[1.1] Viele haben es schon unternommen, Bericht zu
geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind,
[1.2] wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an
selbst gesehen haben und Diener des Worts gewesen sind.
[1.3] So habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich
alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich,
hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben,
[1.4] damit du den sicheren Grund der Lehre erfahrest, in
der du unterrichtet bist.
[1.5] Zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa,
lebte ein Priester von der Ordnung Abija, mit Namen Zacharias,
und seine Frau war aus dem Geschlecht Aaron und hieß Elisabeth.
[1.6] Sie waren aber alle beide fromm vor Gott und lebten
in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig.
[1.7] Und sie hatten kein Kind; denn Elisabeth war
unfruchtbar, und beide waren hochbetagt.
[1.8] Und es begab sich, als Zacharias den Priesterdienst
vor Gott versah, da seine Ordnung an der Reihe war,
[1.9] daß ihn nach dem Brauch der Priesterschaft das Los
traf, das Räucheropfer darzubringen; und er ging in den Tempel
des Herrn.
[1.10] Und die ganze Menge des Volkes stand draußen und
betete zur Stunde des Räucheropfers.
[1.11] Da erschien ihm der Engel des Herrn und stand an
der rechten Seite des Räucheraltars.
[1.12] Und als Zacharias ihn sah, erschrak er, und es kam
Furcht über ihn.
[1.13] Aber der Engel sprach zu ihm: Fürchte dich nicht,
Zacharias, denn dein Gebet ist erhört, und deine Frau Elisabeth
wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen
Johannes geben.
[1.14] Und du wirst Freude und Wonne haben, und viele
werden sich über seine Geburt freuen.
[1.15] Denn er wird groß sein vor dem Herrn; Wein und
starkes Getränk wird er nicht trinken und wird schon von
Mutterleib an erfüllt werden mit dem heiligen Geist.
[1.16] Und er wird vom Volk Israel viele zu dem Herrn,
ihrem Gott, bekehren.
[1.17] Und er wird vor ihm hergehen im Geist und in der
Kraft Elias, zu bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und
die Ungehorsamen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem
Herrn ein Volk, das wohl vorbereitet ist.
[1.18] Und Zacharias sprach zu dem Engel: Woran soll ich
das erkennen? Denn ich bin alt, und meine Frau ist betagt.
[1.19] Der Engel antwortete und sprach zu ihm: Ich bin
Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, mit dir zu reden
und dir dies zu verkündigen.
[1.20] Und siehe, du wirst stumm werden und nicht reden
können bis zu dem Tag, an dem dies geschehen wird, weil du
meinen Worten nicht geglaubt hast, die erfüllt werden sollen zu
ihrer Zeit.
[1.21] Und das Volk wartete auf Zacharias und wunderte
sich, daß er so lange im Tempel blieb.
[1.22] Als er aber herauskam, konnte er nicht mit ihnen
reden; und sie merkten, daß er eine Erscheinung gehabt hatte im
Tempel. Und er winkte ihnen und blieb stumm.
[1.23] Und es begab sich, als die Zeit seines Dienstes um
war, da ging er heim in sein Haus.
[1.24] Nach diesen Tagen wurde seine Frau Elisabeth
schwanger und hielt sich fünf Monate verborgen und sprach:
[1.25] So hat der Herr an mir getan in den Tagen, als er
mich angesehen hat, um meine Schmach unter den Menschen von mir
zu nehmen.
[1.26] Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von
Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth,
[1.27] zu einer Jungfrau, die vertraut* war einem Mann mit
Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.
[1.28] Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei
gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!
[1.29] Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch
ein Gruß ist das?
[1.30] Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht,
Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden.
[1.31] Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn
gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben.
[1.32] Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt
werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David
geben,
[1.33] und er wird König sein über das Haus Jakob in
Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
[1.34] Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen,
da ich doch von keinem Mann weiß?
[1.35] Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige
Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird
dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren
wird, Gottes Sohn genannt werden.
[1.36] Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch
schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im
sechsten Monat, von der man sagt, daß sie unfruchtbar sei.
[1.37] Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.
[1.38] Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd;
mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.
[1.39] Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging
eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda
[1.40] und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte
Elisabeth.
[1.41] Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias
hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom
heiligen Geist erfüllt
[1.42] und rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter
den Frauen, und gepriesen ist die Frucht deines Leibes!
[1.43] Und wie geschieht mir das, daß die Mutter meines
Herrn zu mir kommt?
[1.44] Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes
hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe.
[1.45] Und selig bist du, die du geglaubt hast! Denn es
wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn.
[1.46] Und Maria sprach:
[1.47] und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes;
[1.48] denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.
[1.49] Denn er hat große Dinge an mir getan, der da
mächtig ist und dessen Name heilig ist.
[1.50] Und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu
Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.
[1.51] Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die
hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
[1.52] Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die
Niedrigen.
[1.53] Die Hungrigen füllt er mit Gütern und läßt die
Reichen leer ausgehen.
[1.54] Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem
Diener Israel auf,
[1.55] wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und
seinen Kindern in Ewigkeit.
[1.56] Und Maria blieb bei ihr etwa drei Monate; danach
kehrte sie wieder heim.
[1.57] Und für Elisabeth kam die Zeit, daß sie gebären
sollte; und sie gebar einen Sohn.
[1.58] Und ihre Nachbarn und Verwandten hörten, daß der
Herr große Barmherzigkeit an ihr getan hatte, und freuten sich
mit ihr.
[1.59] Und es begab sich am achten Tag, da kamen sie, das
Kindlein zu beschneiden, und wollten es nach seinem Vater
Zacharias nennen.
[1.60] Aber seine Mutter antwortete und sprach: Nein,
sondern er soll Johannes heißen.
[1.61] Und sie sprachen zu ihr: Ist doch niemand in deiner
Verwandtschaft, der so heißt.
[1.62] Und sie winkten seinem Vater, wie er ihn nennen
lassen wollte.
[1.63] Und er forderte eine kleine Tafel und schrieb: Er
heißt Johannes. Und sie wunderten sich alle.
[1.64] Und sogleich wurde sein Mund aufgetan und seine
Zunge gelöst, und er redete und lobte Gott.
[1.65] Und es kam Furcht über alle Nachbarn; und diese
ganze Geschichte wurde bekannt auf dem ganzen Gebirge Judäas.
[1.66] Und alle, die es hörten, nahmen's zu Herzen und
sprachen: Was meinst du, will aus diesem Kindlein werden? Denn
die Hand des Herrn war mit ihm.
[1.67] Und sein Vater Zacharias wurde vom heiligen Geist
erfüllt, weissagte und sprach:
[1.68] Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat
besucht und erlöst sein Volk
[1.69] und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im
Hause seines Dieners David
[1.70] - wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund
seiner heiligen Propheten -,
[1.71] daß er uns errettete von unsern Feinden und aus
der Hand aller, die uns hassen,
[1.72] und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und
gedächte an seinen heiligen Bund
[1.73] und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater
Abraham, uns zu geben,
[1.74] daß wir, erlöst aus der Hand unsrer Feinde,
[1.75] ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in
Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen.
[1.76] Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten
heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, daß du seinen Weg
bereitest,
[1.77] und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der
Vergebung ihrer Sünden,
[1.78] durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes,
durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe,
[1.79] damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis
und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des
Friedens.
[1.80] Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist.
Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk
Israel treten sollte.
[2.1] Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot
von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt
würde.
[2.2] Und diese Schätzung* war die allererste und geschah
zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. *Siehe Sach-
und Worterklärungen.
[2.3] Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe,
ein jeder in seine Stadt.
[2.4] Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der
Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da
heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids
war,
[2.5] damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem
vertrauten Weibe;* die war schwanger. *Siehe Sach- und
Worterklärungen zu "Verlobung".
[2.6] Und als sie dort waren, kam die Zeit, daß sie
gebären sollte.
[2.7] Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in
Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst
keinen Raum in der Herberge.
[2.8] Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem
Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.
[2.9] Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die
Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich
sehr.
[2.10] Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch
nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk
widerfahren wird;
[2.11] denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher
ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
[2.12] Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das
Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.
[2.13] Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der
himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
[2.14] Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei
den Menschen seines Wohlgefallens.*
[2.15] Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren,
sprachen die Hirten untereinander: Laßt uns nun gehen nach
Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns
der Herr kundgetan hat.
[2.16] Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und
Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.
[2.17] Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das
Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war.
[2.18] Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das,
was ihnen die Hirten gesagt hatten.
[2.19] Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie
in ihrem Herzen.
[2.20] Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und
lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie
denn zu ihnen gesagt war.
[2.21] Und als acht Tage um waren und man das Kind
beschneiden mußte, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt
war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.
[Note: Jesu Darstellung im Tempel. Simeon und Hanna][2.22]
Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um
waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn
darzustellen,
[2.23] wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2. Mose
13,2.15): "Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß
durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen",
[2.24] und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im
Gesetz des Herrn: "ein Paar Turteltauben oder zwei junge
Tauben" (3. Mose 12,6-8).
[2.25] Und siehe, ein Mann war in Jerusalem, mit Namen
Simeon; und dieser Mann war fromm und gottesfürchtig und wartete
auf den Trost Israels, und der heilige Geist war mit ihm.
[2.26] Und ihm war ein Wort zuteil geworden von dem
heiligen Geist, er solle den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor
den Christus des Herrn gesehen.
[2.27] Und er kam auf Anregen des Geistes in den Tempel.
Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit
ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz,
[2.28] da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und
sprach:
[2.29] Herr, nun läßt du deinen Diener in Frieden
fahren, wie du gesagt hast;
[2.30] denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
[2.31] den du bereitet hast vor allen Völkern,
[2.32] ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis
deines Volkes Israel.
[2.33] Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich
über das, was von ihm gesagt wurde.
[2.34] Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner
Mutter: Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und zum Aufstehen für
viele in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wirda
[2.35] - und auch durch deine Seele wird ein Schwert
dringen -, damit vieler Herzen Gedanken offenbar werden.
[2.36] Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter
Phanuëls, aus dem Stamm Asser; die war hochbetagt. Sie hatte
sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt, nachdem sie geheiratet hatte,
[2.37] und war nun eine Witwe an die vierundachtzig Jahre;
die wich nicht vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten
Tag und Nacht.
[2.38] Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries
Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung
Jerusalems warteten.
[2.39] Und als sie alles vollendet hatten nach dem Gesetz
des Herrn, kehrten sie wieder zurück nach Galiläa in ihre Stadt
Nazareth.
[2.40] Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller
Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihm.
[Note: Der zwölfjährige Jesus im Tempel][2.41] Und seine
Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest.
[2.42] Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf
nach dem Brauch des Festes.
[2.43] Und als die Tage vorüber waren und sie wieder nach
Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine
Eltern wußten's nicht.
[2.44] Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten,
und kamen eine Tagereise weit und suchten ihn unter den
Verwandten und Bekannten.
[2.45] Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach
Jerusalem und suchten ihn.
[2.46] Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie
ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen
zuhörte und sie fragte.
[2.47] Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich
über seinen Verstand und seine Antworten.
[2.48] Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und
seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das
getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen
gesucht.
[2.49] Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich
gesucht? Wißt ihr nicht, daß ich sein muß in dem, was meines
Vaters ist?
[2.50] Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen
sagte.
[2.51] Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth
und war ihnen untertan. Und seine Mutter behielt alle diese Worte
in ihrem Herzen.
[2.52] Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei
Gott und den Menschen.
[3.1] Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers
Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und
Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus
Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und
Lysanias Landesfürst von Abilene,
[3.2] als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da
geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in
der Wüste.
[3.3] Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und
predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden,
[3.4] wie geschrieben steht im Buch der Reden des
Propheten Jesaja (Jesaja 40,3-5): "Es ist eine Stimme eines
Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht
seine Steige eben!
[3.5] Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge
und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll
gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden.
[3.6] Und alle Menschen werden den Heiland Gottes
sehen."
[3.7] Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um
sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn
euch gewiß gemacht, daß ihr dem künftigen Zorn entrinnen
werdet?
[3.8] Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße;
und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater.
Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen
Kinder erwecken.
[3.9] Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel
gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen
und ins Feuer geworfen.
[3.10] Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir
denn tun?
[3.11] Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden
hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue
ebenso.
[3.12] Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu
lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun?
[3.13] Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch
vorgeschrieben ist!
[3.14] Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was
sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt
oder Unrecht und laßt euch genügen an eurem Sold!
[3.15] Als aber das Volk voll Erwartung war und alle
dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht der
Christus wäre,
[3.16] antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe
euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich,
und ich bin nicht wert, daß ich ihm die Riemen seiner Schuhe
löse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.
[3.17] In seiner Hand ist die Worfschaufel, und er wird
seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheune sammeln,
die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.
[3.18] Und mit vielem andern mehr ermahnte er das Volk und
verkündigte ihm das Heil.
[3.19] Der Landesfürst Herodes aber, der von Johannes
zurechtgewiesen wurde wegen der Herodias, der Frau seines
Bruders, und wegen alles Bösen, das er getan hatte,
[3.20] fügte zu dem allen noch dies hinzu: er warf
Johannes ins Gefängnis.
[Note: Jesu Taufe][Note: (Mt 3,13-17; Mk 1,9-11)][3.21]
Und es begab sich, als alles Volk sich taufen ließ und Jesus
auch getauft worden war und betete, da tat sich der Himmel auf,
[3.22] und der heilige Geist fuhr hernieder auf ihn in
leiblicher Gestalt wie eine Taube, und eine Stimme kam aus dem
Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.
[Note: Jesu Stammbaum][Note: (Mt 1,1-17)][3.23] Und Jesus
war, als er auftrat, etwa dreißig Jahre alt und wurde gehalten
für einen Sohn Josefs, der war ein Sohn Elis,
[3.24] der war ein Sohn Mattats, der war ein Sohn Levis,
der war ein Sohn Melchis, der war ein Sohn Jannais, der war ein
Sohn Josefs,
[3.25] der war ein Sohn Mattitjas, der war ein Sohn des
Amos, der war ein Sohn Nahums, der war ein Sohn Heslis, der war
ein Sohn Naggais,
[3.26] der war ein Sohn Mahats, der war ein Sohn
Mattitjas, der war ein Sohn Schimis, der war ein Sohn Josechs,
der war ein Sohn Jodas,
[3.27] der war ein Sohn Johanans, der war ein Sohn Resas,
der war ein Sohn Serubbabels, der war ein Sohn Schealtïls, der
war ein Sohn Neris,
[3.28] der war ein Sohn Melchis, der war ein Sohn Addis,
der war ein Sohn Kosams, der war ein Sohn Elmadams, der war ein
Sohn Ers,
[3.29] der war ein Sohn Joschuas, der war ein Sohn
Elïsers, der war ein Sohn Jorims, der war ein Sohn Mattats, der
war ein Sohn Levis,
[3.30] der war ein Sohn Simeons, der war ein Sohn Judas,
der war ein Sohn Josefs, der war ein Sohn Jonams, der war ein
Sohn Eljakims,
[3.31] der war ein Sohn Meleas, der war ein Sohn Mennas,
der war ein Sohn Mattatas, der war ein Sohn Nathans, der war ein
Sohn Davids,
[3.32] der war ein Sohn Isais, der war ein Sohn Obeds, der
war ein Sohn des Boas, der war ein Sohn Salmas, der war ein Sohn
Nachschons,
[3.33] der war ein Sohn Amminadabs, der war ein Sohn
Admins, der war ein Sohn Arnis, der war ein Sohn Hezrons, der war
ein Sohn des Perez, der war ein Sohn Judas,
[3.34] der war ein Sohn Jakobs, der war ein Sohn Isaaks,
der war ein Sohn Abrahams, der war ein Sohn Terachs, der war ein
Sohn Nahors,
[3.35] der war ein Sohn Serugs, der war ein Sohn Regus,
der war ein Sohn Pelegs, der war ein Sohn Ebers, der war ein Sohn
Schelachs,
[3.36] der war ein Sohn Kenans, der war ein Sohn
Arpachschads, der war ein Sohn Sems, der war ein Sohn Noahs, der
war ein Sohn Lamechs,
[3.37] der war ein Sohn Metuschelachs, der war ein Sohn
Henochs, der war ein Sohn Jereds, der war ein Sohn Mahalalels,
der war ein Sohn Kenans,
[3.38] der war ein Sohn des Enosch, der war ein Sohn Sets,
der war ein Sohn Adams, der war Gottes.
[4.1] Jesus aber, voll heiligen Geistes, kam zurück
vom Jordan und wurde vom Geist in die Wüste geführt
[4.2] und vierzig Tage lang von dem Teufel versucht. Und
er aß nichts in diesen Tagen, und als sie ein Ende hatten,
hungerte ihn.
[4.3] Der Teufel aber sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn,
so sprich zu diesem Stein, daß er Brot werde.
[4.4] Und Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben (5.
Mose 8,3): "Der Mensch lebt nicht allein vom Brot." *
*In der späteren Überlieferung finden sich zusätzlich die
Worte: "sondern von einem jeden Wort Gottes" (vgl. Mt
4,4).
[4.5] Und der Teufel führte ihn hoch hinauf und zeigte
ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick
[4.6] und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir
geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben, und ich
gebe sie, wem ich will.
