[1.1] Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei
Gott, und Gott war das Wort.
[1.2] Dasselbe war im Anfang bei Gott.
[1.3] Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne
dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. *
[1.4] In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht
der Menschen.
[1.5] Und das Licht scheint in der Finsternis, und die
Finsternis hat's nicht ergriffen.
[1.6] Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß
Johannes.
[1.7] Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen,
damit sie alle durch ihn glaubten.
[1.8] Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von
dem Licht.
[1.9] Das war das wahre Licht, das alle Menschen
erleuchtet, die in diese Welt kommen.
[1.10] Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn
gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.
[1.11] Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn
nicht auf.
[1.12] Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht,
Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben,
[1.13] die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des
Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott
geboren sind. Weish 7,2
[1.14] Und das Wort ward Fleisch* und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des
eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
[1.15] Johannes gibt Zeugnis von ihm und ruft: Dieser war
es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir
gewesen ist; denn er war eher als ich.
[1.16] Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade
um Gnade.
[1.17] Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade
und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.
[1.18] Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der
Gott ist und in des Vaters Schoß ist,* der hat ihn uns
verkündigt.
[Note: (Mt 3,1-12; Mk 1,1-8; Lk 3,1-18)][1.19] Und dies
ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden zu ihm sandten
Priester und Leviten von Jerusalem, daß sie ihn fragten: Wer
bist du?
[1.20] Und er bekannte und leugnete nicht, und er
bekannte: Ich bin nicht der Christus.
[1.21] Und sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elia? Er
sprach: Ich bin's nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete:
Nein.
[1.22] Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du dann? daß wir
Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir
selbst?
[1.23] Er sprach: "Ich bin eine Stimme eines
Predigers in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn!", wie der
Prophet Jesaja gesagt hat (Jesaja 40,3).
[1.24] Und sie waren von den Pharisäern abgesandt,
[1.25] und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum
taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist noch Elia noch
der Prophet?
[1.26] Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit
Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht
kennt.
[1.27] Der wird nach mir kommen, und ich bin nicht wert,
daß ich seine Schuhriemen löse.
[1.28] Dies geschah in Betanien jenseits des Jordans, wo
Johannes taufte.
[Note: (Mt 3,13-17; Mk 1,9-11; Lk 3,21.22)][1.29] Am
nächsten Tag sieht Johannes, daß Jesus zu ihm kommt, und
spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!
[1.30] Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir
kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als
ich.
[1.31] Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er Israel
offenbart werde, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.
[1.32] Und Johannes bezeugte und sprach: Ich sah, daß der
Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm.
[1.33] Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich sandte, zu
taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf wen du siehst den Geist
herabfahren und auf ihm bleiben, der ist's, der mit dem heiligen
Geist tauft.
[1.34] Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist
Gottes Sohn.
[1.35] Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und
zwei seiner Jünger;
[1.36] und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er:
Siehe, das ist Gottes Lamm!
[1.37] Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten
Jesus nach.
[1.38] Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen,
und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm:
Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo ist deine Herberge?
[1.39] Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und
sahen's und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte
Stunde.
[1.40] Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten
und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon
Petrus.
[1.41] Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht
zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt:
der Gesalbte.
[1.42] Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah,
sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas
heißen, das heißt übersetzt: Fels.
[1.43] Am nächsten Tag wollte Jesus nach Galiläa gehen
und findet Philippus und spricht zu ihm: Folge mir nach!
[1.44] Philippus aber war aus Betsaida, der Stadt des
Andreas und Petrus.
[1.45] Philippus findet Nathanael und spricht zu ihm: Wir
haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten
geschrieben haben, Jesus, Josefs Sohn, aus Nazareth.
[1.46] Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann aus Nazareth
Gutes kommen! Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh es!
[1.47] Jesus sah Nathanael kommen und sagt von ihm: Siehe,
ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist.
[1.48] Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich?
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief,
als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.
[1.49] Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes
Sohn, du bist der König von Israel!a
[1.50] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst,
weil ich dir gesagt habe, daß ich dich gesehen habe unter dem
Feigenbaum. Du wirst noch Größeres als das sehen.
[1.51] Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage
euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes
hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.
[2.1] Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in
Galiläa, und die Mutter Jesu war da.
[2.2] Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit
geladen.
[2.3] Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu
ihm: Sie haben keinen Wein mehr.
[2.4] Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was
ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
[2.5] Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch
sagt, das tut.
