12.18] Da traten die Sadduzäer zu ihm, die lehren, es gebe keine Auferstehung; die fragten ihn und sprachen:
[12.19] Meister, Mose hat uns vorgeschrieben (5. Mose 25,5.6): "Wenn jemand stirbt und hinterläßt eine Frau, aber keine Kinder, so soll sein Bruder sie zur Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen erwecken."
[12.20] Nun waren sieben Brüder. Der erste nahm eine Frau; der starb und hinterließ keine Kinder.
[12.21] Und der zweite nahm sie und starb und hinterließ auch keine Kinder. Und der dritte ebenso.
[12.22] Und alle sieben hinterließen keine Kinder. Zuletzt nach allen starb die Frau auch.
[12.23] Nun in der Auferstehung, wenn sie auferstehen: wessen Frau wird sie sein unter ihnen? Denn alle sieben haben sie zur Frau gehabt.
[12.24] Da sprach Jesus zu ihnen: Ist's nicht so? Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes.
[12.25] Wenn sie von den Toten auferstehen werden, so werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel.
[12.26] Aber von den Toten, daß sie auferstehen, habt ihr nicht gelesen im Buch des Mose, bei dem Dornbusch, wie Gott zu ihm sagte und sprach (2. Mose 3,6): "Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs"?
[12.27] Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Ihr irrt sehr.
[Note: Die Frage nach dem höchsten Gebot][Note: (Mt 22,35-40; Lk 10,25-28)][12.28] Und es trat zu ihm einer von den Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Und als er sah, daß er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen?
[12.29] Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: "Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein,
[12.30] und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften" (5. Mose 6,4.5).
[12.31] Das andre ist dies: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese.
[12.32] Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: Meister, du hast wahrhaftig recht geredet! Er ist nur einer, und ist kein anderer außer ihm;
[12.33] und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und von allen Kräften, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer.
[12.34] Als Jesus aber sah, daß er verständig antwortete, sprach er zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen.
[Note: Die Frage nach dem Davidssohn][Note: (Mt 22,41-46; Lk 20,41-44)][12.35] Und Jesus fing an und sprach, als er im Tempel lehrte: Wieso sagen die Schriftgelehrten, der Christus sei Davids Sohn?
[12.36] David selbst hat durch den heiligen Geist gesagt (Psalm 110,1): "Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege."
[12.37] Da nennt ihn ja David selbst seinen Herrn. Woher ist er dann sein Sohn? Und alles Volk hörte ihn gern.
[Note: Warnung vor den Schriftgelehrten][Note: (Mt 23,5-14; Lk 20,45-47)][12.38] Und er lehrte sie und sprach zu ihnen: Seht euch vor vor den Schriftgelehrten, die gern in langen Gewändern gehen und lassen sich auf dem Markt grüßen
[12.39] und sitzen gern obenan in den Synagogen und am Tisch beim Mahl;
[12.40] sie fressen die Häuser der Witwen und verrichten zum Schein lange Gebete. Die werden ein um so härteres Urteil empfangen.
[Note: Das Scherflein der Witwe][Note: (Lk 21,1-4)][12.41] Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein.
[12.42] Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig.
[12.43] Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben.
[12.44] Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluß eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.


13. Kapitel

JESU REDE ÜBER DIE ENDZEIT

(Kapitel 13)

(Mt 24; Lk 21,5-36; 17,23-37)