[4.7] Wenn du mich nun anbetest, so soll sie ganz dein
sein.
[4.8] Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht
geschrieben (5. Mose 6,13): "Du sollst den Herrn, deinen
Gott, anbeten und ihm allein dienen."
[4.9] Und er führte ihn nach Jerusalem und stellte ihn
auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn,
so wirf dich von hier hinunter;
[4.10] denn es steht geschrieben (Psalm 91,11.12):
"Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, daß sie dich
bewahren.
[4.11] Und sie werden dich auf den Händen tragen, damit
du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt."
[4.12] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es ist gesagt
(5. Mose 6,16): "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht
versuchen."
[4.13] Und als der Teufel alle Versuchungen vollendet
hatte, wich er von ihm eine Zeitlang.
[Note: Jesu Predigt in Nazareth][Note: (Mt 4,12-17; 13,53-58; Mk
1,14.15; 6,1-6)][4.14] Und Jesus kam in der Kraft des
Geistes wieder nach Galiläa, und die Kunde von ihm erscholl
durch alle umliegenden Orte.
[4.15] Und er lehrte in ihren Synagogen und wurde von
jedermann gepriesen.
[4.16] Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war,
und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und
stand auf und wollte lesen.
[4.17] Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja
gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo
geschrieben steht (Jesaja 61,1.2): "
[4.18] Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich
gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat
mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, daß sie frei sein
sollen, und den Blinden, daß sie sehen sollen, und den
Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen,
[4.19] zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn."
[4.20] Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und
setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn.
[4.21] Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses
Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.
[4.22] Und sie gaben alle Zeugnis von ihm und wunderten
sich, daß solche Worte der Gnade aus seinem Munde kamen, und
sprachen: Ist das nicht Josefs Sohn?
[4.23] Und er sprach zu ihnen: Ihr werdet mir freilich
dies Sprichwort sagen: Arzt, hilf dir selber! Denn wie große
Dinge haben wir gehört, die in Kapernaum geschehen sind! Tu so
auch hier in deiner Vaterstadt!
[4.24] Er sprach aber: Wahrlich, ich sage euch: Kein
Prophet gilt etwas in seinem Vaterland.
[4.25] Aber wahrhaftig, ich sage euch: Es waren viele
Witwen in Israel zur Zeit des Elia, als der Himmel verschlossen
war drei Jahre und sechs Monate und eine große Hungersnot
herrschte im ganzen Lande,
[4.26] und zu keiner von ihnen wurde Elia gesandt als
allein zu einer Witwe nach Sarepta im Gebiet von Sidon.
[4.27] Und viele Aussätzige waren in Israel zur Zeit des
Propheten Elisa, und keiner von ihnen wurde rein als allein
Naaman aus Syrien.
[4.28] Und alle, die in der Synagoge waren, wurden von
Zorn erfüllt, als sie das hörten.
[4.29] Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt
hinaus und führten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre
Stadt gebaut war, um ihn hinabzustürzen.
[4.30] Aber er ging mitten durch sie hinweg.
[Note: Jesus in Kapernaum][Note: (Mt 8,14-17; Mk 1,21-39)][4.31]
Und er ging hinab nach Kapernaum, einer Stadt in Galiläa, und
lehrte sie am Sabbat.
[4.32] Und sie verwunderten sich über seine Lehre; denn
er predigte mit Vollmacht.
[4.33] Und es war ein Mensch in der Synagoge, besessen von
einem unreinen Geist, und der schrie laut:
[4.34] Halt, was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Du
bist gekommen, uns zu vernichten. Ich weiß, wer du bist: der
Heilige Gottes!
[4.35] Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und
fahre aus von ihm! Und der böse Geist warf ihn mitten unter sie
und fuhr von ihm aus und tat ihm keinen Schaden.
[4.36] Und es kam eine Furcht über sie alle, und sie
redeten miteinander und sprachen: Was ist das für ein Wort? Er
gebietet mit Vollmacht und Gewalt den unreinen Geistern, und sie
fahren aus.
[4.37] Und die Kunde von ihm erscholl in alle Orte des
umliegenden Landes.
[4.38] Und er machte sich auf aus der Synagoge und kam in
Simons Haus. Und Simons Schwiegermutter hatte hohes Fieber, und
sie baten ihn für sie.
[4.39] Und er trat zu ihr und gebot dem Fieber, und es
verließ sie. Und sogleich stand sie auf und diente ihnen.
[4.40] Und als die Sonne untergegangen war, brachten alle
ihre Kranken mit mancherlei Leiden zu ihm. Und er legte die
Hände auf einen jeden und machte sie gesund.
[4.41] Von vielen fuhren auch die bösen Geister aus und
schrien: Du bist der Sohn Gottes! Und er bedrohte sie und ließ
sie nicht reden; denn sie wußten, daß er der Christus war.
[4.42] Als es aber Tag wurde, ging er hinaus an eine
einsame Stätte; und das Volk suchte ihn, und sie kamen zu ihm
und wollten ihn festhalten, damit er nicht von ihnen ginge.
[4.43] Er sprach aber zu ihnen: Ich muß auch den andern
Städten das Evangelium predigen vom Reich Gottes; denn dazu bin
ich gesandt.
[4.44] Und er predigte in den Synagogen Judäas.
[5.1] Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm
drängte, um das Wort Gottes zu hören, da stand er am See
Genezareth
[5.2] und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber
waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
[5.3] Da stieg er in eins der Boote, das Simon gehörte,
und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich
und lehrte die Menge vom Boot aus.
[5.4] Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu
Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum
Fang aus!
[5.5] Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben
die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein
Wort will ich die Netze auswerfen.
[5.6] Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge
Fische, und ihre Netze begannen zu reißen.
[5.7] Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot
waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Und sie kamen und
füllten beide Boote voll, so daß sie fast sanken.
[5.8] Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen
und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.
[5.9] Denn ein Schrecken hatte ihn erfaßt und alle, die
bei ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan
hatten,
[5.10] ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des
Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte
dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.
[5.11] Und sie brachten die Boote ans Land und verließen
alles und folgten ihm nach.
[Note: Die Heilung eines Aussätzigen][Note: (Mt 8,1-4; Mk
1,40-45)][5.12] Und es begab sich, als er in einer Stadt
war, siehe, da war ein Mann voller Aussatz. Als der Jesus sah,
fiel er nieder auf sein Angesicht und bat ihn und sprach: Herr,
willst du, so kannst du mich reinigen.
[5.13] Und er streckte die Hand aus und rührte ihn an und
sprach: Ich will's tun, sei rein! Und sogleich wich der Aussatz
von ihm.
[5.14] Und er gebot ihm, daß er's niemandem sagen sollte.
Geh aber hin und zeige dich dem Priester und opfere für deine
Reinigung, wie Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.
[5.15] Aber die Kunde von ihm breitete sich immer weiter
aus, und es kam eine große Menge zusammen, zu hören und gesund
zu werden von ihren Krankheiten.
[5.16] Er aber zog sich zurück in die Wüste und betete.
[Note: Die Heilung eines Gelähmten ("Der
Gichtbrüchige")][Note: (Mt 9,1-8; Mk 2,1-12)][5.17]
Und es begab sich eines Tages, als er lehrte, daß auch
Pharisäer und Schriftgelehrte dasaßen, die gekommen waren aus
allen Orten in Galiläa und Judäa und aus Jerusalem. Und die
Kraft des Herrn war mit ihm, daß er heilen konnte.
[5.18] Und siehe, einige Männer brachten einen Menschen
auf einem Bett; der war gelähmt. Und sie versuchten, ihn
hineinzubringen und vor ihn zu legen.
[5.19] Und weil sie wegen der Menge keinen Zugang fanden,
ihn hineinzubringen, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn
durch die Ziegel hinunter mit dem Bett mitten unter sie vor
Jesus.
[5.20] Und als er ihren Glauben sah, sprach er: Mensch,
deine Sünden sind dir vergeben.
[5.21] Und die Schriftgelehrten und Pharisäer fingen an
zu überlegen und sprachen: Wer ist der, daß er
Gotteslästerungen redet? Wer kann Sünden vergeben als allein
Gott?
[5.22] Als aber Jesus ihre Gedanken merkte, antwortete er
und sprach zu ihnen: Was denkt ihr in euren Herzen?
[5.23] Was ist leichter, zu sagen: Dir sind deine Sünden
vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher?
[5.24] Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn
Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben - sprach er zu dem
Gelähmten: Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!
[5.25] Und sogleich stand er auf vor ihren Augen und nahm
das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging heim und pries Gott.
[5.26] Und sie entsetzten sich alle und priesen Gott und
wurden von Furcht erfüllt und sprachen: Wir haben heute seltsame
Dinge gesehen.
[Note: Die Berufung des Levi und das Mahl mit den
Zöllnern][Note: (Mt 9,9-13; Mk 2,13-17)][5.27] Und danach
ging er hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll
sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach!
[5.28] Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm
nach.
[5.29] Und Levi richtete ihm ein großes Mahl zu in seinem
Haus, und viele Zöllner und andre saßen mit ihm zu Tisch.
[5.30] Und die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten
murrten und sprachen zu seinen Jüngern: Warum eßt und trinkt
ihr mit den Zöllnern und Sündern?
[5.31] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die
Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.
[5.32] Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen
und nicht die Gerechten.
[Note: Die Frage nach dem Fasten][Note: (Mt 9,14-17; Mk
2,18-22)][5.33] Sie aber sprachen zu ihm: Die Jünger des
Johannes fasten oft und beten viel, ebenso die Jünger der
Pharisäer; aber deine Jünger essen und trinken.
[5.34] Jesus sprach aber zu ihnen: Ihr könnt die
Hochzeitsgäste nicht fasten lassen, solange der Bräutigam bei
ihnen ist.
[5.35] Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam
von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, in jenen Tagen.
[5.36] Und er sagte zu ihnen ein Gleichnis: Niemand reißt
einen Lappen von einem neuen Kleid und flickt ihn auf ein altes
Kleid; sonst zerreißt man das neue, und der Lappen vom neuen
paßt nicht auf das alte.
[5.37] Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche;
sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird
verschüttet, und die Schläuche verderben.
[5.38] Sondern neuen Wein soll man in neue Schläuche
füllen.
[5.39] Und niemand, der vom alten Wein trinkt, will neuen;
denn er spricht: Der alte ist milder.
[6.1] Und es begab sich an einem Sabbat, daß er durch
ein Kornfeld ging; und seine Jünger rauften Ähren aus und
zerrieben sie mit den Händen und aßen.
[6.2] Einige der Pharisäer aber sprachen: Warum tut ihr,
was am Sabbat nicht erlaubt ist?
[6.3] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt ihr
nicht das gelesen, was David tat, als ihn hungerte und die, die
bei ihm waren?
[6.4] wie er in das Haus Gottes ging und die Schaubrote
nahm und aß, die doch niemand essen durfte als die Priester
allein, und wie er sie auch denen gab, die bei ihm waren?
[6.5] Und er sprach zu ihnen: Der Menschensohn ist ein
Herr über den Sabbat.
[Note: Die Heilung eines Mannes am Sabbat][Note: (Mt 12,9-14; Mk
3,1-6)][6.6] Es geschah aber an einem andern Sabbat, daß
er in die Synagoge ging und lehrte. Und da war ein Mensch, dessen
rechte Hand war verdorrt.
[6.7] Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer lauerten
darauf, ob er auch am Sabbat heilen würde, damit sie etwas
fänden, ihn zu verklagen.
[6.8] Er aber merkte ihre Gedanken und sprach zu dem Mann
mit der verdorrten Hand: Steh auf und tritt hervor! Und er stand
auf und trat vor.
[6.9] Da sprach Jesus zu ihnen: Ich frage euch: Ist's
erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses, Leben zu erhalten
oder zu vernichten?
[6.10] Und er sah sie alle ringsum an und sprach zu ihm:
Strecke deine Hand aus! Und er tat's; da wurde seine Hand wieder
zurechtgebracht.
[6.11] Sie aber wurden ganz von Sinnen und beredeten sich
miteinander, was sie Jesus tun wollten.
[Note: Die Berufung der Zwölf][Note: (Mt 4,23-5,1; Mk 3,13-19)][6.12]
Es begab sich aber zu der Zeit, daß er auf einen Berg ging, um
zu beten; und er blieb die Nacht über im Gebet zu Gott.
[6.13] Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger und
erwählte zwölf von ihnen, die er auch Apostel nannte:
[6.14] Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas,
seinen Bruder, Jakobus und Johannes; Philippus und Bartholomäus;
[6.15] Matthäus und Thomas; Jakobus, den Sohn des
Alphäus, und Simon, genannt der Zelot;
[6.16] Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot,
der zum Verräter wurde.
[Note: DIE PREDIGT AUF DEM FELDE][Note: (Verse 17-49)][6.17]
Und er ging mit ihnen hinab und trat auf ein ebenes Feld. Und um
ihn war eine große Schar seiner Jünger und eine große Menge
des Volkes aus ganz Judäa und Jerusalem und aus dem Küstenland
von Tyrus und Sidon,
[6.18] die gekommen waren, ihn zu hören und von ihren
Krankheiten geheilt zu werden; und die von unreinen Geistern
umgetrieben waren, wurden gesund.
[6.19] Und alles Volk suchte, ihn anzurühren; denn es
ging Kraft von ihm aus, und er heilte sie alle.
[Note: Die Seligpreisungen](Mt 5,3-12) [6.20] Und er hob
seine Augen auf über seine Jünger und sprach: Selig seid ihr
Armen; denn das Reich Gottes ist euer.
[6.21] Selig seid ihr, die ihr jetzt hungert; denn ihr
sollt satt werden. Selig seid ihr, die ihr jetzt weint; denn ihr
werdet lachen.
[6.22] Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und
euch ausstoßen und schmähen und verwerfen euren Namen als böse
um des Menschensohnes willen.
[6.23] Freut euch an jenem Tage und springt vor Freude;
denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel. Denn das gleiche haben
ihre Väter den Propheten getan.
[Note: Die Weherufe][6.24] Aber dagegen: Weh euch Reichen!
Denn ihr habt euren Trost schon gehabt.
[6.25] Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Denn ihr werdet
hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht! Denn ihr werdet weinen
und klagen.
[6.26] Weh euch, wenn euch jedermann wohlredet! Denn das
gleiche haben ihre Väter den falschen Propheten getan.
[Note: Von der Feindesliebe][Note: (Mt 5,39-48)][6.27]
Aber ich sage euch, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut wohl
denen, die euch hassen;
[6.28] segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die
euch beleidigen.
[6.29] Und wer dich auf die eine Backe schlägt, dem biete
die andere auch dar; und wer dir den Mantel nimmt, dem verweigere
auch den Rock nicht.
[6.30] Wer dich bittet, dem gib; und wer dir das Deine
nimmt, von dem fordere es nicht zurück.
[6.31] Und wie ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen,
so tut ihnen auch!a
[6.32] Und wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen
Dank habt ihr davon? Denn auch die Sünder lieben ihre Freunde.
[6.33] Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen
Dank habt ihr davon? Denn die Sünder tun dasselbe auch.
[6.34] Und wenn ihr denen leiht, von denen ihr etwas zu
bekommen hofft, welchen Dank habt ihr davon? Auch die Sünder
leihen den Sündern, damit sie das Gleiche bekommen.
[6.35] Vielmehr liebt eure Feinde; tut Gutes und leiht, wo
ihr nichts dafür zu bekommen hofft. So wird euer Lohn groß
sein, und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein; denn er ist
gütig gegen die Undankbaren und Bösen.
[Note: Von der Stellung zum Nächsten][Note: (Mt 7,1-5)][6.36]
Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
[6.37] Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht
gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt,
so wird euch vergeben.
[6.38] Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles,
gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in
euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr meßt,
wird man euch wieder messen.
[6.39] Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann auch
ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle
beide in die Grube fallen?a
[6.40] Der Jünger steht nicht über dem Meister; wenn er
vollkommen ist, so ist er wie sein Meister.
[6.41] Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders
Auge, und den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr?
[6.42] Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still,
Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du
siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh
zuerst den Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, daß du den
Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!
[Note: Vom Baum und seinen Früchten][Note: (Mt 12,33-35)][6.43]
Denn es gibt keinen guten Baum, der faule Frucht trägt, und
keinen faulen Baum, der gute Frucht trägt.
[6.44] Denn jeder Baum wird an seiner eigenen Frucht
erkannt. Man pflückt ja nicht Feigen von den Dornen, auch liest
man nicht Trauben von den Hecken.
[6.45] Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten
Schatz seines Herzens; und ein böser bringt Böses hervor aus
dem bösen. Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
[6.46] Was nennt ihr mich aber Herr, Herr, und tut nicht,
was ich euch sage?a
[Note: Vom Hausbau][Note: (Mt 7,24-27)][6.47] Wer zu mir
kommt und hört meine Rede und tut sie - ich will euch zeigen,
wem er gleicht.
[6.48] Er gleicht einem Menschen, der ein Haus baute und
grub tief und legte den Grund auf Fels. Als aber eine Wasserflut
kam, da riß der Strom an dem Haus und konnte es nicht bewegen;
denn es war gut gebaut.