[2.6] Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge
für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen
zwei oder drei Maße*.
[2.7] Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit
Wasser! Und sie füllten sie bis obenan.
[2.8] Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's
dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm.
[2.9] Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der
Wasser gewesen war, und nicht wußte, woher er kam - die Diener
aber wußten's, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der
Speisemeister den Bräutigam
[2.10] und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten
Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast
den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.
[2.11] Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen
in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und
seine Jünger glaubten an ihn.
[2.12] Danach ging Jesus hinab nach Kapernaum, er, seine
Mutter, seine Brüder und seine Jünger, und sie blieben nicht
lange da.
[Note: Die Tempelreinigung][Note: (Mt 21,12-17; Mk 11,15-19; Lk
19,45-48)][2.13] Und das Passafest der Juden war nahe, und
Jesus zog hinauf nach Jerusalem.
[2.14] Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder,
Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen.
[2.15] Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb
sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern und
schüttete den Wechslern das Geld aus und stieß die Tische um
[2.16] und sprach zu denen, die die Tauben verkauften:
Tragt das weg und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus!
[2.17] Seine Jünger aber dachten daran, daß geschrieben
steht (Psalm 69,10): "Der Eifer um dein Haus wird mich
fressen."
[2.18] Da fingen die Juden an und sprachen zu ihm: Was
zeigst du uns für ein Zeichen, daß du dies tun darfst?
[2.19] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen
Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.
[2.20] Da sprachen die Juden: Dieser Tempel ist in
sechsundvierzig Jahren erbaut worden, und du willst ihn in drei
Tagen aufrichten?
[2.21] Er aber redete von dem Tempel seines Leibes.
[2.22] Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten
seine Jünger daran, daß er dies gesagt hatte, und glaubten der
Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte.
[2.23] Als er aber am Passafest in Jerusalem war, glaubten
viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat.
[2.24] Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er
kannte sie alle
[2.25] und bedurfte nicht, daß ihm jemand Zeugnis gab vom
Menschen; denn er wußte, was im Menschen war.
[3.1] Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit
Namen Nikodemus, einer von den Oberen der Juden.
[3.2] Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm:
Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn
niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit
ihm.
[3.3] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich,
wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand von neuem
geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.
[3.4] Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch
geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner
Mutter Leib gehen und geboren werden?
[3.5] Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir:
Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so
kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
[3.6] Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und
was vom Geist geboren ist, das ist Geist.
[3.7] Wundere dich nicht, daß ich dir gesagt habe: Ihr
müßt von neuem geboren werden.
[3.8] Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein
Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er
fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.
[3.9] Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann
dies geschehen?
[3.10] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bist du Israels
Lehrer und weißt das nicht?
[3.11] Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was
wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben; ihr aber nehmt
unser Zeugnis nicht an.
[3.12] Glaubt ihr nicht, wenn ich euch von irdischen
Dingen sage, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch von
himmlischen Dingen sage?
[3.13] Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem,
der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.
[3.14] Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht
hat, so muß der Menschensohn erhöht werden,
[3.15] damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben
haben.
[3.16] Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen
eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht
verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
[3.17] Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt
gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn
gerettet werde.
[3.18] Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer
aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht
an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.
[3.19] Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die
Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr
als das Licht, denn ihre Werke waren böse.
[3.20] Wer Böses tut, der haßt das Licht und kommt nicht
zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden.
[3.21] Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht,
damit offenbar wird, daß seine Werke in Gott getan sind.
[Note: Das letzte Zeugnis des Täufers von Jesus][3.22]
Danach kam Jesus mit seinen Jüngern in das Land Judäa und blieb
dort eine Weile mit ihnen und taufte.
[3.23] Johannes aber taufte auch noch in Änon, nahe bei
Salim, denn es war da viel Wasser; und sie kamen und ließen sich
taufen.
[3.24] Denn Johannes war noch nicht ins Gefängnis
geworfen.
[3.25] Da erhob sich ein Streit zwischen den Jüngern des
Johannes und einem Juden über die Reinigung.
[3.26] Und sie kamen zu Johannes und sprachen zu ihm:
Meister, der bei dir war jenseits des Jordans, von dem du Zeugnis
gegeben hast, siehe, der tauft, und jedermann kommt zu ihm.
[3.27] Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann
nichts nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist.
[3.28] Ihr selbst seid meine Zeugen, daß ich gesagt habe:
Ich bin nicht der Christus, sondern vor ihm her gesandt.