Das Ende des Tempels

[13.1] Und als er aus dem Tempel ging, sprach zu ihm einer seiner Jünger: Meister, siehe, was für Steine und was für Bauten!
[13.2] Und Jesus sprach zu ihm: Siehst du diese großen Bauten? Nicht ein Stein wird auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde.
[Note: Der Anfang der Wehen][13.3] Und als er auf dem Ölberg saß gegenüber dem Tempel, fragten ihn Petrus und Jakobus und Johannes und Andreas, als sie allein waren:
[13.4] Sage uns, wann wird das geschehen? und was wird das Zeichen sein, wenn das alles vollendet werden soll?
[13.5] Jesus fing an und sagte zu ihnen: Seht zu, daß euch nicht jemand verführe!
[13.6] Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin's, und werden viele verführen.
[13.7] Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei, so fürchtet euch nicht. Es muß so geschehen. Aber das Ende ist noch nicht da.
[13.8] Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere. Es werden Erdbeben geschehen hier und dort, es werden Hungersnöte sein. Das ist der Anfang der Wehen.
[13.9] Ihr aber seht euch vor! Denn sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr gegeißelt werden, und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis.
[13.10] Und das Evangelium muß zuvor gepredigt werden unter allen Völkern.
[13.11] Wenn sie euch nun hinführen und überantworten werden, so sorgt euch nicht vorher, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn ihr seid's nicht, die da reden, sondern der heilige Geist.
[13.12] Und es wird ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen die Eltern und werden sie töten helfen.
[13.13] Und ihr werdet gehaßt sein von jedermann um meines Namens willen. Wer aber beharrt bis an das Ende, der wird selig.
[Note: Die große Bedrängnis][13.14] Wenn ihr aber sehen werdet das Greuelbild der Verwüstung stehen, wo es nicht soll - wer es liest, der merke auf! -, alsdann, wer in Judäa ist, der fliehe auf die Berge.
[13.15] Wer auf dem Dach ist, der steige nicht hinunter und gehe nicht hinein, etwas aus seinem Hause zu holen.
[13.16] Und wer auf dem Feld ist, der wende sich nicht um, seinen Mantel zu holen.
[13.17] Weh aber den Schwangeren und den Stillenden zu jener Zeit!
[13.18] Bittet aber, daß es nicht im Winter geschehe.
[13.19] Denn in diesen Tagen wird eine solche Bedrängnis sein, wie sie nie gewesen ist bis jetzt vom Anfang der Schöpfung, die Gott geschaffen hat, und auch nicht wieder werden wird.
[13.20] Und wenn der Herr diese Tage nicht verkürzt hätte, würde kein Mensch selig; aber um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat, hat er diese Tage verkürzt.
[13.21] Wenn dann jemand zu euch sagen wird: Siehe, hier ist der Christus! siehe, da ist er!, so glaubt es nicht.
[13.22] Denn es werden sich erheben falsche Christusse und falsche Propheten, die Zeichen und Wunder tun, so daß sie die Auserwählten verführen würden, wenn es möglich wäre.
[13.23] Ihr aber seht euch vor! Ich habe euch alles zuvor gesagt!
[Note: Das Kommen des Menschensohns][13.24] Aber zu jener Zeit, nach dieser Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren,
[13.25] und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
[13.26] Und dann werden sie sehen den Menschensohn kommen in den Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit.
[13.27] Und dann wird er die Engel senden und wird seine Auserwählten versammeln von den vier Winden, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.
[Note: Mahnung zur Wachsamkeit][13.28] An dem Feigenbaum aber lernt ein Gleichnis: Wenn jetzt seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, so wißt ihr, daß der Sommer nahe ist.
[13.29] Ebenso auch: wenn ihr seht, daß dies geschieht, so wißt, daß er nahe vor der Tür ist.
[13.30] Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht.
[13.31] Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.
[13.32] Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.
[13.33] Seht euch vor, wachet! denn ihr wißt nicht, wann die Zeit da ist.
[13.34] Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er solle wachen:
[13.35] so wacht nun; denn ihr wißt nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen,
[13.36] damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt.
[13.37] Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!


14. Kapitel

LEIDEN, STERBEN UND AUFERSTEHUNG JESU

(Kapitel 14-16)

(Mt 26-28; Lk 22-24; Joh 18-21)