[6.49] Wer aber hört und nicht tut, der gleicht einem
Menschen, der ein Haus baute auf die Erde, ohne Grund zu legen;
und der Strom riß an ihm und es fiel gleich zusammen, und sein
Einsturz war groß.
[7.1] Nachdem Jesus seine Rede vor dem Volk vollendet
hatte, ging er nach Kapernaum.
[7.2] Ein Hauptmann aber hatte einen Knecht, der ihm lieb
und wert war; der lag todkrank.
[7.3] Als er aber von Jesus hörte, sandte er die
Ältesten der Juden zu ihm und bat ihn, zu kommen und seinen
Knecht gesund zu machen.
[7.4] Als sie aber zu Jesus kamen, baten sie ihn sehr und
sprachen: Er ist es wert, daß du ihm die Bitte erfüllst;
[7.5] denn er hat unser Volk lieb, und die Synagoge hat er
uns erbaut.
[7.6] Da ging Jesus mit ihnen. Als er aber nicht mehr fern
von dem Haus war, sandte der Hauptmann Freunde zu ihm und ließ
ihm sagen: Ach Herr, bemühe dich nicht; ich bin nicht wert, daß
du unter mein Dach gehst;
[7.7] darum habe ich auch mich selbst nicht für würdig
geachtet, zu dir zu kommen; sondern sprich ein Wort, so wird mein
Knecht gesund.
[7.8] Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit
untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem
sage: Geh hin!, so geht er hin; und zu einem andern: Komm her!,
so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.
[7.9] Als aber Jesus das hörte, wunderte er sich über
ihn und wandte sich um und sprach zu dem Volk, das ihm
nachfolgte: Ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel
nicht gefunden.
[7.10] Und als die Boten wieder nach Hause kamen, fanden
sie den Knecht gesund.
[Note: Der Jüngling zu Nain][7.11] Und es begab sich
danach, daß er in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seine
Jünger gingen mit ihm und eine große Menge.
[7.12] Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da
trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter
war, und sie war eine Witwe; und eine große Menge aus der Stadt
ging mit ihr.
[7.13] Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn, und er
sprach zu ihr: Weine nicht!
[7.14] Und trat hinzu und berührte den Sarg, und die
Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir,
steh auf!
[7.15] Und der Tote richtete sich auf und fing an zu
reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter.
[7.16] Und Furcht ergriff sie alle, und sie priesen Gott
und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden,
und: Gott hat sein Volk besucht.
[7.17] Und diese Kunde von ihm erscholl in ganz Judäa und
im ganzen umliegenden Land.
[Note: Die Anfrage des Täufers][Note: (Mt 11,2-6)][7.18]
Und die Jünger des Johannes verkündeten ihm das alles. Und
Johannes rief zwei seiner Jünger zu sich
[7.19] und sandte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: Bist
du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?
[7.20] Als aber die Männer zu ihm kamen, sprachen sie:
Johannes der Täufer hat uns zu dir gesandt und läßt dich
fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen
andern warten?
[7.21] Zu der Stunde machte Jesus viele gesund von
Krankheiten und Plagen und bösen Geistern, und vielen Blinden
schenkte er das Augenlicht.
[7.22] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht und
verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde
sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote
stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt;
[7.23] und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.
[Note: Jesu Zeugnis über den Täufer][Note: (Mt 11,7-19)][7.24]
Als aber die Boten des Johannes fortgingen, fing Jesus an, zu dem
Volk über Johannes zu reden: Was seid ihr hinausgegangen in die
Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das vom Wind bewegt
wird?
[7.25] Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet
ihr einen Menschen sehen in weichen Kleidern? Seht, die herrliche
Kleider tragen und üppig leben, die sind an den königlichen
Höfen.
[7.26] Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet
ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein
Prophet.
[7.27] Er ist's, von dem geschrieben steht (Maleachi 3,1):
"Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg
vor dir bereiten soll."
[7.28] Ich sage euch, daß unter denen, die von einer Frau
geboren sind, keiner größer ist als Johannes; der aber der
Kleinste ist im Reich Gottes, der ist größer als er.
[7.29] Und alles Volk, das ihn hörte, und die Zöllner
gaben Gott recht und ließen sich taufen mit der Taufe des
Johannes.
[7.30] Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten
verachteten, was Gott ihnen zugedacht hatte, und ließen sich
nicht von ihm taufen.
[7.31] Mit wem soll ich die Menschen dieses Geschlechts
vergleichen, und wem sind sie gleich?
[7.32] Sie sind den Kindern gleich, die auf dem Markt
sitzen und rufen einander zu: Wir haben euch aufgespielt, und ihr
habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt
nicht geweint.
[7.33] Denn Johannes der Täufer ist gekommen und aß kein
Brot und trank keinen Wein; so sagt ihr: Er ist besessen.
[7.34] Der Menschensohn ist gekommen, ißt und trinkt; so
sagt ihr: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer,
ein Freund der Zöllner und Sünder!
[7.35] Und doch ist die Weisheit gerechtfertigt worden von
allen ihren Kindern.
[Note: Jesu Salbung durch die Sünderin][7.36] Es bat ihn
aber einer der Pharisäer, bei ihm zu essen. Und er ging hinein
in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tisch.
[7.37] Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine
Sünderin. Als die vernahm, daß er zu Tisch saß im Haus des
Pharisäers, brachte sie ein Glas mit Salböl
[7.38] und trat von hinten zu seinen Füßen, weinte und
fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen und mit den Haaren
ihres Hauptes zu trocknen, und küßte seine Füße und salbte
sie mit Salböl.
[7.39] Als aber das der Pharisäer sah, der ihn eingeladen
hatte, sprach er bei sich selbst und sagte: Wenn dieser ein
Prophet wäre, so wüßte er, wer und was für eine Frau das ist,
die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin.
[7.40] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Simon, ich habe
dir etwas zu sagen. Er aber sprach: Meister, sag es!
[7.41] Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer war
fünfhundert Silbergroschen schuldig, der andere fünfzig.
[7.42] Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er's
beiden. Wer von ihnen wird ihn am meisten lieben?
[7.43] Simon antwortete und sprach: Ich denke, der, dem er
am meisten geschenkt hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht
geurteilt.
[7.44] Und er wandte sich zu der Frau und sprach zu Simon:
Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir
kein Wasser für meine Füße gegeben; diese aber hat meine
Füße mit Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet.
[7.45] Du hast mir keinen Kuß gegeben; diese aber hat,
seit ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füße zu
küssen.
[7.46] Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber
hat meine Füße mit Salböl gesalbt.
[7.47] Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind
vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt; wem aber wenig
vergeben wird, der liebt wenig.
[7.48] Und er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden
vergeben.
[7.49] Da fingen die an, die mit zu Tisch saßen, und
sprachen bei sich selbst: Wer ist dieser, der auch die Sünden
vergibt?
[7.50] Er aber sprach zu der Frau: Dein Glaube hat dir
geholfen; geh hin in Frieden!
[8.1] Und es begab sich danach, daß er durch Städte
und Dörfer zog und predigte und verkündigte das Evangelium vom
Reich Gottes; und die Zwölf waren mit ihm,
[8.2] dazu einige Frauen, die er gesund gemacht hatte von
bösen Geistern und Krankheiten, nämlich Maria, genannt
Magdalena, von der sieben böse Geister ausgefahren waren,
[8.3] und Johanna, die Frau des Chuzas, eines Verwalters
des Herodes, und Susanna und viele andere, die ihnen dienten mit
ihrer Habe.
[Note: Vom Sämann][Note: (Mt 13,1-9; Mk 4,1-9)][8.4] Als
nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu
ihm eilten, redete er in einem Gleichnis:
[8.5] Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen. Und
indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und
die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf.
[8.6] Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging,
verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte.
[8.7] Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die
Dornen gingen mit auf und erstickten's.
[8.8] Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und
trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat
zu hören, der höre!
[Note: Vom Sinn der Gleichnisse][Note: (Mt 13,10-17; Mk
4,10-12)][8.9] Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies
Gleichnis bedeute.
[8.10] Er aber sprach: Euch ist's gegeben, die Geheimnisse
des Reiches Gottes zu verstehen, den andern aber in Gleichnissen,
damit sie es nicht sehen, auch wenn sie es sehen, und nicht
verstehen, auch wenn sie es hören.
[Note: Die Deutung des Gleichnisses vom Sämann][Note: (Mt
13,18-23; Mk 4,13-20)][8.11] Das Gleichnis aber bedeutet
dies: Der Same ist das Wort Gottes.
[8.12] Die aber auf dem Weg, das sind die, die es hören;
danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen,
damit sie nicht glauben und selig werden.
[8.13] Die aber auf dem Fels sind die: wenn sie es hören,
nehmen sie das Wort mit Freuden an. Doch sie haben keine Wurzel;
eine Zeitlang glauben sie, und zu der Zeit der Anfechtung fallen
sie ab.
[8.14] Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es
hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum
und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht.
[8.15] Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort
hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen
Frucht in Geduld.
[Note: Vom Licht und vom rechten Hören][Note: (Mk 4,21-25)][8.16]
Niemand aber zündet ein Licht an und bedeckt es mit einem
Gefäß oder setzt es unter eine Bank; sondern er setzt es auf
einen Leuchter, damit, wer hineingeht, das Licht sehe.
[8.17] Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar
werden soll, auch nichts geheim, was nicht bekannt werden und an
den Tag kommen soll.
[8.18] So seht nun darauf, wie ihr zuhört; denn wer da
hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird auch das
genommen, was er meint zu haben.
[Note: Jesu wahre Verwandte][Note: (Mt 12,46-50; Mk 3,31-35)][8.19]
Es kamen aber seine Mutter und seine Brüder zu ihm und konnten
wegen der Menge nicht zu ihm gelangen.
[8.20] Da wurde ihm gesagt: Deine Mutter und deine Brüder
stehen draußen und wollen dich sehen.
[8.21] Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Meine
Mutter und meine Brüder sind diese, die Gottes Wort hören und
tun.
[Note: Die Stillung des Sturms][Note: (Mt 8,23-27; Mk 4,35-41)][8.22]
Und es begab sich an einem der Tage, daß er in ein Boot stieg
mit seinen Jüngern; und er sprach zu ihnen: Laßt uns über den
See fahren. Und sie stießen vom Land ab.
[8.23] Und als sie fuhren, schlief er ein. Und es kam ein
Windwirbel über den See, und die Wellen überfielen sie, und sie
waren in großer Gefahr.
[8.24] Da traten sie zu ihm und weckten ihn auf und
sprachen: Meister, Meister, wir kommen um! Da stand er auf und
bedrohte den Wind und die Wogen des Wassers, und sie legten sich,
und es entstand eine Stille.
[8.25] Er sprach aber zu ihnen: Wo ist euer Glaube? Sie
aber fürchteten sich und verwunderten sich und sprachen
zueinander: Wer ist dieser? Auch dem Wind und dem Wasser gebietet
er, und sie sind ihm gehorsam.
[Note: Die Heilung des besessenen Geraseners][Note: (Mt 8,28-34;
Mk 5,1-20)][8.26] Und sie fuhren weiter in die Gegend der
Gerasener, die Galiläa gegenüberliegt.
[8.27] Und als er ans Land trat, begegnete ihm ein Mann
aus der Stadt, der hatte böse Geister; er trug seit langer Zeit
keine Kleider mehr und blieb in keinem Hause, sondern in den
Grabhöhlen.
[8.28] Als er aber Jesus sah, schrie er auf und fiel vor
ihm nieder und rief laut: Was willst du von mir, Jesus, du Sohn
Gottes des Allerhöchsten? Ich bitte dich: Quäle mich nicht!
[8.29] Denn er hatte dem unreinen Geist geboten, aus dem
Menschen auszufahren. Denn der hatte ihn lange Zeit geplagt; und
er wurde mit Ketten und Fesseln gebunden und gefangen gehalten,
doch er zerriß seine Fesseln und wurde von dem bösen Geist in
die Wüste getrieben.
[8.30] Und Jesus fragte ihn: Wie heißt du? Er antwortete:
Legion. Denn es waren viele böse Geister in ihn gefahren.
[8.31] Und sie baten ihn, daß er ihnen nicht gebiete, in
den Abgrund zu fahren.
[8.32] Es war aber dort auf dem Berg eine große Herde
Säue auf der Weide. Und sie baten ihn, daß er ihnen erlaube, in
die Säue zu fahren. Und er erlaubte es ihnen.
[8.33] Da fuhren die bösen Geister von dem Menschen aus
und fuhren in die Säue; und die Herde stürmte den Abhang
hinunter in den See und ersoff.
[8.34] Als aber die Hirten sahen, was da geschah, flohen
sie und verkündeten es in der Stadt und in den Dörfern.
[8.35] Da gingen die Leute hinaus, um zu sehen, was
geschehen war, und kamen zu Jesus und fanden den Menschen, von
dem die bösen Geister ausgefahren waren, sitzend zu den Füßen
Jesu, bekleidet und vernünftig, und sie erschraken.
[8.36] Und die es gesehen hatten, verkündeten ihnen, wie
der Besessene gesund geworden war.
[8.37] Und die ganze Menge aus dem umliegenden Land der
Gerasener bat ihn, von ihnen fortzugehen; denn es hatte sie
große Furcht ergriffen. Und er stieg ins Boot und kehrte
zurück.
[8.38] Aber der Mann, von dem die bösen Geister
ausgefahren waren, bat ihn, daß er bei ihm bleiben dürfe. Aber
Jesus schickte ihn fort und sprach:
[8.39] Geh wieder heim und sage, wie große Dinge Gott an
dir getan hat. Und er ging hin und verkündigte überall in der
Stadt, wie große Dinge Jesus an ihm getan hatte.
[Note: Die Heilung der blutflüssigen Frau und die Auferweckung
der Tochter des][Note: Jaïrus][Note: (Mt 9,18-26; Mk 5,21-43)][8.40]
Als Jesus zurückkam, nahm ihn das Volk auf; denn sie warteten
alle auf ihn.
[8.41] Und siehe, da kam ein Mann mit Namen Jaïrus, der
ein Vorsteher der Synagoge war, und fiel Jesus zu Füßen und bat
ihn, in sein Haus zu kommen;
[8.42] denn er hatte eine einzige Tochter von etwa zwölf
Jahren, die lag in den letzten Zügen. Und als er hinging,
umdrängte ihn das Volk.
[8.43] Und eine Frau hatte den Blutfluß seit zwölf
Jahren; die hatte alles, was sie zum Leben hatte, für die Ärzte
aufgewandt und* konnte von keinem geheilt werden. *Der Versteil
"hatte alles . . . aufgewandt und" findet sich bei
einigen wichtigen Textzeugen nicht.
[8.44] Die trat von hinten an ihn heran und berührte den
Saum seines Gewandes; und sogleich hörte ihr Blutfluß auf.
[8.45] Und Jesus fragte: Wer hat mich berührt? Als es
aber alle abstritten, sprach Petrus: Meister, das Volk drängt
und drückt dich.
[8.46] Jesus aber sprach: Es hat mich jemand berührt;
denn ich habe gespürt, daß eine Kraft von mir ausgegangen ist.
[8.47] Als aber die Frau sah, daß es nicht verborgen
blieb, kam sie mit Zittern und fiel vor ihm nieder und
verkündete vor allem Volk, warum sie ihn angerührt hatte, und
wie sie sogleich gesund geworden war.
[8.48] Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube
hat dir geholfen. Geh hin in Frieden!
[8.49] Als er noch redete, kam einer von den Leuten des
Vorstehers der Synagoge und sprach: Deine Tochter ist gestorben;
bemühe den Meister nicht mehr.
[8.50] Als aber Jesus das hörte, antwortete er ihm:
Fürchte dich nicht; glaube nur, so wird sie gesund!
[8.51] Als er aber in das Haus kam, ließ er niemanden mit
hineingehen als Petrus und Johannes und Jakobus und den Vater und
die Mutter des Kindes.
[8.52] Sie weinten aber alle und klagten um sie. Er aber
sprach: Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sondern sie
schläft.
[8.53] Und sie verlachten ihn, denn sie wußten, daß sie
gestorben war.
[8.54] Er aber nahm sie bei der Hand und rief: Kind, steh
auf!
[8.55] Und ihr Geist kam wieder, und sie stand sogleich
auf. Und er befahl, man solle ihr zu essen geben.
[8.56] Und ihre Eltern entsetzten sich. Er aber gebot
ihnen, niemandem zu sagen, was geschehen war.
[9.1] Er rief aber die Zwölf zusammen und gab ihnen
Gewalt und Macht über alle bösen Geister, und daß sie
Krankheiten heilen konnten,
[9.2] und sandte sie aus, zu predigen das Reich Gottes und
die Kranken zu heilen.
[9.3] Und er sprach zu ihnen: Ihr sollt nichts mit auf den
Weg nehmen, weder Stab noch Tasche noch Brot noch Geld; es soll
auch einer nicht zwei Hemden haben.
[9.4] Und wenn ihr in ein Haus geht, dann bleibt dort, bis
ihr weiterzieht.