[3.29] Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der
Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört,
freut sich sehr über die Stimme des Bräutigams. Diese meine
Freude ist nun erfüllt.
[3.30] Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.
[3.31] Der von oben her kommt, ist über allen. Wer von
der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der
vom Himmel kommt, der ist über allen
[3.32] und bezeugt, was er gesehen und gehört hat; und
sein Zeugnis nimmt niemand an.
[3.33] Wer es aber annimmt, der besiegelt, daß Gott
wahrhaftig ist.
[3.34] Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte;
denn Gott gibt den Geist ohne Maß.
[3.35] Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in
seine Hand gegeben.
[3.36] Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.
Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht
sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.
[4.1] Als nun Jesus erfuhr, daß den Pharisäern zu
Ohren gekommen war, daß er mehr zu Jüngern machte und taufte
als Johannes
[4.2] - obwohl Jesus nicht selber taufte, sondern seine
Jünger -,
[4.3] verließ er Judäa und ging wieder nach Galiläa.
[4.4] Er mußte aber durch Samarien reisen.
[4.5] Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt
Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab.
[4.6] Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus
müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war
um die sechste Stunde.
[4.7] Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu
schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken!
[4.8] Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um
Essen zu kaufen.
[4.9] Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du
bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich
eine samaritische Frau? Denn die Juden haben keine Gemeinschaft
mit den Samaritern. -
[4.10] Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du
erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib
mir zu trinken!, du bätest ihn, und der gäbe dir lebendiges
Wasser.
[4.11] Spricht zu ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts,
womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher
hast du dann lebendiges Wasser?
[4.12] Bist du mehr als unser Vater Jakob, der uns diesen
Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder
und sein Vieh.
[4.13] Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem
Wasser trinkt, den wird wieder dürsten;
[4.14] wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm
gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser,
das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers
werden, das in das ewige Leben quillt.
[4.15] Spricht die Frau zu ihm: Herr, gib mir solches
Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muß,
um zu schöpfen!
[4.16] Jesus spricht zu ihr: Geh hin, ruf deinen Mann und
komm wieder her!
[4.17] Die Frau antwortete und sprach zu ihm: Ich habe
keinen Mann. Jesus spricht zu ihr: Du hast recht geantwortet: Ich
habe keinen Mann.
[4.18] Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt
hast, ist nicht dein Mann; das hast du recht gesagt.
[4.19] Die Frau spricht zu ihm: Herr, ich sehe, daß du
ein Prophet bist.
[4.20] Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und
ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll.
[4.21] Jesus spricht zu ihr: Glaube mir, Frau, es kommt
die Zeit, daß ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den
Vater anbeten werdet.
[4.22] Ihr wißt nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber,
was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden.
[4.23] Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, in der
die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der
Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben.
[4.24] Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen
ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.
[4.25] Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, daß der
Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er
uns alles verkündigen.
[4.26] Jesus spricht zu ihr: Ich bin's, der mit dir redet.
[4.27] Unterdessen kamen seine Jünger, und sie wunderten
sich, daß er mit einer Frau redete; doch sagte niemand: Was
fragst du? oder: Was redest du mit ihr?
[4.28] Da ließ die Frau ihren Krug stehen und ging in die
Stadt und spricht zu den Leuten:
[4.29] Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt
hat, was ich getan habe, ob er nicht der Christus sei!
[4.30] Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu
ihm.
[4.31] Inzwischen mahnten ihn die Jünger und sprachen:
Rabbi, iß!
[4.32] Er aber sprach zu ihnen: Ich habe eine Speise zu
essen, von der ihr nicht wißt.
[4.33] Da sprachen die Jünger untereinander: Hat ihm
jemand zu essen gebracht?
[4.34] Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist die, daß
ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende
sein Werk.
[4.35] Sagt ihr nicht selber: Es sind noch vier Monate,
dann kommt die Ernte? Siehe, ich sage euch: Hebt eure Augen auf
und seht auf die Felder, denn sie sind reif zur Ernte.
[4.36] Wer erntet, empfängt schon seinen Lohn und sammelt
Frucht zum ewigen Leben, damit sich miteinander freuen, der da
sät und der da erntet.
[4.37] Denn hier ist der Spruch wahr: Der eine sät, der
andere erntet.
[4.38] Ich habe euch gesandt, zu ernten, wo ihr nicht
gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und euch ist ihre
Arbeit zugute gekommen.