Der Plan der Hohenpriester und Schriftgelehrten

[14.1] Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest und den Tagen der Ungesäuerten Brote. Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten.
[14.2] Denn sie sprachen: Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe.
[Note: Die Salbung in Betanien][14.3] Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Glas mit unverfälschtem und kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Glas und goß es auf sein Haupt.
[14.4] Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?
[14.5] Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
[14.6] Jesus aber sprach: Laßt sie in Frieden! Was betrübt ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
[14.7] Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.
[14.8] Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im voraus gesalbt für mein Begräbnis.
[14.9] Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.
[Note: Der Verrat des Judas][14.10] Und Judas Iskariot, einer von den Zwölfen, ging hin zu den Hohenpriestern, daß er ihn an sie verriete.
[14.11] Als die das hörten, wurden sie froh und versprachen, ihm Geld zu geben. Und er suchte, wie er ihn bei guter Gelegenheit verraten könnte.
[Note: Das Abendmahl][14.12] Und am ersten Tage der Ungesäuerten Brote, als man das Passalamm opferte, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, daß wir hingehen und das Passalamm bereiten, damit du es essen kannst?
[14.13] Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm,
[14.14] und wo er hineingeht, da sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister läßt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern?a
[14.15] Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen und vorbereitet ist; dort richtet für uns zu.
[14.16] Und die Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm.
[14.17] Und am Abend kam er mit den Zwölfen.
[14.18] Und als sie bei Tisch waren und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir ißt, wird mich verraten.
[14.19] Und sie wurden traurig und fragten ihn, einer nach dem andern: Bin ich's?
[14.20] Er aber sprach zu ihnen: Einer von den Zwölfen, der mit mir seinen Bissen in die Schüssel taucht.
[14.21] Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht; weh aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
[14.22] Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib.
[14.23] Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.
[14.24] Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes,* das für viele vergossen wird.
[14.25] Wahrlich, ich sage euch, daß ich nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs neue davon trinke im Reich Gottes.
[Note: Die Ankündigung der Verleugnung des Petrus][14.26] Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.
[14.27] Und Jesus sprach zu ihnen: Ihr werdet alle Ärgernis nehmen; denn es steht geschrieben (Sacharja 13,7): "Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen."
[14.28] Wenn ich aber auferstanden bin, will ich vor euch hingehen nach Galiläa.
[14.29] Petrus aber sagte zu ihm: Und wenn sie alle Ärgernis nehmen, so doch ich nicht!
[14.30] Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
[14.31] Er aber redete noch weiter: Auch wenn ich mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen! Das gleiche sagten sie alle.
[Note: Jesus in Gethsemane][14.32] Und sie kamen zu einem Garten mit Namen Gethsemane. Und er sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hierher, bis ich gebetet habe.
[14.33] Und er nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes und fing an zu zittern und zu zagen
[14.34] und sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet!
[14.35] Und er ging ein wenig weiter, warf sich auf die Erde und betete, daß, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge,
[14.36] und sprach: Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!
[14.37] Und er kam und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht, eine Stunde zu wachen?
[14.38] Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.