[9.5] Und wenn sie euch nicht aufnehmen, dann geht fort
aus dieser Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen zu
einem Zeugnis gegen sie.
[9.6] Und sie gingen hinaus und zogen von Dorf zu Dorf,
predigten das Evangelium und machten gesund an allen Orten.
[Note: Herodes und Jesus][Note: (Mt 14,1.2; Mk 6,14-16)][9.7]
Es kam aber vor Herodes, den Landesfürsten, alles, was geschah;
und er wurde unruhig, weil von einigen gesagt wurde: Johannes ist
von den Toten auferstanden;
[9.8] von einigen aber: Elia ist erschienen; von andern
aber: Einer von den alten Propheten ist auferstanden.
[9.9] Und Herodes sprach: Johannes, den habe ich
enthauptet; wer ist aber dieser, über den ich solches höre? Und
er begehrte ihn zu sehen.
[Note: Die Speisung der Fünftausend][Note: (Mt 14,13-21; Mk
6,31-44; Joh 6,1-13)][9.10] Und die Apostel kamen zurück
und erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er
nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt
zurück, die heißt Betsaida.
[9.11] Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er
ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte
gesund, die der Heilung bedurften.
[9.12] Aber der Tag fing an, sich zu neigen. Da traten die
Zwölf zu ihm und sprachen: Laß das Volk gehen, damit sie
hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen
finden; denn wir sind hier in der Wüste.
[9.13] Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen.
Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei
Fische, es sei denn, daß wir hingehen sollen und für alle diese
Leute Essen kaufen.
[9.14] Denn es waren etwa fünftausend Mann. Er sprach
aber zu seinen Jüngern: Laßt sie sich setzen in Gruppen zu je
fünfzig.
[9.15] Und sie taten das und ließen alle sich setzen.
[9.16] Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah
auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern,
damit sie dem Volk austeilten.
[9.17] Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde
aufgesammelt, was sie an Brocken übrigließen, zwölf Körbe
voll.
[Note: Das Bekenntnis des Petrus][Note: (Mt 16,13-19; Mk 8,27-29;
Joh 6,67-69)][9.18] Und es begab sich, als Jesus allein
war und betete und nur seine Jünger bei ihm waren, da fragte er
sie und sprach: Wer sagen die Leute, daß ich sei?
[9.19] Sie antworteten und sprachen: Sie sagen, du seist
Johannes der Täufer; einige aber, du seist Elia; andere aber, es
sei einer der alten Propheten auferstanden.
[9.20] Er aber sprach zu ihnen: Wer sagt ihr aber, daß
ich sei? Da antwortete Petrus und sprach: Du bist der Christus
Gottes!
[Note: Die erste Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung][Note: (Mt 16,20.21; Mk 8,30.31)][9.21] Er
aber gebot ihnen, daß sie das niemandem sagen sollten,
[9.22] und sprach: Der Menschensohn muß viel leiden und
verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und
Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tag
auferstehen.
[Note: Von der Nachfolge][Note: (Mt 16,24-28; Mk 8,34-9,1)][9.23]
Da sprach er zu ihnen allen: Wer mir folgen will, der verleugne
sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir
nach.
[9.24] Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es
verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der
wird's erhalten.
[9.25] Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die
ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden
an sich selbst?
[9.26] Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt,
dessen wird sich der Menschensohn auch schämen, wenn er kommen
wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen
Engel.
[9.27] Ich sage euch aber wahrlich: Einige von denen, die
hier stehen, werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich
Gottes sehen.
[Note: Die Verklärung Jesu][Note: (Mt 17,1-8; Mk 9,2-8)][9.28]
Und es begab sich, etwa acht Tage nach diesen Reden, daß er mit
sich nahm Petrus, Johannes und Jakobus und ging auf einen Berg,
um zu beten.
[9.29] Und als er betete, wurde das Aussehen seines
Angesichts anders, und sein Gewand wurde weiß und glänzte.
[9.30] Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm; das waren
Mose und Elia.
[9.31] Sie erschienen verklärt und redeten von seinem
Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.
[9.32] Petrus aber und die bei ihm waren, waren voller
Schlaf. Als sie aber aufwachten, sahen sie, wie er verklärt war,
und die zwei Männer, die bei ihm standen.
[9.33] Und es begab sich, als sie von ihm schieden, da
sprach Petrus zu Jesus: Meister, hier ist für uns gut sein!
Laßt uns drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.
Er wußte aber nicht, was er redete.
[9.34] Als er aber dies redete, kam eine Wolke und
überschattete sie; und sie erschraken, als sie in die Wolke
hineinkamen.
[9.35] Und es geschah eine Stimme aus der Wolke, die
sprach: Dieser ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören!
[9.36] Und als die Stimme geschah, fanden sie Jesus
allein. Und sie schwiegen davon und verkündeten in jenen Tagen
niemandem, was sie gesehen hatten.
[Note: Die Heilung eines besessenen Knaben][Note: (Mt 17,14-21;
Mk 9,14-29)][9.37] Es begab sich aber, als sie am
nächsten Tag von dem Berg kamen, da kam ihm eine große Menge
entgegen.
[9.38] Und siehe, ein Mann aus der Menge rief: Meister,
ich bitte dich, sieh doch nach meinem Sohn; denn er ist mein
einziger Sohn.
[9.39] Siehe, ein Geist ergreift ihn, daß er plötzlich
aufschreit, und er reißt ihn, daß er Schaum vor dem Mund hat,
und läßt kaum von ihm ab und reibt ihn ganz auf.
[9.40] Und ich habe deine Jünger gebeten, daß sie ihn
austrieben, und sie konnten es nicht.
[9.41] Da antwortete Jesus und sprach: O du ungläubiges
und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein und
euch erdulden? Bring deinen Sohn her!
[9.42] Und als er zu ihm kam, riß ihn der böse Geist und
zerrte ihn. Jesus aber bedrohte den unreinen Geist und machte den
Knaben gesund und gab ihn seinem Vater wieder.
[9.43] Und sie entsetzten sich alle über die Herrlichkeit
Gottes.
[Note: Die zweite Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung](Mt 17,22.23; Mk 9,30-32) Als sie sich aber alle
verwunderten über alles, was er tat, sprach er zu seinen
Jüngern: [9.44] Laßt diese Worte in eure Ohren dringen:
Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der
Menschen.
[9.45] Aber dieses Wort verstanden sie nicht, und es war
vor ihnen verborgen, so daß sie es nicht begriffen. Und sie
fürchteten sich, ihn nach diesem Wort zu fragen.
[Note: Der Rangstreit der Jünger][Note: (Mt 18,1-5; Mk
9,33-37)][9.46] Es kam aber unter ihnen der Gedanke auf,
wer von ihnen der Größte sei.
[9.47] Als aber Jesus den Gedanken ihres Herzens erkannte,
nahm er ein Kind und stellte es neben sich
[9.48] und sprach zu ihnen: Wer dieses Kind aufnimmt in
meinem Namen, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der
nimmt den auf, der mich gesandt hat. Denn wer der Kleinste ist
unter euch allen, der ist groß.
[Note: Der fremde Wundertäter][Note: (Mk 9,38-40)][9.49]
Da fing Johannes an und sprach: Meister, wir sahen einen, der
trieb böse Geister aus in deinem Namen; und wir wehrten ihm,
denn er folgt dir nicht nach mit uns.
[9.50] Und Jesus sprach zu ihm: Wehrt ihm nicht! Denn wer
nicht gegen euch ist, der ist für euch.
[Note: Aufbruch nach Jerusalem. Ablehnung Jesu durch Samariter][9.51]
Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war, daß er
hinweggenommen werden sollte, da wandte er sein Angesicht,
stracks nach Jerusalem zu wandern.
[9.52] Und er sandte Boten vor sich her; die gingen hin
und kamen in ein Dorf der Samariter, ihm Herberge zu bereiten.
[9.53] Und sie nahmen ihn nicht auf, weil er sein
Angesicht gewandt hatte, nach Jerusalem zu wandern.
[9.54] Als aber das seine Jünger Jakobus und Johannes
sahen, sprachen sie: Herr, willst du, so wollen wir sagen, daß
Feuer vom Himmel falle und sie verzehre.
[9.55] Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht.*
*Die Versteile 55b.56a finden sich erst in der späteren
Überlieferung: "und sprach: Wißt ihr nicht, welches
Geistes Kinder ihr seid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, das
Leben der Menschen zu vernichten, sondern zu erhalten."
[9.56] Und sie gingen in ein andres Dorf.
[Note: Vom Ernst der Nachfolge][Note: (Mt 8,19-22)][9.57]
Und als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir
folgen, wohin du gehst.
[9.58] Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben,
und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der
Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.
[9.59] Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der
sprach aber: Herr, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe und meinen
Vater begrabe.
[9.60] Aber Jesus sprach zu ihm: Laß die Toten ihre Toten
begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
[9.61] Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir
nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, daß ich Abschied nehme von
denen, die in meinem Haus sind.
[9.62] Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den
Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das
Reich Gottes.
[10.1] Danach setzte der Herr weitere zweiundsiebzig*
Jünger ein und sandte sie je zwei und zwei vor sich her in alle
Städte und Orte, wohin er gehen wollte,
[10.2] und sprach zu ihnen: Die Ernte ist groß, der
Arbeiter aber sind wenige. Darum bittet den Herrn der Ernte, daß
er Arbeiter aussende in seine Ernte.
[10.3] Geht hin; siehe, ich sende euch wie Lämmer mitten
unter die Wölfe.
[10.4] Tragt keinen Geldbeutel bei euch, keine Tasche und
keine Schuhe, und grüßt niemanden unterwegs.
[10.5] Wenn ihr in ein Haus kommt, sprecht zuerst: Friede
sei diesem Hause!
[10.6] Und wenn dort ein Kind des Friedens ist, so wird
euer Friede auf ihm ruhen; wenn aber nicht, so wird sich euer
Friede wieder zu euch wenden.
[10.7] In demselben Haus aber bleibt, eßt und trinkt, was
man euch gibt; denn ein Arbeiter ist seines Lohnes wert. Ihr
sollt nicht von einem Haus zum andern gehen.
[10.8] Und wenn ihr in eine Stadt kommt, und sie euch
aufnehmen, dann eßt, was euch vorgesetzt wird,
[10.9] und heilt die Kranken, die dort sind, und sagt
ihnen: Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen.
[10.10] Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, und sie euch
nicht aufnehmen, so geht hinaus auf ihre Straßen und sprecht:
[10.11] Auch den Staub aus eurer Stadt, der sich an unsre
Füße gehängt hat, schütteln wir ab auf euch. Doch sollt ihr
wissen: das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.
[10.12] Ich sage euch: Es wird Sodom erträglicher ergehen
an jenem Tage als dieser Stadt.
[Note: Jesu Weherufe über galiläische Städte][Note: (Mt
11,20-24)][10.13] Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida!
Denn wären solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie
bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche
gesessen und Buße getan.
[10.14] Doch es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen
im Gericht als euch.
[10.15] Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben
werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden.
[10.16] Wer euch hört, der hört mich; und wer euch
verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der
verachtet den, der mich gesandt hat.
[Note: Jesu Jubelruf][Note: (Mt 11,25-27)][10.17] Die
Zweiundsiebzig* aber kamen zurück voll Freude und sprachen:
Herr, auch die bösen Geister sind uns untertan in deinem Namen.
*Statt "zweiundsiebzig" haben andere Textzeugen
"siebzig".
[10.18] Er sprach aber zu ihnen: Ich sah den Satan vom
Himmel fallen wie einen Blitz.
[10.19] Seht, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf
Schlangen und Skorpione, und Macht über alle Gewalt des Feindes;
und nichts wird euch schaden.
[10.20] Doch darüber freut euch nicht, daß euch die
Geister untertan sind. Freut euch aber, daß eure Namen im Himmel
geschrieben sind.
[10.21] Zu der Stunde freute sich Jesus im heiligen Geist
und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der
Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast
es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater, so hat es dir
wohlgefallen.
[10.22] Alles ist mir übergeben von meinem Vater. Und
niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater, noch, wer der
Vater ist, als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
[10.23] Und er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach
zu ihnen allein: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht.
[10.24] Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige
wollten sehen, was ihr seht, und haben's nicht gesehen, und
hören, was ihr hört, und haben's nicht gehört.
[Note: Der barmherzige Samariter][10.25] Und siehe, da
stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach:
Meister, was muß ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe?
[10.26] Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz
geschrieben? Was liest du?
[10.27] Er antwortete und sprach: "Du sollst den
Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele,
von allen Kräften und von ganzem Gemüt*, und deinen Nächsten
wie dich selbst" (5. Mose 6,5; 3. Mose 19,18). *Siehe Sach-
und Worterklärungen.
[10.28] Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet;
tu das, so wirst du leben.
[10.29] Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und
sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster?
[10.30] Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch,
der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die
Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich
davon und ließen ihn halbtot liegen.
[10.31] Es traf sich aber, daß ein Priester dieselbe
Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber.
[10.32] Desgleichen auch ein Levit: als er zu der Stelle
kam und ihn sah, ging er vorüber.
[10.33] Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam
dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn;
[10.34] und er ging zu ihm, goß Öl und Wein auf seine
Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn
in eine Herberge und pflegte ihn.
[10.35] Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen
heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr
ausgibst, will ich dir's bezahlen, wenn ich wiederkomme.
[10.36] Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste
gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war?
[10.37] Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da
sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!a
[Note: Maria und Marta][10.38] Als sie aber weiterzogen,
kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm
ihn auf.
[10.39] Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die
setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu.
[10.40] Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu
dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht
danach, daß mich meine Schwester läßt allein dienen? Sage ihr
doch, daß sie mir helfen soll!
[10.41] Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta,
Marta, du hast viel Sorge und Mühe.
[10.42] Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil
erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.
[11.1] Und es begab sich, daß er an einem Ort war und
betete. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu
ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger
lehrte.
[11.2] Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so
sprecht: Vater! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.*
[11.3] Unser tägliches Brot gib uns Tag für Tag
[11.4] und vergib uns unsre Sünden; denn auch wir
vergeben allen, die an uns schuldig werden. Und führe uns nicht
in Versuchung.* *In der späteren Überlieferung finden sich
zusätzliche Versteile: Vers 2: "Dein Wille geschehe auf
Erden wie im Himmel", Vers 4: "sondern erlöse uns von
dem Bösen" (entsprechend Mt 6,10.13).
[Note: Der bittende Freund][Note: (Mt 7,7-11)][11.5] Und
er sprach zu ihnen: Wenn jemand unter euch einen Freund hat und
ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund,
leih mir drei Brote;
[11.6] denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise,
und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann,
[11.7] und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach
mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen, und meine
Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und
dir etwas geben.
[11.8] Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und
ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen
seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, soviel
er bedarf.
[11.9] Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch
gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch
aufgetan.
[11.10] Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da
sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
[11.11] Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn
der ihn* um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch
biete? *In der späteren Überlieferung finden sich zusätzlich
die Worte: "... ums Brot bittet, dafür einen Stein biete?
oder wenn er..." (vgl. Mt 7,9).
[11.12] oder der ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen
Skorpion dafür biete?
[11.13] Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern
gute Gaben geben könnt, wieviel mehr wird der Vater im Himmel
den heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!
[Note: Jesus und die bösen Geister][Note: (Mt 12,22-30; Mk
3,22-27)][11.14] Und er trieb einen bösen Geist aus, der
war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der
Stumme. Und die Menge verwunderte sich.
[11.15] Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die
bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten.
[11.16] Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm
ein Zeichen vom Himmel.
[11.17] Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu
ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird
verwüstet, und ein Haus fällt über das andre.
[11.18] Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins,
wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die
bösen Geister aus durch Beelzebul.
[11.19] Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul
austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden
sie eure Richter sein.
[11.20] Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen
Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.
[11.21] Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht,
so bleibt, was er hat, in Frieden.
[11.22] Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und
überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich
verließ, und verteilt die Beute.
[11.23] Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer
nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
[Note: Von der Rückkehr des bösen Geistes][Note: (Mt
12,43-45)][11.24] Wenn der unreine Geist von einem
Menschen ausgefahren ist, so durchstreift er dürre Stätten,
sucht Ruhe und findet sie nicht; dann spricht er: Ich will wieder
zurückkehren in mein Haus, aus dem ich fortgegangen bin.
[11.25] Und wenn er kommt, so findet er's gekehrt und
geschmückt.
[11.26] Dann geht er hin und nimmt sieben andre Geister
mit sich, die böser sind als er selbst; und wenn sie
hineinkommen, wohnen sie darin, und es wird mit diesem Menschen
hernach ärger als zuvor.
[Note: Eine Seligpreisung Jesu][11.27] Und es begab sich,
als er so redete, da erhob eine Frau im Volk ihre Stimme und
sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die
Brüste, an denen du gesogen hast.
[11.28] Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort
Gottes hören und bewahren.
[Note: Ablehnung der Zeichenforderung][Note: (Mt 12,38-42)][11.29]
Die Menge aber drängte herzu. Da fing er an und sagte: Dies
Geschlecht ist ein böses Geschlecht; es fordert ein Zeichen,
aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen
des Jona.