[4.39] Es glaubten aber an ihn viele der Samariter aus
dieser Stadt um der Rede der Frau willen, die bezeugte: Er hat
mir alles gesagt, was ich getan habe.
[4.40] Als nun die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn,
bei ihnen zu bleiben; und er blieb zwei Tage da.
[4.41] Und noch viel mehr glaubten um seines Wortes willen
[4.42] und sprachen zu der Frau: Von nun an glauben wir
nicht mehr um deiner Rede willen; denn wir haben selber gehört
und erkannt: Dieser ist wahrlich der Welt Heiland.
[Note: Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten][Note: (Mt
8,5-13; Lk 7,1-10)][4.43] Aber nach zwei Tagen ging er von
dort weiter nach Galiläa.
[4.44] Denn er selber, Jesus, bezeugte, daß ein Prophet
daheim nichts gilt.
[4.45] Als er nun nach Galiläa kam, nahmen ihn die
Galiläer auf, die alles gesehen hatten, was er in Jerusalem auf
dem Fest getan hatte; denn sie waren auch zum Fest gekommen.
[4.46] Und Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er
das Wasser zu Wein gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst
des Königs; dessen Sohn lag krank in Kapernaum.
[4.47] Dieser hörte, daß Jesus aus Judäa nach Galiläa
kam, und ging hin zu ihm und bat ihn, herabzukommen und seinem
Sohn zu helfen; denn der war todkrank.
[4.48] Und Jesus sprach zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und
Wunder seht, so glaubt ihr nicht.
[4.49] Der Mann sprach zu ihm: Herr, komm herab, ehe mein
Kind stirbt!
[4.50] Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der
Mensch glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin.
[4.51] Und während er hinabging, begegneten ihm seine
Knechte und sagten: Dein Kind lebt.
[4.52] Da erforschte er von ihnen die Stunde, in der es
besser mit ihm geworden war. Und sie antworteten ihm: Gestern um
die siebente Stunde verließ ihn das Fieber.
[4.53] Da merkte der Vater, daß es die Stunde war, in der
Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt. Und er glaubte mit
seinem ganzen Hause.
[4.54] Das ist nun das zweite Zeichen, das Jesus tat, als
er aus Judäa nach Galiläa kam.
[5.1] Danach war ein Fest der Juden, und Jesus zog
hinauf nach Jerusalem.
[5.2] Es ist aber in Jerusalem beim Schaftor ein Teich,
der heißt auf hebräisch Betesda. Dort sind fünf Hallen;
[5.3] in denen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme,
Ausgezehrte.* *Die Verse 3b.4 finden sich erst in der späteren
Überlieferung: "Sie warteten darauf, daß sich das Wasser
bewegte. 1.9
[5.4] Denn der Engel des Herrn fuhr von Zeit zu Zeit herab
in den Teich und bewegte das Wasser. Wer nun zuerst hineinstieg,
nachdem sich das Wasser bewegt hatte, der wurde gesund, an
welcher Krankheit er auch litt."
[5.5] Es war aber dort ein Mensch, der lag achtunddreißig
Jahre krank.
[5.6] Als Jesus den liegen sah und vernahm, daß er schon
so lange gelegen hatte, spricht er zu ihm: Willst du gesund
werden?
[5.7] Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen
Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich
bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir
hinein.
[5.8] Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und
geh hin!
[5.9] Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein
Bett und ging hin. Es war aber an dem Tag Sabbat.
[5.10] Da sprachen die Juden zu dem, der gesund geworden
war: Es ist heute Sabbat; du darfst dein Bett nicht tragen.
[5.11] Er antwortete ihnen: Der mich gesund gemacht hat,
sprach zu mir: Nimm dein Bett und geh hin!
[5.12] Da fragten sie ihn: Wer ist der Mensch, der zu dir
gesagt hat: Nimm dein Bett und geh hin?
[5.13] Der aber gesund geworden war, wußte nicht, wer es
war; denn Jesus war entwichen, da so viel Volk an dem Ort war.
[5.14] Danach fand ihn Jesus im Tempel und sprach zu ihm:
Siehe, du bist gesund geworden; sündige hinfort nicht mehr, daß
dir nicht etwas Schlimmeres widerfahre.
[5.15] Der Mensch ging hin und berichtete den Juden, es
sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe.
[5.16] Darum verfolgten die Juden Jesus, weil er dies am
Sabbat getan hatte.