[14.39] Und er ging wieder hin und betete und sprach dieselben Worte
[14.40] und kam zurück und fand sie abermals schlafend; denn ihre Augen waren voller Schlaf, und sie wußten nicht, was sie ihm antworten sollten.
[14.41] Und er kam zum dritten Mal und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Es ist genug; die Stunde ist gekommen. Siehe, der Menschensohn wird überantwortet in die Hände der Sünder.
[14.42] Steht auf, laßt uns gehen! Siehe, der mich verrät, ist nahe.
[Note: Jesu Gefangennahme][14.43] Und alsbald, während er noch redete, kam herzu Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten und Ältesten.
[14.44] Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen genannt und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist's; den ergreift und führt ihn sicher ab.
[14.45] Und als er kam, trat er alsbald zu ihm und sprach: Rabbi! und küßte ihn.
[14.46] Die aber legten Hand an ihn und ergriffen ihn.
[14.47] Einer aber von denen, die dabeistanden, zog sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab.
[14.48] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich zu fangen.
[14.49] Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen. Aber so muß die Schrift erfüllt werden.
[14.50] Da verließen ihn alle und flohen.
[14.51] Ein junger Mann aber folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut; und sie griffen nach ihm.
[14.52] Er aber ließ das Gewand fahren und floh nackt davon.
[Note: Jesus vor dem Hohen Rat][14.53] Und sie führten Jesus zu dem Hohenpriester; und es versammelten sich alle Hohenpriester und Ältesten und Schriftgelehrten.
[14.54] Petrus aber folgte ihm nach von ferne, bis hinein in den Palast des Hohenpriesters, und saß da bei den Knechten und wärmte sich am Feuer.
[14.55] Aber die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat suchten Zeugnis gegen Jesus, daß sie ihn zu Tode brächten, und fanden nichts.
[14.56] Denn viele gaben falsches Zeugnis ab gegen ihn; aber ihr Zeugnis stimmte nicht überein.
[14.57] Und einige standen auf und gaben falsches Zeugnis ab gegen ihn und sprachen:
[14.58] Wir haben gehört, daß er gesagt hat: Ich will diesen Tempel, der mit Händen gemacht ist, abbrechen und in drei Tagen einen andern bauen, der nicht mit Händen gemacht ist.
[14.59] Aber ihr Zeugnis stimmte auch so nicht überein.
[14.60] Und der Hohepriester stand auf, trat in die Mitte und fragte Jesus und sprach: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?
[14.61] Er aber schwieg still und antwortete nichts. Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
[14.62] Jesus aber sprach: Ich bin's; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.
[14.63] Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Was bedürfen wir weiterer Zeugen?
[14.64] Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was ist euer Urteil? Sie aber verurteilten ihn alle, daß er des Todes schuldig sei.
[14.65] Da fingen einige an, ihn anzuspeien und sein Angesicht zu verdecken und ihn mit Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: Weissage uns! Und die Knechte schlugen ihn ins Angesicht.
[Note: Die Verleugnung des Petrus][14.66] Und Petrus war unten im Hof. Da kam eine von den Mägden des Hohenpriesters;
[14.67] und als sie Petrus sah, wie er sich wärmte, schaute sie ihn an und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus von Nazareth.
[14.68] Er leugnete aber und sprach: Ich weiß nicht und verstehe nicht, was du sagst. Und er ging hinaus in den Vorhof, und der Hahn krähte.
[14.69] Und die Magd sah ihn und fing abermals an, denen zu sagen, die dabeistanden: Das ist einer von denen.
[14.70] Und er leugnete abermals. Und nach einer kleinen Weile sprachen die, die dabeistanden, abermals zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von denen; denn du bist auch ein Galiläer.
[14.71] Er aber fing an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr redet.
[14.72] Und alsbald krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da gedachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er fing an zu weinen.