[11.30] Denn wie Jona ein Zeichen war für die Leute von
Ninive,* so wird es auch der Menschensohn sein für dieses
Geschlecht. *Siehe Sach- und Worterklärungen zu
"Jona".
[11.31] Die Königin vom Süden wird auftreten beim
Jüngsten Gericht mit den Leuten dieses Geschlechts und wird sie
verdammen; denn sie kam vom Ende der Welt, zu hören die Weisheit
Salomos. Und siehe, hier ist mehr als Salomo.
[11.32] Die Leute von Ninive werden auftreten beim
Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden's verdammen;
denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier
ist mehr als Jona.
[Note: Bildworte vom Licht][Note: (Mt 5,15; 6,22.23)][11.33]
Niemand zündet ein Licht an und setzt es in einen Winkel, auch
nicht unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, damit, wer
hineingeht, das Licht sehe.
[11.34] Dein Auge ist das Licht des Leibes. Wenn nun dein
Auge lauter ist, so ist dein ganzer Leib licht; wenn es aber
böse ist, so ist auch dein Leib finster.
[11.35] So schaue darauf, daß nicht das Licht in dir
Finsternis sei.
[11.36] Wenn nun dein Leib ganz licht ist und kein Teil an
ihm finster ist, dann wird er ganz licht sein, wie wenn dich das
Licht erleuchtet mit hellem Schein.
[Note: Weherufe gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten][Note:
(Mt 23,1-36)][11.37] Als er noch redete, bat ihn ein
Pharisäer, mit ihm zu essen. Und er ging hinein und setzte sich
zu Tisch.
[11.38] Als das der Pharisäer sah, wunderte er sich, daß
er sich nicht vor dem Essen gewaschen hatte.
[11.39] Der Herr aber sprach zu ihm: Ihr Pharisäer, ihr
haltet die Becher und Schüsseln außen rein; aber euer Inneres
ist voll Raubgier und Bosheit.
[11.40] Ihr Narren, hat nicht der, der das Äußere
geschaffen hat, auch das Innere geschaffen?
[11.41] Gebt doch, was drinnen ist, als Almosen, siehe,
dann ist euch alles rein.
[11.42] Aber weh euch Pharisäern! Denn ihr gebt den
Zehnten von Minze und Raute und allerlei Gemüse, aber am Recht
und an der Liebe Gottes geht ihr vorbei. Doch dies sollte man tun
und jenes nicht lassen.
[11.43] Weh euch Pharisäern! Denn ihr sitzt gern obenan
in den Synagogen und wollt gegrüßt sein auf dem Markt.
[11.44] Weh euch! Denn ihr seid wie die verdeckten
Gräber, über die die Leute laufen, und wissen es nicht.
[11.45] Da antwortete einer von den Schriftgelehrten und
sprach zu ihm: Meister, mit diesen Worten schmähst du uns auch.
[11.46] Er aber sprach: Weh auch euch Schriftgelehrten!
Denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten, und ihr
selbst rührt sie nicht mit einem Finger an.
[11.47] Weh euch! Denn ihr baut den Propheten Grabmäler;
eure Väter aber haben sie getötet.
[11.48] So bezeugt ihr und billigt die Taten eurer Väter;
denn sie haben sie getötet; und ihr baut ihnen Grabmäler!
[11.49] Darum spricht die Weisheit Gottes: Ich will
Propheten und Apostel zu ihnen senden, und einige von ihnen
werden sie töten und verfolgen,
[11.50] damit gefordert werde von diesem Geschlecht das
Blut aller Propheten, das vergossen ist seit Erschaffung der
Welt,
[11.51] von Abels Blut an bis hin zum Blut des Secharja,
der umkam zwischen Altar und Tempel. Ja, ich sage euch: Es wird
gefordert werden von diesem Geschlecht.
[11.52] Weh euch Schriftgelehrten! Denn ihr habt den
Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht
hineingegangen und habt auch denen gewehrt, die hinein wollten.
[11.53] Und als er von dort hinausging, fingen die
Schriftgelehrten und Pharisäer an, heftig auf ihn einzudringen
und ihn mit vielen Fragen auszuhorchen,
[11.54] und belauerten ihn, ob sie etwas aus seinem Mund
erjagen könnten.
[12.1] Unterdessen kamen einige tausend Menschen
zusammen, so daß sie sich untereinander traten. Da fing er an
und sagte zuerst zu seinen Jüngern: Hütet euch vor dem
Sauerteig der Pharisäer, das ist die Heuchelei.
[12.2] Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar
wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird.
[12.3] Darum, was ihr in der Finsternis sagt, das wird man
im Licht hören; und was ihr ins Ohr flüstert in der Kammer, das
wird man auf den Dächern predigen.
[12.4] Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch
nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts mehr tun
können.
[12.5] Ich will euch aber zeigen, vor wem ihr euch
fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet
hat, auch Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage euch,
vor dem fürchtet euch.
[12.6] Verkauft man nicht fünf Sperlinge für zwei
Groschen? Dennoch ist vor Gott nicht einer von ihnen vergessen.
[12.7] Aber auch die Haare auf eurem Haupt sind alle
gezählt. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele
Sperlinge.
[12.8] Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den
Menschen, den wird auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln
Gottes.
[12.9] Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird
verleugnet werden vor den Engeln Gottes.
[12.10] Und wer ein Wort gegen den Menschensohn sagt, dem
soll es vergeben werden; wer aber den heiligen Geist lästert,
dem soll es nicht vergeben werden.
[12.11] Wenn sie euch aber führen werden in die Synagogen
und vor die Machthaber und die Obrigkeit, so sorgt nicht, wie
oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt;
[12.12] denn der heilige Geist wird euch in dieser Stunde
lehren, was ihr sagen sollt.
[Note: Warnung vor Habgier][12.13] Es sprach aber einer
aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, daß er mit mir
das Erbe teile.
[12.14] Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum
Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?
[12.15] Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch
vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, daß er viele Güter
hat.
[Note: Der reiche Kornbauer][12.16] Und er sagte ihnen ein
Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld
hatte gut getragen.
[12.17] Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll
ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
[12.18] Und sprach: Das will ich tun: ich will meine
Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln
all mein Korn und meine Vorräte
[12.19] und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du
hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß,
trink und habe guten Mut!
[12.20] Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird
man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was
du angehäuft hast?
[12.21] So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist
nicht reich bei Gott.
[Note: Vom falschen und rechten Sorgen][Note: (Mt
6,25-33.20.21)][12.22] Er sprach aber zu seinen Jüngern:
Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen
sollt, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen sollt.
[12.23] Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der
Leib mehr als die Kleidung.
[12.24] Seht die Raben an: sie säen nicht, sie ernten
auch nicht, sie haben auch keinen Keller und keine Scheune, und
Gott ernährt sie doch. Wieviel besser seid ihr als die Vögel!
[12.25] Wer ist unter euch, der, wie sehr er sich auch
darum sorgt, seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte?
[12.26] Wenn ihr nun auch das Geringste nicht vermögt,
warum sorgt ihr euch um das andre?
[12.27] Seht die Lilien an, wie sie wachsen: sie spinnen
nicht, sie weben nicht. Ich sage euch aber, daß auch Salomo in
aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine
von ihnen.
[12.28] Wenn nun Gott das Gras, das heute auf dem Feld
steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wieviel
mehr wird er euch kleiden, ihr Kleingläubigen!
[12.29] Darum auch ihr, fragt nicht danach, was ihr essen
oder was ihr trinken sollt, und macht euch keine Unruhe.
[12.30] Nach dem allen trachten die Heiden in der Welt;
aber euer Vater weiß, daß ihr dessen bedürft.
[12.31] Trachtet vielmehr nach seinem Reich, so wird euch
das alles zufallen.
[12.32] Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat
eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.
[12.33] Verkauft, was ihr habt, und gebt Almosen. Macht
euch Geldbeutel, die nicht veralten, einen Schatz, der niemals
abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb hinkommt und den keine Motten
fressen.
[12.34] Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz
sein.
[Note: Vom Warten auf das Kommen Christi][Note: (Mt 24,43-51)][12.35]
Laßt eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen
[12.36] und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn
warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er
kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun.
[12.37] Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er
kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich
schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen
dienen.
[12.38] Und wenn er kommt in der zweiten oder in der
dritten Nachtwache und findet's so: selig sind sie.
[12.39] Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr
wüßte, zu welcher Stunde der Dieb kommt, so ließe er nicht in
sein Haus einbrechen.
[12.40] Seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt
zu einer Stunde, da ihr's nicht meint.
[12.41] Petrus aber sprach: Herr, sagst du dies Gleichnis
zu uns oder auch zu allen?
[12.42] Der Herr aber sprach: Wer ist denn der treue und
kluge Verwalter, den der Herr über seine Leute setzt, damit er
ihnen zur rechten Zeit gibt, was ihnen zusteht?
[12.43] Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er
kommt, das tun sieht.
[12.44] Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle
seine Güter setzen.
[12.45] Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen sagt: Mein
Herr kommt noch lange nicht, und fängt an, die Knechte und
Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich
vollzusaufen,
[12.46] dann wird der Herr dieses Knechtes kommen an einem
Tage, an dem er's nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er
nicht kennt, und wird ihn in Stücke hauen lassen und wird ihm
sein Teil geben bei den Ungläubigen.
[12.47] Der Knecht aber, der den Willen seines Herrn
kennt, hat aber nichts vorbereitet noch nach seinem Willen getan,
der wird viel Schläge erleiden müssen.
[12.48] Wer ihn aber nicht kennt und getan hat, was
Schläge verdient, wird wenig Schläge erleiden. Denn wem viel
gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel
anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern.
[Note: Entzweiungen um Jesu willen][Note: (Mt 10,34-36)][12.49]
Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich
lieber, als daß es schon brennte!
[12.50] Aber ich muß mich zuvor taufen lassen mit einer
Taufe, und wie ist mir so bange, bis sie vollbracht ist!a
[12.51] Meint ihr, daß ich gekommen bin, Frieden zu
bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht.
[12.52] Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins
sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei.
[12.53] Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn
gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter
gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter
und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
[Note: Beurteilung der Zeit][12.54] Er sprach aber zu der
Menge: Wenn ihr eine Wolke aufsteigen seht vom Westen her, so
sagt ihr gleich: Es gibt Regen. Und es geschieht so.
[12.55] Und wenn der Südwind weht, so sagt ihr: Es wird
heiß werden. Und es geschieht so.
[12.56] Ihr Heuchler! Über das Aussehen der Erde und des
Himmels könnt ihr urteilen; warum aber könnt ihr über diese
Zeit nicht urteilen?
[12.57] Warum aber urteilt ihr nicht auch von euch aus
darüber, was recht ist?
[12.58] Denn wenn du mit deinem Gegner zum Gericht gehst,
so bemühe dich auf dem Wege, von ihm loszukommen, damit er nicht
etwa dich vor den Richter ziehe, und der Richter überantworte
dich dem Gerichtsdiener, und der Gerichtsdiener werfe dich ins
Gefängnis.
[12.59] Ich sage dir: Du wirst von dort nicht
herauskommen, bis du den allerletzten Heller bezahlt hast.
[13.1] Es kamen aber zu der Zeit einige, die
berichteten ihm von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit ihren
Opfern vermischt hatte.
[13.2] Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meint
ihr, daß diese Galiläer mehr gesündigt haben als alle andern
Galiläer, weil sie das erlitten haben?a
[13.3] Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße
tut, werdet ihr alle auch so umkommen.
[13.4] Oder meint ihr, daß die achtzehn, auf die der Turm
in Siloah fiel und erschlug sie, schuldiger gewesen sind als alle
andern Menschen, die in Jerusalem wohnen?
[13.5] Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße
tut, werdet ihr alle auch so umkommen.
[Note: Das Gleichnis vom Feigenbaum][13.6] Er sagte ihnen
aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war
gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf
und fand keine.
[13.7] Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin
nun drei Jahre lang gekommen und habe Frucht gesucht an diesem
Feigenbaum, und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem
Boden die Kraft?
[13.8] Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, laß
ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge;
[13.9] vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber
nicht, so hau ihn ab.
[Note: Die Heilung einer verkrümmten Frau am Sabbat][13.10]
Und er lehrte in einer Synagoge am Sabbat.
[13.11] Und siehe, eine Frau war da, die hatte seit
achtzehn Jahren einen Geist, der sie krank machte; und sie war
verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten.
[13.12] Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu sich und
sprach zu ihr: Frau, sei frei von deiner Krankheit!
[13.13] Und legte die Hände auf sie; und sogleich
richtete sie sich auf und pries Gott.
[13.14] Da antwortete der Vorsteher der Synagoge, denn er
war unwillig, daß Jesus am Sabbat heilte, und sprach zu dem
Volk: Es sind sechs Tage, an denen man arbeiten soll; an denen
kommt und laßt euch heilen, aber nicht am Sabbattag.
[13.15] Da antwortete ihm der Herr und sprach: Ihr
Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen
oder seinen Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?a
[13.16] Sollte dann nicht diese, die doch Abrahams Tochter
ist, die der Satan schon achtzehn Jahre gebunden hatte, am Sabbat
von dieser Fessel gelöst werden?
[13.17] Und als er das sagte, mußten sich schämen alle,
die gegen ihn gewesen waren. Und alles Volk freute sich über
alle herrlichen Taten, die durch ihn geschahen.
[Note: Vom Senfkorn und vom Sauerteig][Note: (Mt 13,31-33; Mk
4,30-32)][13.18] Er aber sprach: Wem gleicht das Reich
Gottes, und womit soll ich's vergleichen?
[13.19] Es gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und
in seinen Garten säte; und es wuchs und wurde ein Baum, und die
Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen.
[13.20] Und wiederum sprach er: Womit soll ich das Reich
Gottes vergleichen?
[13.21] Es gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und
unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert
war.
[Note: Von der engen Pforte und der verschlossenen Tür][13.22]
Und er ging durch Städte und Dörfer und lehrte und nahm seinen
Weg nach Jerusalem.
[13.23] Es sprach aber einer zu ihm: Herr, meinst du, daß
nur wenige selig werden? Er aber sprach zu ihnen:
[13.24] Ringt darum, daß ihr durch die enge Pforte
hineingeht; denn viele, das sage ich euch, werden danach
trachten, wie sie hineinkommen, und werden's nicht können.
[13.25] Wenn der Hausherr aufgestanden ist und die Tür
verschlossen hat, und ihr anfangt, draußen zu stehen und an die
Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, tu uns auf!, dann wird er
antworten und zu euch sagen: Ich kenne euch nicht; wo seid ihr
her?
[13.26] Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor
dir gegessen und getrunken, und auf unsern Straßen hast du
gelehrt.
[13.27] Und er wird zu euch sagen: Ich kenne euch nicht;
wo seid ihr her? Weicht alle von mir, ihr Übeltäter!
[13.28] Da wird Heulen und Zähneklappern sein, wenn ihr
sehen werdet Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich
Gottes, euch aber hinausgestoßen.
[13.29] Und es werden kommen von Osten und von Westen, von
Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich
Gottes.
[13.30] Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten
sein, und sind Erste, die werden die Letzten sein.
[Note: Die Feindschaft des Herodes][13.31] Zu dieser
Stunde kamen einige Pharisäer und sprachen zu ihm: Mach dich auf
und geh weg von hier; denn Herodes will dich töten.
[13.32] Und er sprach zu ihnen: Geht hin und sagt diesem
Fuchs: Siehe, ich treibe böse Geister aus und mache gesund heute
und morgen, und am dritten Tage werde ich vollendet sein.
[13.33] Doch muß ich heute und morgen und am folgenden
Tage noch wandern; denn es geht nicht an, daß ein Prophet
umkomme außerhalb von Jerusalem.
[Note: Jesu Klage über Jerusalem][Note: (Mt 23,37-39)][13.34]
Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst,
die zu dir gesandt werden, wie oft habe ich deine Kinder
versammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel,
und ihr habt nicht gewollt!
[13.35] Seht, "euer Haus soll euch wüst gelassen
werden" (Jeremia 22,5; Psalm 69,26). Aber ich sage euch: Ihr
werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, da ihr sagen
werdet: Gelobt ist, der da kommt in dem Namen des Herrn!
[14.1] Und es begab sich, daß er an einem Sabbat in
das Haus eines Oberen der Pharisäer kam, das Brot zu essen, und
sie belauerten ihn.
[14.2] Und siehe, da war ein Mensch vor ihm, der war
wassersüchtig.
[14.3] Und Jesus fing an und sagte zu den Schriftgelehrten
und Pharisäern: Ist's erlaubt, am Sabbat zu heilen oder nicht?
[14.4] Sie aber schwiegen still. Und er faßte ihn an und
heilte ihn und ließ ihn gehen.
[14.5] Und er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, dem
sein Sohn oder sein Ochse in den Brunnen fällt, und der ihn
nicht alsbald herauszieht, auch am Sabbat?a
[14.6] Und sie konnten ihm darauf keine Antwort geben.