[5.17] Jesus aber antwortete ihnen: Mein Vater wirkt bis
auf diesen Tag, und ich wirke auch.
[5.18] Darum trachteten die Juden noch viel mehr danach,
ihn zu töten, weil er nicht allein den Sabbat brach, sondern
auch sagte, Gott sei sein Vater, und machte sich selbst Gott
gleich.
[Note: Die Vollmacht des Sohnes][5.19] Da antwortete Jesus
und sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn
kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun
sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.
[5.20] Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm
alles, was er tut, und wird ihm noch größere Werke zeigen, so
daß ihr euch verwundern werdet.
[5.21] Denn wie der Vater die Toten auferweckt und macht
sie lebendig, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will.
[5.22] Denn der Vater richtet niemand, sondern hat alles
Gericht dem Sohn übergeben,
[5.23] damit sie alle den Sohn ehren, wie sie den Vater
ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt den Vater nicht, der ihn
gesandt hat.
[5.24] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort
hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige
Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum
Leben hindurchgedrungen.
[5.25] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die
Stunde und ist schon jetzt, daß die Toten hören werden die
Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden
leben.
[5.26] Denn wie der Vater das Leben hat in sich selber, so
hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selber;
[5.27] und er hat ihm Vollmacht gegeben, das Gericht zu
halten, weil er der Menschensohn ist.
[5.28] Wundert euch darüber nicht. Denn es kommt die
Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme
hören werden,
[5.29] und werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur
Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur
Auferstehung des Gerichts. Dan 12,2; Mt 25,46; 2. Kor 5,10
[5.30] Ich kann nichts von mir aus tun. Wie ich höre, so
richte ich, und mein Gericht ist gerecht; denn ich suche nicht
meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.
[Note: Das Zeugnis für den Sohn][5.31] Wenn ich von mir
selbst zeuge, so ist mein Zeugnis nicht wahr.
[5.32] Ein anderer ist's, der von mir zeugt; und ich
weiß, daß das Zeugnis wahr ist, das er von mir gibt.
[5.33] Ihr habt zu Johannes geschickt, und er hat die
Wahrheit bezeugt.
[5.34] Ich aber nehme nicht Zeugnis von einem Menschen;
sondern ich sage das, damit ihr selig werdet.
[5.35] Er war ein brennendes und scheinendes Licht; ihr
aber wolltet eine kleine Weile fröhlich sein in seinem Licht.
[5.36] Ich aber habe ein größeres Zeugnis als das des
Johannes; denn die Werke, die mir der Vater gegeben hat, damit
ich sie vollende, eben diese Werke, die ich tue, bezeugen von
mir, daß mich der Vater gesandt hat.
[5.37] Und der Vater, der mich gesandt hat, hat von mir
Zeugnis gegeben. Ihr habt niemals seine Stimme gehört noch seine
Gestalt gesehen,
[5.38] und sein Wort habt ihr nicht in euch wohnen; denn
ihr glaubt dem nicht, den er gesandt hat.
[5.39] Ihr sucht in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt
das ewige Leben darin; und sie ist's, die von mir zeugt;
[5.40] aber ihr wollt nicht zu mir kommen, daß ihr das
Leben hättet.
[5.41] Ich nehme nicht Ehre von Menschen;
[5.42] aber ich kenne euch, daß ihr nicht Gottes Liebe in
euch habt.
[5.43] Ich bin gekommen in meines Vaters Namen, und ihr
nehmt mich nicht an. Wenn ein anderer kommen wird in seinem
eigenen Namen, den werdet ihr annehmen.
[5.44] Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander
annehmt, und die Ehre, die von dem alleinigen Gott ist, sucht ihr
nicht?
[5.45] Ihr sollt nicht meinen, daß ich euch vor dem Vater
verklagen werde; es ist einer, der euch verklagt: Mose, auf den
ihr hofft.
[5.46] Wenn ihr Mose glaubtet, so glaubtet ihr auch mir;
denn er hat von mir geschrieben.
[5.47] Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie
werdet ihr meinen Worten glauben?a
[6.1] Danach fuhr Jesus weg über das Galiläische
Meer, das auch See von Tiberias heißt.
[6.2] Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen
sahen, die er an den Kranken tat.
[6.3] Jesus aber ging auf einen Berg und setzte sich dort
mit seinen Jüngern.
[6.4] Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden.
[6.5] Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, daß viel
Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot,
damit diese zu essen haben?