15. Kapitel

Jesus vor Pilatus

[15.1] Und alsbald am Morgen hielten die Hohenpriester Rat mit den Ältesten und Schriftgelehrten und dem ganzen Hohen Rat, und sie banden Jesus, führten ihn ab und überantworteten ihn Pilatus.
[15.2] Und Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er aber antwortete und sprach zu ihm: Du sagst es.
[15.3] Und die Hohenpriester beschuldigten ihn hart.
[15.4] Pilatus aber fragte ihn abermals: Antwortest du nichts? Siehe, wie hart sie dich verklagen!
[15.5] Jesus aber antwortete nichts mehr, so daß sich Pilatus verwunderte.
[Note: Jesu Verurteilung und Verspottung][15.6] Er pflegte ihnen aber zum Fest einen Gefangenen loszugeben, welchen sie erbaten.
[15.7] Es war aber einer, genannt Barabbas, gefangen mit den Aufrührern, die beim Aufruhr einen Mord begangen hatten.
[15.8] Und das Volk ging hinauf und bat, daß er tue, wie er zu tun pflegte.
[15.9] Pilatus aber antwortete ihnen: Wollt ihr, daß ich euch den König der Juden losgebe?
[15.10] Denn er erkannte, daß ihn die Hohenpriester aus Neid überantwortet hatten.
[15.11] Aber die Hohenpriester reizten das Volk auf, daß er ihnen viel lieber den Barabbas losgebe.
[15.12] Pilatus aber fing wiederum an und sprach zu ihnen: Was wollt ihr denn, daß ich tue mit dem, den ihr den König der Juden nennt?
[15.13] Sie schrien abermals: Kreuzige ihn!
[15.14] Pilatus aber sprach zu ihnen: Was hat er denn Böses getan? Aber sie schrien noch viel mehr: Kreuzige ihn!
[15.15] Pilatus aber wollte dem Volk zu Willen sein und gab ihnen Barabbas los und ließ Jesus geißeln und überantwortete ihn, daß er gekreuzigt werde.
[15.16] Die Soldaten aber führten ihn hinein in den Palast, das ist ins Prätorium, und riefen die ganze Abteilung zusammen
[15.17] und zogen ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie ihm auf
[15.18] und fingen an, ihn zu grüßen: Gegrüßet seist du, der Juden König!
[15.19] Und sie schlugen ihn mit einem Rohr auf das Haupt und spien ihn an und fielen auf die Knie und huldigten ihm.
[15.20] Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Purpurmantel aus und zogen ihm seine Kleider an.
[Note: Jesu Kreuzigung und Tod Und sie führten ihn hinaus, daß sie ihn][Note: kreuzigten.][15.21] Und zwangen einen, der vorüberging, mit Namen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, daß er ihm das Kreuz trage.
[15.22] Und sie brachten ihn zu der Stätte Golgatha, das heißt übersetzt: Schädelstätte.
[15.23] Und sie gaben ihm Myrrhe in Wein zu trinken; aber er nahm's nicht.
[15.24] Und sie kreuzigten ihn. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los, wer was bekommen solle.
[15.25] Und es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.
[15.26] Und es stand über ihm geschrieben, welche Schuld man ihm gab, nämlich: Der König der Juden.
[15.27] Und sie kreuzigten mit ihm zwei Räuber, einen zu seiner Rechten und einen zu seiner Linken.* *Vers 28 findet sich erst in der späteren Überlieferung: "Da wurde die Schrift erfüllt: Er ist zu den Übeltätern gerechnet worden."
[15.28] Und die vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: Ha, der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen,
[15.29] hilf dir nun selber und steig herab vom Kreuz!
[15.30] Desgleichen verspotteten ihn auch die Hohenpriester untereinander samt den Schriftgelehrten und sprachen: Er hat andern geholfen und kann sich selber nicht helfen.
[15.31] Ist er der Christus, der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz, damit wir sehen und glauben. Und die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn auch.
[15.32] Und zur sechsten Stunde kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.
[15.33] Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
[15.34] Und einige, die dabeistanden, als sie das hörten, sprachen sie: Siehe, er ruft den Elia.
[15.35] Da lief einer und füllte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr, gab ihm zu trinken und sprach: Halt, laßt sehen, ob Elia komme und ihn herabnehme!
[15.36] Aber Jesus schrie laut und verschied.
[15.37] Und der Vorhang im Tempel zerriß in zwei Stücke von oben an bis unten aus.
[15.38] Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, daß er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!
[15.39] Und es waren auch Frauen da, die von ferne zuschauten, unter ihnen Maria von Magdala und Maria, die Mutter Jakobus' des Kleinen und des Joses, und Salome,
[15.40] die ihm nachgefolgt waren, als er in Galiläa war, und ihm gedient hatten, und viele andere Frauen, die mit ihm hinauf nach Jerusalem gegangen waren.
[Note: Jesu Grablegung][15.41] Und als es schon Abend wurde, und weil Rüsttag war, das ist der Tag vor dem Sabbat,
[15.42] kam Josef von Arimathäa, ein angesehener Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, der wagte es und ging hinein zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu.
[15.43] Pilatus aber wunderte sich, daß er schon tot sei, und rief den Hauptmann und fragte ihn, ob er schon lange gestorben sei.
[15.44] Und als er's erkundet hatte von dem Hauptmann, gab er Josef den Leichnam.
[15.45] Und der kaufte ein Leinentuch und nahm ihn ab und wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das war in einen Felsen gehauen, und wälzte einen Stein vor des Grabes Tür.
[15.46] Aber Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Joses, sahen, wo er hingelegt wurde.


16. Kapitel

Jesu Auferstehung

(Mt 28,1-10; Lk 24,1-12; Joh 20,1-10)

[16.1] Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.
[16.2] Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.
[16.3] Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?
[16.4] Und sie sahen hin und wurden gewahr, daß der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.
[16.5] Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.
[16.6] Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.
[16.7] Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.
[16.8] Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.
[Note: Erscheinungen des Auferstandenen und Himmelfahrt][Note: (Lk 24,36-49; Joh 20,19-23)][16.9] Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte.
[16.10] Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten.
[16.11] Und als diese hörten, daß er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht.
[16.12] Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen.
[16.13] Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht.
[16.14] Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, daß sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.
[16.15] Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.
[16.16] Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
[16.17] Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: in meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden,
[16.18] Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.
[16.19] Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes.
[16.20] Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen.*


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