[Note: Von Rangordnung und Auswahl der Gäste][14.7] Er
sagte aber ein Gleichnis zu den Gästen, als er merkte, wie sie
suchten, obenan zu sitzen, und sprach zu ihnen:
[14.8] Wenn du von jemandem zur Hochzeit geladen bist, so
setze dich nicht obenan; denn es könnte einer eingeladen sein,
der vornehmer ist als du,
[14.9] und dann kommt der, der dich und ihn eingeladen
hat, und sagt zu dir: Weiche diesem!, und du mußt dann beschämt
untenan sitzen.
[14.10] Sondern wenn du eingeladen bist, so geh hin und
setz dich untenan, damit, wenn der kommt, der dich eingeladen
hat, er zu dir sagt: Freund, rücke hinauf! Dann wirst du Ehre
haben vor allen, die mit dir zu Tisch sitzen.
[14.11] Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt
werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden.
[14.12] Er sprach aber auch zu dem, der ihn eingeladen
hatte: Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl machst, so lade weder
deine Freunde noch deine Brüder noch deine Verwandten noch
reiche Nachbarn ein, damit sie dich nicht etwa wieder einladen
und dir vergolten wird.
[14.13] Sondern wenn du ein Mahl machst, so lade Arme,
Verkrüppelte, Lahme und Blinde ein,
[14.14] dann wirst du selig sein, denn sie haben nichts,
um es dir zu vergelten; es wird dir aber vergolten werden bei der
Auferstehung der Gerechten. a Weish 5,16; 1. Kor 15,23; Apg 24,15
[Note: Das große Abendmahl][Note: (Mt 22,1-10)][14.15]
Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu
Jesus: Selig ist, der das Brot ißt im Reich Gottes!
[14.16] Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der
machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein.
[14.17] Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des
Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles
bereit!
[14.18] Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu
entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker
gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich,
entschuldige mich.
[14.19] Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne
Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte
dich, entschuldige mich.
[14.20] Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau
genommen; darum kann ich nicht kommen.
[14.21] Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem
Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht:
Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und
führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein.
[14.22] Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was
du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.
[14.23] Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf
die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie
hereinzukommen, daß mein Haus voll werde.
[14.24] Denn ich sage euch, daß keiner der Männer, die
eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.
[Note: Von Nachfolge und Selbstverleugnung][14.25] Es ging
aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach
zu ihnen:
[14.26] Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen
Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich
selbst, der kann nicht mein Jünger sein.
[14.27] Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt,
der kann nicht mein Jünger sein.
[14.28] Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will
und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob
er genug habe, um es auszuführen?
[14.29] damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und
kann's nicht ausführen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn
zu spotten,
[14.30] und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen
und kann's nicht ausführen.
[14.31] Oder welcher König will sich auf einen Krieg
einlassen gegen einen andern König und setzt sich nicht zuvor
hin und hält Rat, ob er mit Zehntausend dem begegnen kann, der
über ihn kommt mit Zwanzigtausend?
[14.32] Wenn nicht, so schickt er eine Gesandtschaft,
solange jener noch fern ist, und bittet um Frieden.
[14.33] So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt
von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.
[14.34] Das Salz ist etwas Gutes; wenn aber das Salz nicht
mehr salzt, womit soll man würzen?a
[14.35] Es ist weder für den Acker noch für den Mist zu
gebrauchen, sondern man wird's wegwerfen. Wer Ohren hat zu
hören, der höre!
[15.1] Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und
Sünder, um ihn zu hören.
[15.2] Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und
sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und ißt mit ihnen.
[15.3] Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:
[15.4] Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe
hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die
neunundneunzig in der Wüste läßt und geht dem verlorenen nach,
bis er's findet?b
[15.5] Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf
die Schultern voller Freude.
[15.6] Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und
Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe
mein Schaf gefunden, das verloren war.
[15.7] Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein
über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig
Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.
[Note: Vom verlorenen Groschen][15.8] Oder welche Frau,
die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet
nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis
sie ihn findet?
[15.9] Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre
Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir;
denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren
hatte.
[15.10] So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln
Gottes über einen Sünder, der Buße tut.
[Note: Vom verlorenen Sohn][15.11] Und er sprach: Ein
Mensch hatte zwei Söhne.
[15.12] Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater:
Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab
und Gut unter sie.
[15.13] Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn
alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er
sein Erbteil durch mit Prassen.
[15.14] Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam
eine große Hungersnot über jenes Land, und er fing an zu darben
[15.15] und ging hin und hängte sich an einen Bürger
jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu
hüten.
[15.16] Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den
Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.
[15.17] Da ging er in sich und sprach: Wie viele
Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich
verderbe hier im Hunger!
[15.18] Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen
und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und
vor dir.
[15.19] Ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein
Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!
[15.20] Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.
Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es
jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn.
[15.21] Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe
gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht
mehr wert, daß ich dein Sohn heiße.
[15.22] Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt
schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm
einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße
[15.23] und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's;
laßt uns essen und fröhlich sein!
[15.24] Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder
lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und
sie fingen an, fröhlich zu sein.
[15.25] Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er
nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen
[15.26] und rief zu sich einen der Knechte, und fragte,
was das wäre.
[15.27] Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen, und
dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn
gesund wieder hat.
[15.28] Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen.
Da ging sein Vater heraus und bat ihn.
[15.29] Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater:
Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie
übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, daß ich mit
meinen Freunden fröhlich gewesen wäre.
[15.30] Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der
dein Hab und Gut mit Huren verpraßt hat, hast du ihm das
gemästete Kalb geschlachtet.
[15.31] Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit
bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein.
[15.32] Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein;
denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden,
er war verloren und ist wiedergefunden.
[16.1] Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein
reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm
beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz.
[16.2] Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre
ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du
kannst hinfort nicht Verwalter sein.
[16.3] Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich
tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch
schäme ich mich zu betteln.
[16.4] Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre
Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde.
[16.5] Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn,
einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wieviel bist du
meinem Herrn schuldig?
[16.6] Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm:
Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs
fünfzig.
[16.7] Danach fragte er den zweiten: Du aber, wieviel bist
du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu
ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.
[16.8] Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil
er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter
ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.
[16.9] Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem
ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch
aufnehmen in die ewigen Hütten.
[Note: Von der Treue][16.10] Wer im Geringsten treu ist,
der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht
ist, der ist auch im Großen ungerecht.
[16.11] Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu
seid, wer wird euch das wahre Gut anvertrauen?
[16.12] Und wenn ihr mit dem fremden Gut nicht treu seid,
wer wird euch geben, was euer ist?
[16.13] Kein Knecht kann zwei Herren dienen; entweder er
wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem
einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott
dienen und dem Mammon.
[Note: Die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer. Das Gesetz][16.14]
Das alles hörten die Pharisäer. Die waren geldgierig und
spotteten über ihn.
[16.15] Und er sprach zu ihnen: Ihr seid's, die ihr euch
selbst rechtfertigt vor den Menschen; aber Gott kennt eure
Herzen; denn was hoch ist bei den Menschen, das ist ein Greuel
vor Gott.
[16.16] Das Gesetz und die Propheten reichen bis zu
Johannes. Von da an wird das Evangelium vom Reich Gottes
gepredigt, und jedermann drängt sich mit Gewalt hinein.
[16.17] Es ist aber leichter, daß Himmel und Erde
vergehen, als daß ein Tüpfelchen vom Gesetz fällt.
[16.18] Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet
eine andere, der bricht die Ehe; und wer die von ihrem Mann
Geschiedene heiratet, der bricht auch die Ehe.
[Note: Vom reichen Mann und armen Lazarus][16.19] Es war
aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares
Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.
[16.20] Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag
vor seiner Tür voll von Geschwüren
[16.21] und begehrte, sich zu sättigen mit dem, was von
des Reichen Tisch fiel; dazu kamen auch die Hunde und leckten
seine Geschwüre.
[16.22] Es begab sich aber, daß der Arme starb, und er
wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber
starb auch und wurde begraben.
[16.23] Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen
auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in
seinem Schoß.
[16.24] Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner
und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser
tauche und mir die Zunge kühle; denn ich leide Pein in diesen
Flammen.
[16.25] Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, daß du dein
Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses
empfangen; nun wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt.
[16.26] Und überdies besteht zwischen uns und euch eine
große Kluft, daß niemand, der von hier zu euch hinüber will,
dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.
[16.27] Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, daß du
ihn sendest in meines Vaters Haus;
[16.28] denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er
warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.
[16.29] Abraham sprach: Sie haben Mose und die Propheten;
die sollen sie hören.
[16.30] Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn
einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun.
[16.31] Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die
Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen
lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.
[17.1] Er sprach aber zu seinen Jüngern: Es ist
unmöglich, daß keine Verführungen kommen; aber weh dem, durch
den sie kommen!
[17.2] Es wäre besser für ihn, daß man einen Mühlstein
an seinen Hals hängte und würfe ihn ins Meer, als daß er einen
dieser Kleinen zum Abfall verführt.
[17.3] Hütet euch! Wenn dein Bruder sündigt, so weise
ihn zurecht; und wenn er es bereut, vergib ihm.
[17.4] Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigen
würde und siebenmal wieder zu dir käme und spräche: Es reut
mich!, so sollst du ihm vergeben.
[Note: Von der Kraft des Glaubens][17.5] Und die Apostel
sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben!
[17.6] Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so
groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum
sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde
euch gehorchen.
[Note: Vom Knechtslohn][17.7] Wer unter euch hat einen
Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der
vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch?
[17.8] Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir
das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und
getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken?
[17.9] Dankt er etwa dem Knecht, daß er getan hat, was
befohlen war?
[17.10] So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch
befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben
getan, was wir zu tun schuldig waren.
[Note: Die zehn Aussätzigen][17.11] Und es begab sich,
als er nach Jerusalem wanderte, daß er durch Samarien und
Galiläa hin zog.
[17.12] Und als er in ein Dorf kam, begegneten ihm zehn
aussätzige Männer; die standen von ferne
[17.13] und erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesus,
lieber Meister, erbarme dich unser!
[17.14] Und als er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin
und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, als sie hingingen,
da wurden sie rein.
[17.15] Einer aber unter ihnen, als er sah, daß er gesund
geworden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme
[17.16] und fiel nieder auf sein Angesicht zu Jesu Füßen
und dankte ihm. Und das war ein Samariter.
[17.17] Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die
zehn rein geworden? Wo sind aber die neun?
[17.18] Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder
umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde?
[17.19] Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh hin; dein
Glaube hat dir geholfen.
[Note: Vom Kommen des Gottesreiches][Note: (Mt 24; Mk 13)][17.20]
Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das
Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes
kommt nicht so, daß man's beobachten kann;
[17.21] man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es!
oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter
euch.* *Luther übersetzte Vers 20b.21: "Das Reich Gottes
kommt nicht mit äußerlichen Gebärden. . . sehet, das Reich
Gottes ist inwendig in euch".
[17.22] Er sprach aber zu den Jüngern: Es wird die Zeit
kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des
Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen.
[17.23] Und sie werden zu euch sagen: Siehe, da! oder:
Siehe, hier! Geht nicht hin und lauft ihnen nicht nach!a
[17.24] Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von
einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn
an seinem Tage sein.
[17.25] Zuvor aber muß er viel leiden und verworfen
werden von diesem Geschlecht.
[17.26] Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird's
auch geschehen in den Tagen des Menschensohns:
[17.27] sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie
ließen sich heiraten bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche
ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um.
[17.28] Ebenso, wie es geschah zu den Zeiten Lots: Sie
aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten,
sie bauten;
[17.29] an dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da
regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.
[17.30] Auf diese Weise wird's auch gehen an dem Tage,
wenn der Menschensohn wird offenbar werden.
[17.31] Wer an jenem Tage auf dem Dach ist und seine
Sachen im Haus hat, der steige nicht hinunter, um sie zu holen.
Und ebenso, wer auf dem Feld ist, der wende sich nicht um nach
dem, was hinter ihm ist.
[17.32] Denkt an Lots Frau!
[17.33] Wer sein Leben zu erhalten sucht, der wird es
verlieren; und wer es verlieren wird, der wird es gewinnen.
[17.34] Ich sage euch: In jener Nacht werden zwei auf
einem Bett liegen; der eine wird angenommen, der andere wird
preisgegeben werden.
[17.35] Zwei Frauen werden miteinander Korn mahlen; die
eine wird angenommen, die andere wird preisgegeben werden.* *Vers
36 findet sich erst in der späteren Überlieferung: "Zwei
werden auf dem Felde sein; der eine wird angenommen, der andere
wird preisgegeben werden" (vgl. Mt 24,40).
[17.36] Und sie fingen an und fragten ihn: Herr, wo? Er
aber sprach zu ihnen: Wo das Aas ist, da sammeln sich auch die
Geier.
[18.1] Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, daß
sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten,
[18.2] und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der
fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem
Menschen.
[18.3] Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam
zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher!
[18.4] Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er
bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch
vor keinem Menschen scheue,
[18.5] will ich doch dieser Witwe, weil sie mir soviel
Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und
mir ins Gesicht schlage.
[18.6] Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte
Richter sagt!
[18.7] Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen
Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er's
bei ihnen lange hinziehen?
[18.8] Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in
Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er
werde Glauben finden auf Erden?
[Note: Vom Pharisäer und Zöllner][18.9] Er sagte aber zu
einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und verachteten die
andern, dies Gleichnis:
[18.10] Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um
zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
[18.11] Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich
danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die andern Leute,
Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.
[18.12] Ich faste zweimal in der Woche und gebe den
Zehnten von allem, was ich einnehme.
[18.13] Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die
Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust
und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!
[18.14] Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in
sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird
erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird
erhöht werden.
[Note: Die Segnung der Kinder][Note: (Mt 19,13-15; Mk 10,13-16)][18.15]
Sie brachten auch kleine Kinder zu ihm, damit er sie anrühren
sollte. Als das aber die Jünger sahen, fuhren sie sie an.
[18.16] Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Lasset die
Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört
das Reich Gottes.
[18.17] Wahrlich, ich sage euch: Wer nicht das Reich
Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
[Note: Die Gefahr des Reichtums ("Der reiche
Jüngling")][Note: (Mt 19,16-26; Mk 10,17-27)][18.18]
Und es fragte ihn ein Oberer und sprach: Guter Meister, was muß
ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?a
[18.19] Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut?
Niemand ist gut als Gott allein.
[18.20] Du kennst die Gebote: "Du sollst nicht
ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du
sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst deinen Vater und
deine Mutter ehren!"
[18.21] Er aber sprach: Das habe ich alles gehalten von
Jugend auf.
[18.22] Als Jesus das hörte, sprach er zu ihm: Es fehlt
dir noch eines. Verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen,
so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir
nach!
[18.23] Als er das aber hörte, wurde er traurig; denn er
war sehr reich.
[18.24] Als aber Jesus sah, daß er traurig geworden war,
sprach er: Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes!a
[18.25] Denn es ist leichter, daß ein Kamel durch ein
Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher in das Reich Gottes komme.
[18.26] Da sprachen, die das hörten: Wer kann dann selig
werden?
[18.27] Er aber sprach: Was bei den Menschen unmöglich
ist, das ist bei Gott möglich.
[Note: Der Lohn der Nachfolge][Note: (Mt 19,27-30; Mk 10,28-31)][18.28]
Da sprach Petrus: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und
sind dir nachgefolgt.
[18.29] Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch:
Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder
Kinder verläßt um des Reiches Gottes willen,
[18.30] der es nicht vielfach wieder empfange in dieser
Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.
[Note: Die dritte Ankündigung von Jesu Leiden und
Auferstehung][Note: (Mt 20,17-19; Mk 10,32-34)][18.31] Er
nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen
hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was
geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
[18.32] Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und
er wird verspottet und mißhandelt und angespien werden,
[18.33] und sie werden ihn geißeln und töten; und am
dritten Tage wird er auferstehen.
[18.34] Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der
Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit
gesagt war.
[Note: Die Heilung eines Blinden bei Jericho][Note: (Mt 20,29-34;
Mk 10,46-52)][18.35] Es begab sich aber, als er in die
Nähe von Jericho kam, daß ein Blinder am Wege saß und
bettelte.
[18.36] Als er aber die Menge hörte, die vorbeiging,
forschte er, was das wäre.
[18.37] Da berichteten sie ihm, Jesus von Nazareth gehe
vorbei.
[18.38] Und er rief: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich
meiner!
[18.39] Die aber vornean gingen, fuhren ihn an, er solle
schweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme
dich meiner!
[18.40] Jesus aber blieb stehen und ließ ihn zu sich
führen. Als er aber näher kam, fragte er ihn:
[18.41] Was willst du, daß ich für dich tun soll? Er
sprach: Herr, daß ich sehen kann.
[18.42] Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube
hat dir geholfen.
[18.43] Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach
und pries Gott. Und alles Volk, das es sah, lobte Gott.
[19.1] Und er ging nach Jericho hinein und zog
hindurch.
[19.2] Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der
war ein Oberer der Zöllner und war reich.
[19.3] Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und
konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt.
[19.4] Und er lief voraus und stieg auf einen
Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen.
[19.5] Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und
sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muß
heute in deinem Haus einkehren.
[19.6] Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit
Freuden.
[19.7] Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen:
Bei einem Sünder ist er eingekehrt.
[19.8] Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe,
Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn
ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.
[19.9] Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause
Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn.
[19.10] Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und
selig zu machen, was verloren ist.
[Note: Von den anvertrauten Pfunden][Note: (Mt 25,14-30)][19.11]
Als sie nun zuhörten, sagte er ein weiteres Gleichnis; denn er
war nahe bei Jerusalem, und sie meinten, das Reich Gottes werde
sogleich offenbar werden.
[19.12] Und er sprach: Ein Fürst zog in ein fernes Land,
um ein Königtum zu erlangen und dann zurückzukommen.
[19.13] Der ließ zehn seiner Knechte rufen und gab ihnen
zehn Pfund und sprach zu ihnen: Handelt damit, bis ich
wiederkomme!
[19.14] Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten
eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen
nicht, daß dieser über uns herrsche.
[19.15] Und es begab sich, als er wiederkam, nachdem er
das Königtum erlangt hatte, da ließ er die Knechte rufen, denen
er das Geld gegeben hatte, um zu erfahren, was ein jeder
erhandelt hätte.
[19.16] Da trat der erste herzu und sprach: Herr, dein
Pfund hat zehn Pfund eingebracht.
[19.17] Und er sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger
Knecht; weil du im Geringsten treu gewesen bist, sollst du Macht
haben über zehn Städte.
[19.18] Der zweite kam auch und sprach: Herr, dein Pfund
hat fünf Pfund erbracht.
[19.19] Zu dem sprach er auch: Und du sollst über fünf
Städte sein.
[19.20] Und der dritte kam und sprach: Herr, siehe, hier
ist dein Pfund, das ich in einem Tuch verwahrt habe;
[19.21] denn ich fürchtete mich vor dir, weil du ein
harter Mann bist; du nimmst, was du nicht angelegt hast, und
erntest, was du nicht gesät hast.
[19.22] Er sprach zu ihm: Mit deinen eigenen Worten richte
ich dich, du böser Knecht. Wußtest du, daß ich ein harter Mann
bin, nehme, was ich nicht angelegt habe, und ernte, was ich nicht
gesät habe:
[19.23] warum hast du dann mein Geld nicht zur Bank
gebracht? Und wenn ich zurückgekommen wäre, hätte ich's mit
Zinsen eingefordert.
[19.24] Und er sprach zu denen, die dabeistanden: Nehmt
das Pfund von ihm und gebt's dem, der zehn Pfund hat.
[19.25] Und sie sprachen zu ihm: Herr, er hat doch schon
zehn Pfund.
[19.26] Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben
werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen
werden, was er hat.
[19.27] Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, daß
ich ihr König werde, bringt her und macht sie vor mir nieder.
[Note: Jesu Einzug in Jerusalem][Note: (Mt 21,1-11; Mk 11,1-10;
Joh 12,12-16)][19.28] Und als er das gesagt hatte, ging er
voran und zog hinauf nach Jerusalem.
[19.29] Und es begab sich, als er nahe von Betfage und
Betanien an den Berg kam, der Ölberg heißt, da sandte er zwei
Jünger
[19.30] und sprach: Geht hin in das Dorf, das vor uns
liegt. Und wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen
angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat;
bindet es los und bringt's her!
[19.31] Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es
los?, dann sagt: Der Herr bedarf seiner.
[19.32] Und die er gesandt hatte, gingen hin und fanden's,
wie er ihnen gesagt hatte.
[19.33] Als sie aber das Füllen losbanden, sprachen seine
Herren zu ihnen: Warum bindet ihr das Füllen los?
[19.34] Sie aber sprachen: Der Herr bedarf seiner.
[19.35] Und sie brachten's zu Jesus und warfen ihre
Kleider auf das Füllen und setzten Jesus darauf.
[19.36] Als er nun hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf
den Weg.
[19.37] Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war,
fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben
mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten,
[19.38] und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der
König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in
der Höhe!
[19.39] Und einige Pharisäer in der Menge sprachen zu
ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht!
[19.40] Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn
diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.
[Note: Jesus weint über Jerusalem][19.41] Und als er nahe
hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie
[19.42] und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser
Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist's vor deinen Augen
verborgen.
[19.43] Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da
werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern
und von allen Seiten bedrängen,
[19.44] und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt
deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in
dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du heimgesucht
worden bist.
[Note: Die Tempelreinigung][Note: (Mt 21,12-16; Mk 11,15-18; Joh
2,13-16)][19.45] Und er ging in den Tempel und fing an,
die Händler auszutreiben,
[19.46] und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben (Jesaja
56,7): "Mein Haus soll ein Bethaus sein"; ihr aber habt
es zur Räuberhöhle gemacht.
[19.47] Und er lehrte täglich im Tempel. Aber die
Hohenpriester und Schriftgelehrten und die Angesehensten des
Volkes trachteten danach, daß sie ihn umbrächten,
[19.48] und fanden nicht, wie sie es machen sollten; denn
das ganze Volk hing ihm an und hörte ihn.
[20.1] Und es begab sich eines Tages, als er das Volk
lehrte im Tempel und predigte das Evangelium, da traten zu ihm
die Hohenpriester und Schriftgelehrten mit den Ältesten
[20.2] und sprachen zu ihm: Sage uns, aus welcher
Vollmacht tust du das? oder wer hat dir diese Vollmacht gegeben?
[20.3] Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich will
euch auch eine Sache fragen; sagt mir:
[20.4] Die Taufe des Johannes - war sie vom Himmel oder
von Menschen?
[20.5] Sie aber bedachten's bei sich selbst und sprachen:
Sagen wir, vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm nicht
geglaubt?a
[20.6] Sagen wir aber, von Menschen, so wird uns alles
Volk steinigen; denn sie sind überzeugt, daß Johannes ein
Prophet war.
[20.7] Und sie antworteten, sie wüßten nicht, wo sie her
wäre.
[20.8] Und Jesus sprach zu ihnen: So sage ich euch auch
nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.
[Note: Von den bösen Weingärtnern][Note: (Mt 21,33-46; Mk
12,1-12)][20.9] Er fing aber an, dem Volk dies Gleichnis
zu sagen: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und verpachtete ihn
an Weingärtner und ging außer Landes für eine lange Zeit.
[20.10] Und als die Zeit kam, sandte er einen Knecht zu
den Weingärtnern, damit sie ihm seinen Anteil gäben an der
Frucht des Weinbergs. Aber die Weingärtner schlugen ihn und
schickten ihn mit leeren Händen fort.
[20.11] Und er sandte noch einen zweiten Knecht; sie aber
schlugen den auch und verhöhnten ihn und schickten ihn mit
leeren Händen fort.
[20.12] Und er sandte noch einen dritten; sie aber
schlugen auch den blutig und stießen ihn hinaus.
[20.13] Da sprach der Herr des Weinbergs: Was soll ich
tun? Ich will meinen lieben Sohn senden; vor dem werden sie sich
doch scheuen.
[20.14] Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, dachten
sie bei sich selbst und sprachen: Das ist der Erbe; laßt uns ihn
töten, damit das Erbe unser sei!
[20.15] Und sie stießen ihn hinaus vor den Weinberg und
töteten ihn. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun?
[20.16] Er wird kommen und diese Weingärtner umbringen
und seinen Weinberg andern geben. Als sie das hörten, sprachen
sie: Nur das nicht!
[20.17] Er aber sah sie an und sprach: Was bedeutet dann
das, was geschrieben steht (Psalm 118,22): "Der Stein, den
die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein
geworden"?
[20.18] Wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen;
auf wen er aber fällt, den wird er zermalmen.
[20.19] Und die Schriftgelehrten und Hohenpriester
trachteten danach, Hand an ihn zu legen noch in derselben Stunde,
und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie hatten
verstanden, daß er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte.
[Note: Die Frage nach der Steuer ("Der
Zinsgroschen")][Note: (Mt 22,15-22; Mk 12,13-17)][20.20]
Und sie belauerten ihn und sandten Leute aus, die sich stellen
sollten, als wären sie fromm; die sollten ihn fangen in seinen
Worten, damit man ihn überantworten könnte der Obrigkeit und
Gewalt des Statthalters.
[20.21] Und sie fragten ihn und sprachen: Meister, wir
wissen, daß du aufrichtig redest und lehrst und achtest nicht
das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes recht.
[20.22] Ist's recht, daß wir dem Kaiser Steuern zahlen
oder nicht?
[20.23] Er aber merkte ihre List und sprach zu ihnen:
[20.24] Zeigt mir einen Silbergroschen! Wessen Bild und
Aufschrift hat er? Sie sprachen: Des Kaisers.
[20.25] Er aber sprach zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was
des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!a
[20.26] Und sie konnten ihn in seinen Worten nicht fangen
vor dem Volk und wunderten sich über seine Antwort und schwiegen
still.
[Note: Die Frage nach der Auferstehung][Note: (Mt 22,23-33.46; Mk
12,18-27.34)][20.27] Da traten zu ihm einige der
Sadduzäer, die lehren, es gebe keine Auferstehung, und fragten
ihn und sprachen:
[20.28] Meister, Mose hat uns vorgeschrieben (5. Mose
25,5.6): "Wenn jemand stirbt, der eine Frau hat, aber keine
Kinder, so soll sein Bruder sie zur Frau nehmen und seinem Bruder
Nachkommen erwecken."
[20.29] Nun waren sieben Brüder. Der erste nahm eine Frau
und starb kinderlos.
[20.30] Und der zweite nahm sie,
[20.31] und der dritte; desgleichen alle sieben, sie
hinterließen keine Kinder und starben.
[20.32] Zuletzt starb auch die Frau.
[20.33] Nun in der Auferstehung: wessen Frau wird sie sein
unter ihnen? Denn alle sieben haben sie zur Frau gehabt.
[20.34] Und Jesus sprach zu ihnen: Die Kinder dieser Welt
heiraten und lassen sich heiraten;
[20.35] welche aber gewürdigt werden, jene Welt zu
erlangen und die Auferstehung von den Toten, die werden weder
heiraten noch sich heiraten lassen.
[20.36] Denn sie können hinfort auch nicht sterben; denn
sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, weil sie Kinder der
Auferstehung sind.
[20.37] Daß aber die Toten auferstehen, darauf hat auch
Mose gedeutet beim Dornbusch, wo er den Herrn nennt Gott Abrahams
und Gott Isaaks und Gott Jakobs (2. Mose 3,6).
[20.38] Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern
der Lebenden; denn ihm leben sie alle.
[20.39] Da antworteten einige der Schriftgelehrten und
sprachen: Meister, du hast recht geredet.
[20.40] Und sie wagten nicht mehr, ihn etwas zu fragen.
[Note: Die Frage nach dem Davidssohn][Note: (Mt 22,41-44; Mk
12,35-37)][20.41] Er sprach aber zu ihnen: Wieso sagen
sie, der Christus sei Davids Sohn?
[20.42] Denn David selbst sagt im Psalmbuch (Psalm 110,1):
"Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner
Rechten,
[20.43] bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße
mache."
[20.44] David nennt ihn also einen Herrn; wie ist er dann
sein Sohn?
[Note: Warnung vor den Schriftgelehrten][Note: (Mt 23,5-7)][20.45]
Als aber alles Volk zuhörte, sprach er zu seinen Jüngern:
[20.46] Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die es
lieben, in langen Gewändern einherzugehen, und lassen sich gern
grüßen auf dem Markt und sitzen gern obenan in den Synagogen
und bei Tisch;
[20.47] sie fressen die Häuser der Witwen und verrichten
zum Schein lange Gebete. Die werden ein um so härteres Urteil
empfangen.
[21.1] Er blickte aber auf und sah, wie die Reichen
ihre Opfer in den Gotteskasten einlegten.
[21.2] Er sah aber auch eine arme Witwe, die legte dort
zwei Scherflein ein.
[21.3] Und er sprach: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme
Witwe hat mehr als sie alle eingelegt.
[21.4] Denn diese alle haben etwas von ihrem Überfluß zu
den Opfern eingelegt; sie aber hat von ihrer Armut alles
eingelegt, was sie zum Leben hatte.
[Note: JESU REDE ÜBER DIE ENDZEIT][Note: (Verse 5-36)][Note: (Mt
24,1-36; Mk 13,1-32)][Note: Das Ende des Tempels][21.5]
Und als einige von dem Tempel sagten, daß er mit schönen
Steinen und Kleinoden geschmückt sei, sprach er:
[21.6] Es wird die Zeit kommen, in der von allem, was ihr
seht, nicht ein Stein auf dem andern gelassen wird, der nicht
zerbrochen werde.
[Note: Die Vorzeichen][21.7] Sie fragten ihn aber:
Meister, wann wird das geschehen? und was wird das Zeichen sein,
wenn das geschehen wird?
[21.8] Er aber sprach: Seht zu, laßt euch nicht
verführen. Denn viele werden kommen unter meinem Namen und
sagen: Ich bin's, und: Die Zeit ist herbeigekommen. - Folgt ihnen
nicht nach!
[21.9] Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und
Aufruhr, so entsetzt euch nicht. Denn das muß zuvor geschehen;
aber das Ende ist noch nicht so bald da.
[21.10] Dann sprach er zu ihnen: Ein Volk wird sich
erheben gegen das andere und ein Reich gegen das andere,
[21.11] und es werden geschehen große Erdbeben und hier
und dort Hungersnöte und Seuchen; auch werden Schrecknisse und
vom Himmel her große Zeichen geschehen.
[Note: Die Verfolgung der Gemeinde][21.12] Aber vor diesem
allen werden sie Hand an euch legen und euch verfolgen, und
werden euch überantworten den Synagogen und Gefängnissen und
euch vor Könige und Statthalter führen um meines Namens willen.
[21.13] Das wird euch widerfahren zu einem Zeugnis.
[21.14] So nehmt nun zu Herzen, daß ihr euch nicht vorher
sorgt, wie ihr euch verantworten sollt.
[21.15] Denn ich will euch Mund und Weisheit geben, der
alle eure Gegner nicht widerstehen noch widersprechen können.
[21.16] Ihr werdet aber verraten werden von Eltern,
Brüdern, Verwandten und Freunden; und man wird einige von euch
töten.
[21.17] Und ihr werdet gehaßt sein von jedermann um
meines Namens willen.
[21.18] Und kein Haar von eurem Haupt soll verloren gehen.
[21.19] Seid standhaft, und ihr werdet euer Leben
gewinnen. *
[Note: Das Ende Jerusalems][21.20] Wenn ihr aber sehen
werdet, daß Jerusalem von einem Heer belagert wird, dann
erkennt, daß seine Verwüstung nahe herbeigekommen ist.
[21.21] Alsdann, wer in Judäa ist, der fliehe ins
Gebirge, und wer in der Stadt ist, gehe hinaus, und wer auf dem
Lande ist, komme nicht herein.
[21.22] Denn das sind die Tage der Vergeltung, daß
erfüllt werde alles, was geschrieben ist.
[21.23] Weh aber den Schwangeren und den Stillenden in
jenen Tagen! Denn es wird große Not auf Erden sein und Zorn
über dies Volk kommen,
[21.24] und sie werden fallen durch die Schärfe des
Schwertes und gefangen weggeführt unter alle Völker, und
Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis die Zeiten
der Heiden erfüllt sind.
[Note: Das Kommen des Menschensohns][21.25] Und es werden
Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden
wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem
Brausen und Wogen des Meeres,
[21.26] und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in
Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn
die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
[21.27] Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn
kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
[21.28] Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht
auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
[Note: Vom Feigenbaum][21.29] Und er sagte ihnen ein
Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an:
[21.30] wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so
wißt ihr selber, daß jetzt der Sommer nahe ist.
[21.31] So auch ihr: wenn ihr seht, daß dies alles
geschieht, so wißt, daß das Reich Gottes nahe ist.
[Note: Ermahnung zur Wachsamkeit][21.32] Wahrlich, ich
sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles
geschieht.
[21.33] Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte
vergehen nicht.
[21.34] Hütet euch aber, daß eure Herzen nicht beschwert
werden mit Fressen und Saufen und mit täglichen Sorgen und
dieser Tag nicht plötzlich über euch komme wie ein Fallstrick;
[21.35] denn er wird über alle kommen, die auf der ganzen
Erde wohnen.
[21.36] So seid allezeit wach und betet, daß ihr stark
werdet, zu entfliehen diesem allen, was geschehen soll, und zu
stehen vor dem Menschensohn.
[21.37] Er lehrte des Tags im Tempel; des Nachts aber ging
er hinaus und blieb an dem Berg, den man den Ölberg nennt.
[21.38] Und alles Volk machte sich früh auf zu ihm, ihn
im Tempel zu hören.
[22.1] Es war aber nahe das Fest der Ungesäuerten
Brote, das Passa heißt.
[22.2] Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten
trachteten danach, wie sie ihn töten könnten; denn sie
fürchteten sich vor dem Volk.
[22.3] Es fuhr aber der Satan in Judas, genannt Iskariot,
der zur Zahl der Zwölf gehörte.
[22.4] Und er ging hin und redete mit den Hohenpriestern
und mit den Hauptleuten darüber, wie er ihn an sie verraten
könnte.
[22.5] Und sie wurden froh und versprachen, ihm Geld zu
geben.
[22.6] Und er sagte es zu und suchte eine Gelegenheit,
daß er ihn an sie verriete ohne Aufsehen.
[Note: Das Abendmahl][22.7] Es kam nun der Tag der
Ungesäuerten Brote, an dem man das Passalamm opfern mußte.
[22.8] Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht
hin und bereitet uns das Passalamm, damit wir's essen.
[22.9] Sie aber fragten ihn: Wo willst du, daß wir's
bereiten?
[22.10] Er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr hineinkommt in
die Stadt, wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen
Wasserkrug; folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht,
[22.11] und sagt zu dem Hausherrn: Der Meister läßt dir
sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit
meinen Jüngern?
[22.12] Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der
mit Polstern versehen ist; dort bereitet es.
[22.13] Sie gingen hin und fanden's, wie er ihnen gesagt
hatte, und bereiteten das Passalamm.
[22.14] Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und
die Apostel mit ihm.
[22.15] Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich
verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide.
[22.16] Denn ich sage euch, daß ich es nicht mehr essen
werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.
[22.17] Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt
ihn und teilt ihn unter euch;
[22.18] denn ich sage euch: Ich werde von nun an nicht
trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes
kommt.
[22.19] Und er nahm das Brot, dankte und brach's und gab's
ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird;
das tut zu meinem Gedächtnis.
[22.20] Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und
sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund* in meinem Blut, das für
euch vergossen wird! *Luther übersetzte: "das neue
Testament".
[22.21] Doch siehe, die Hand meines Verräters ist mit mir
am Tisch.
[22.22] Denn der Menschensohn geht zwar dahin, wie es
beschlossen ist; doch weh dem Menschen, durch den er verraten
wird!
[22.23] Und sie fingen an, untereinander zu fragen, wer es
wohl wäre unter ihnen, der das tun würde.
[Note: Gespräche mit den Jüngern][22.24] Es erhob sich
auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte
gelten solle.
[22.25] Er aber sprach zu ihnen: Die Könige herrschen
über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter
nennen.
[22.26] Ihr aber nicht so! Sondern der Größte unter euch
soll sein wie der Jüngste, und der Vornehmste wie ein Diener.
[22.27] Denn wer ist größer: der zu Tisch sitzt oder der
dient? Ist's nicht der, der zu Tisch sitzt? Ich aber bin unter
euch wie ein Diener.
[22.28] Ihr aber seid's, die ihr ausgeharrt habt bei mir
in meinen Anfechtungen.
[22.29] Und ich will euch das Reich zueignen, wie mir's
mein Vater zugeeignet hat,
[22.30] daß ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch
in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die zwölf
Stämme Israels.
[22.31] Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch
zu sieben wie den Weizen.
[22.32] Ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube
nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke
deine Brüder.
[22.33] Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit
dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.
[22.34] Er aber sprach: Petrus, ich sage dir: Der Hahn
wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, daß du
mich kennst.
[22.35] Und er sprach zu ihnen: Als ich euch ausgesandt
habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr da je
Mangel gehabt? Sie sprachen: Niemals.
[22.36] Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer einen
Geldbeutel hat, der nehme ihn, desgleichen auch die Tasche, und
wer's nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert.
[22.37] Denn ich sage euch: Es muß das an mir vollendet
werden, was geschrieben steht (Jesaja 53,12): "Er ist zu den
Übeltätern gerechnet worden." Denn was von mir geschrieben
ist, das wird vollendet.
[22.38] Sie sprachen aber: Herr, siehe, hier sind zwei
Schwerter. Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug.
[Note: Jesus in Gethsemane][22.39] Und er ging nach seiner
Gewohnheit hinaus an den Ölberg. Es folgten ihm aber auch die
Jünger.
[22.40] Und als er dahin kam, sprach er zu ihnen: Betet,
damit ihr nicht in Anfechtung fallt!
[22.41] Und er riß sich von ihnen los, etwa einen
Steinwurf weit, und kniete nieder, betete
[22.42] und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch
von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!
[22.43] Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und
stärkte ihn.
[22.44] Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und
sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.*
*Die Verse 43.44 finden sich in einigen wichtigen Textzeugen
nicht.
[22.45] Und er stand auf von dem Gebet und kam zu seinen
Jüngern und fand sie schlafend vor Traurigkeit
[22.46] und sprach zu ihnen: Was schlaft ihr? Steht auf
und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!
[Note: Jesu Gefangennahme][22.47] Als er aber noch redete,
siehe, da kam eine Schar; und einer von den Zwölfen, der mit dem
Namen Judas, ging vor ihnen her und nahte sich zu Jesus, um ihn
zu küssen.
[22.48] Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst du den
Menschensohn mit einem Kuß?
[22.49] Als aber, die um ihn waren, sahen, was geschehen
würde, sprachen sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert
dreinschlagen?
[22.50] Und einer von ihnen schlug nach dem Knecht des
Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab.
[22.51] Da sprach Jesus: Laßt ab! Nicht weiter! Und er
rührte sein Ohr an und heilte ihn.
[22.52] Jesus aber sprach zu den Hohenpriestern und
Hauptleuten des Tempels und den Ältesten, die zu ihm hergekommen
waren: Ihr seid wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit
Stangen ausgezogen.
[22.53] Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen, und
ihr habt nicht Hand an mich gelegt. Aber dies ist eure Stunde und
die Macht der Finsternis.
[Note: Die Verleugnung des Petrus][22.54] Sie ergriffen
ihn aber und führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des
Hohenpriesters. Petrus aber folgte von ferne.
[22.55] Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Hof und
setzten sich zusammen; und Petrus setzte sich mitten unter sie.
[22.56] Da sah ihn eine Magd am Feuer sitzen und sah ihn
genau an und sprach: Dieser war auch mit ihm.
[22.57] Er aber leugnete und sprach: Frau, ich kenne ihn
nicht.
[22.58] Und nach einer kleinen Weile sah ihn ein anderer
und sprach: Du bist auch einer von denen. Petrus aber sprach:
Mensch, ich bin's nicht.
[22.59] Und nach einer Weile, etwa nach einer Stunde,
bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrhaftig, dieser war
auch mit ihm; denn er ist ein Galiläer.
[22.60] Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was
du sagst. Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn.
[22.61] Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und
Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte:
Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
[22.62] Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.
[Note: Jesus vor dem Hohen Rat][22.63] Die Männer aber,
die Jesus gefangen hielten, verspotteten ihn und schlugen ihn,
[22.64] verdeckten sein Angesicht und fragten: Weissage,
wer ist's, der dich schlug?
[22.65] Und noch mit vielen andern Lästerungen schmähten
sie ihn.
[22.66] Und als es Tag wurde, versammelten sich die
Ältesten des Volkes, die Hohenpriester und Schriftgelehrten und
führten ihn vor ihren Rat
[22.67] und sprachen: Bist du der Christus, so sage es
uns! Er sprach aber zu ihnen: Sage ich's euch, so glaubt ihr's
nicht;
[22.68] frage ich aber, so antwortet ihr nicht.
[22.69] Aber von nun an wird der Menschensohn sitzen zur
Rechten der Kraft Gottes.
[22.70] Da sprachen sie alle: Bist du denn Gottes Sohn? Er
sprach zu ihnen: Ihr sagt es, ich bin es.
[22.71] Sie aber sprachen: Was bedürfen wir noch eines
Zeugnisses? Wir haben's selbst gehört aus seinem Munde.
[23.1] Und die ganze Versammlung stand auf, und sie
führten ihn vor Pilatus
[23.2] und fingen an, ihn zu verklagen, und sprachen: Wir
haben gefunden, daß dieser unser Volk aufhetzt und verbietet,
dem Kaiser Steuern zu geben, und spricht, er sei Christus, ein
König.
[23.3] Pilatus aber fragte ihn und sprach: Bist du der
Juden König? Er antwortete ihm und sprach: Du sagst es.
[23.4] Pilatus sprach zu den Hohenpriestern und zum Volk:
Ich finde keine Schuld an diesem Menschen.
[23.5] Sie aber wurden noch ungestümer und sprachen: Er
wiegelt das Volk auf damit, daß er lehrt hier und dort in ganz
Judäa, angefangen von Galiläa bis hierher.
[Note: Jesus vor Herodes][23.6] Als aber Pilatus das
hörte, fragte er, ob der Mensch aus Galiläa wäre.
[23.7] Und als er vernahm, daß er ein Untertan des
Herodes war, sandte er ihn zu Herodes, der in diesen Tagen auch
in Jerusalem war.
[23.8] Als aber Herodes Jesus sah, freute er sich sehr;
denn er hätte ihn längst gerne gesehen; denn er hatte von ihm
gehört und hoffte, er würde ein Zeichen von ihm sehen.
[23.9] Und er fragte ihn viel. Er aber antwortete ihm
nichts.
[23.10] Die Hohenpriester aber und Schriftgelehrten
standen dabei und verklagten ihn hart.
[23.11] Aber Herodes mit seinen Soldaten verachtete und
verspottete ihn, legte ihm ein weißes Gewand an und sandte ihn
zurück zu Pilatus.
[23.12] An dem Tag wurden Herodes und Pilatus Freunde;
denn vorher waren sie einander feind.
[Note: Jesu Verurteilung][23.13] Pilatus aber rief die
Hohenpriester und die Oberen und das Volk zusammen
[23.14] und sprach zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu
mir gebracht als einen, der das Volk aufwiegelt; und siehe, ich
habe ihn vor euch verhört und habe an diesem Menschen keine
Schuld gefunden, deretwegen ihr ihn anklagt;
[23.15] Herodes auch nicht, denn er hat ihn uns
zurückgesandt. Und siehe, er hat nichts getan, was den Tod
verdient.
[23.16] Darum will ich ihn schlagen lassen und losgeben.*
*Vers 17 findet sich erst in der späteren Überlieferung:
"Er mußte ihnen aber zum Fest einen Gefangenen
losgeben."
[23.17] Da schrien sie alle miteinander: Hinweg mit
diesem, gib uns Barabbas los!
[23.18] Der war wegen eines Aufruhrs, der in der Stadt
geschehen war, und wegen eines Mordes ins Gefängnis geworfen
worden.
[23.19] Da redete Pilatus abermals auf sie ein, weil er
Jesus losgeben wollte.
[23.20] Sie riefen aber: Kreuzige, kreuzige ihn!
[23.21] Er aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat
denn dieser Böses getan? Ich habe nichts an ihm gefunden, was
den Tod verdient; darum will ich ihn schlagen lassen und
losgeben.
[23.22] Aber sie setzten ihm zu mit großem Geschrei und
forderten, daß er gekreuzigt würde. Und ihr Geschrei nahm
überhand.
[23.23] Und Pilatus urteilte, daß ihre Bitte erfüllt
werde,
[23.24] und ließ den los, der wegen Aufruhr und Mord ins
Gefängnis geworfen war, um welchen sie baten; aber Jesus
übergab er ihrem Willen.
[Note: Jesu Weg nach Golgatha][23.25] Und als sie ihn
abführten, ergriffen sie einen Mann, Simon von Kyrene, der vom
Feld kam, und legten das Kreuz auf ihn, daß er's Jesus
nachtrüge.
[23.26] Es folgte ihm aber eine große Volksmenge und
Frauen, die klagten und beweinten ihn.
[23.27] Jesus aber wandte sich um zu ihnen und sprach: Ihr
Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint
über euch selbst und über eure Kinder.
[23.28] Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in der man
sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die
nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht genährt haben!a
[23.29] Dann werden sie anfangen, zu sagen zu den Bergen:
Fallt über uns! und zu den Hügeln: Bedeckt uns!a
[23.30] Denn wenn man das tut am grünen Holz, was wird am
dürren werden?a
[Note: Jesu Kreuzigung und Tod][23.31] Es wurden aber auch
andere hingeführt, zwei Übeltäter, daß sie mit ihm
hingerichtet würden.
[23.32] Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt
Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit
ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken.
[23.33] Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie
wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und
warfen das Los darum.
[23.34] Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen
spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich
selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes.
[23.35] Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten
herzu und brachten ihm Essig
[23.36] und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf
dir selber!
[23.37] Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies
ist der Juden König.
[23.38] Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen,
lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir
selbst und uns!
[23.39] Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du
fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher
Verdammnis bist?
[23.40] Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen,
was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes
getan.
[23.41] Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in
dein Reich kommst!
[23.42] Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir:
Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
[23.43] Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam
eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde,
[23.44] und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang
des Tempels riß mitten entzwei.
[23.45] Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen
Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
[23.46] Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries
er Gott und sprach: Fürwahr, dieser ist ein frommer Mensch
gewesen!
[23.47] Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute,
sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten
wieder um.
[23.48] Es standen aber alle seine Bekannten von ferne,
auch die Frauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und
sahen das alles.
[Note: Jesu Grablegung][23.49] Und siehe, da war ein Mann
mit Namen Josef, ein Ratsherr, der war ein guter, frommer Mann
[23.50] und hatte ihren Rat und ihr Handeln nicht
gebilligt. Er war aus Arimathäa, einer Stadt der Juden, und
wartete auf das Reich Gottes.
[23.51] Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu
[23.52] und nahm ihn ab, wickelte ihn in ein Leinentuch
und legte ihn in ein Felsengrab, in dem noch nie jemand gelegen
hatte.
[23.53] Und es war Rüsttag, und der Sabbat brach an.
[23.54] Es folgten aber die Frauen nach, die mit ihm
gekommen waren aus Galiläa, und beschauten das Grab und wie sein
Leib hineingelegt wurde.
[23.55] Sie kehrten aber um und bereiteten wohlriechende
Öle und Salben. Und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gesetz.
[24.1] Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen
sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie
bereitet hatten.
[24.2] Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab
[24.3] und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn
Jesus nicht.
[24.4] Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da
traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern.
[24.5] Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur
Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei
den Toten?
[24.6] Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt
daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war:
[24.7] Der Menschensohn muß überantwortet werden in die
Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage
auferstehen.
[24.8] Und sie gedachten an seine Worte.
[24.9] Und sie gingen wieder weg vom Grab und
verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen.
[24.10] Es waren aber Maria von Magdala und Johanna und
Maria, des Jakobus Mutter, und die andern mit ihnen; die sagten
das den Aposteln.
[24.11] Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's
Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.
[24.12] Petrus aber stand auf und lief zum Grab und
bückte sich hinein und sah nur die Leinentücher und ging davon
und wunderte sich über das, was geschehen war.
[Note: Die Emmausjünger][Note: (Mk 16,12.13)][24.13] Und
siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das
war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist
Emmaus.
[24.14] Und sie redeten miteinander von allen diesen
Geschichten.
[24.15] Und es geschah, als sie so redeten und sich
miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit
ihnen.
[24.16] Aber ihre Augen wurden gehalten, daß sie ihn
nicht erkannten.
[24.17] Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge,
die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig
stehen.
[24.18] Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und
sprach zu ihm: Bist du der einzige unter den Fremden in
Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen
ist?
[24.19] Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber
sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war,
mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk;
[24.20] wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur
Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
[24.21] Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen
werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, daß dies
geschehen ist.
[24.22] Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus
unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen,
[24.23] haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und
sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen,
er lebe.
[24.24] Und einige von uns gingen hin zum Grab und
fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
[24.25] Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen
Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!
[24.26] Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine
Herrlichkeit eingehen?
[24.27] Und er fing an bei Mose und allen Propheten und
legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.
[24.28] Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen.
Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.
[24.29] Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei
uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und
er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
[24.30] Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß,
nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen.
[24.31] Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten
ihn. Und er verschwand vor ihnen.
[24.32] Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht
unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die
Schrift öffnete?
[24.33] Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten
zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei
ihnen waren;
[24.34] die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden
und Simon erschienen.
[24.35] Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege
geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot
brach.
[Note: Jesu Erscheinung vor den Jüngern][Note: (Mk 16,14-19; Joh
20,19-23; Apg 1,1-14; 1. Kor 15,5)][24.36] Als sie aber
davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach
zu ihnen: Friede sei mit euch!
[24.37] Sie erschraken aber und fürchteten sich und
meinten, sie sähen einen Geist.
[24.38] Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so
erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?
[24.39] Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's
selber. Faßt mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch
und Knochen, wie ihr seht, daß ich sie habe.
[24.40] Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die
Hände und Füße.
[24.41] Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und
sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu
essen?
[24.42] Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch
vor.
[24.43] Und er nahm's und aß vor ihnen.
[24.44] Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die
ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muß alles
erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des
Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
[24.45] Da öffnete er ihnen das Verständnis, so daß sie
die Schrift verstanden,
[24.46] und sprach zu ihnen: So steht's geschrieben, daß
Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten
Tage;
[24.47] und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur
Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in
Jerusalem,
[24.48] und seid dafür Zeugen.
[24.49] Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein
Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis
ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.
[Note: Jesu Himmelfahrt][24.50] Er führte sie aber hinaus
bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.
[24.51] Und es geschah, als er sie segnete, schied er von
ihnen und fuhr auf gen Himmel.
[24.52] Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach
Jerusalem mit großer Freude
[24.53] und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.