[6.6] Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wußte
wohl, was er tun wollte.
[6.7] Philippus antwortete ihm: Für zweihundert
Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, daß jeder ein
wenig bekomme.
[6.8] Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der
Bruder des Simon Petrus:
[6.9] Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und
zwei Fische; aber was ist das für so viele?
[6.10] Jesus aber sprach: Laßt die Leute sich lagern. Es
war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend
Männer.
[6.11] Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie
denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den
Fischen, soviel sie wollten.
[6.12] Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen
Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt.
[6.13] Da sammelten sie und füllten von den fünf
Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die denen übrigblieben,
die gespeist worden waren.
[6.14] Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus
tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt
kommen soll.
[6.15] Als Jesus nun merkte, daß sie kommen würden und
ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf
den Berg, er selbst allein.
[Note: Jesus auf dem See][Note: (Mt 14,22-33; Mk 6,45-52)][6.16]
Am Abend aber gingen seine Jünger hinab an den See,
[6.17] stiegen in ein Boot und fuhren über den See nach
Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und Jesus war noch
nicht zu ihnen gekommen.
[6.18] Und der See wurde aufgewühlt von einem starken
Wind.
[6.19] Als sie nun etwa eine Stunde gerudert hatten, sahen
sie Jesus auf dem See gehen und nahe an das Boot kommen; und sie
fürchteten sich.
[6.20] Er aber sprach zu ihnen: Ich bin's; fürchtet euch
nicht!
[6.21] Da wollten sie ihn ins Boot nehmen; und sogleich
war das Boot am Land, wohin sie fahren wollten.
[Note: Jesus das Brot des Lebens][6.22] Am nächsten Tag
sah das Volk, das am andern Ufer des Sees stand, daß kein
anderes Boot da war als das eine, und daß Jesus nicht mit seinen
Jüngern in das Boot gestiegen war, sondern seine Jünger waren
allein weggefahren.
[6.23] Es kamen aber andere Boote von Tiberias nahe an den
Ort, wo sie das Brot gegessen hatten unter der Danksagung des
Herrn.
[6.24] Als nun das Volk sah, daß Jesus nicht da war und
seine Jünger auch nicht, stiegen sie in die Boote und fuhren
nach Kapernaum und suchten Jesus.
[6.25] Und als sie ihn fanden am andern Ufer des Sees,
fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hergekommen?
[6.26] Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen
gesehen habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und
satt geworden seid.
[6.27] Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist,
sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der
Menschensohn geben; denn auf dem ist das Siegel Gottes des
Vaters.
[6.28] Da fragten sie ihn: Was sollen wir tun, daß wir
Gottes Werke wirken?
[6.29] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist
Gottes Werk, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat.
[6.30] Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein
Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust
du?
[6.31] Unsre Väter haben in der Wüste das Manna
gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 79,24): "Er gab ihnen
Brot vom Himmel zu essen."a
[6.32] Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich
sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben,
sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.
[6.33] Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und
gibt der Welt das Leben.
[6.34] Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit
solches Brot.
[6.35] Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des
Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich
glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
[6.36] Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt mich gesehen
und glaubt doch nicht.
[6.37] Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir;
und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
[6.38] Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich
meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt
hat.
[6.39] Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt
hat, daß ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat,
sondern daß ich's auferwecke am Jüngsten Tage.
[6.40] Denn das ist der Wille meines Vaters, daß, wer den
Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde
ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
[6.41] Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich
bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist,
[6.42] und sprachen: Ist dieser nicht Jesus, Josefs Sohn,
dessen Vater und Mutter wir kennen? Wieso spricht er dann: Ich
bin vom Himmel gekommen?
[6.43] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Murrt nicht
untereinander.
[6.44] Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn
ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn
auferwecken am Jüngsten Tage.
[6.45] Es steht geschrieben in den Propheten (Jesaja
54,13): "Sie werden alle von Gott gelehrt sein." Wer es
vom Vater hört und lernt, der kommt zu mir.
[6.46] Nicht als ob jemand den Vater gesehen hätte außer
dem, der von Gott gekommen ist; der hat den Vater gesehen.
[6.47] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der
hat das ewige Leben.
[6.48] Ich bin das Brot des Lebens.
[6.49] Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen
und sind gestorben.
[6.50] Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer
davon ißt, nicht sterbe.
[6.51] Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen
ist. Wer von diesem Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit. Und
dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben
der Welt.
[6.52] Da stritten die Juden untereinander und sagten: Wie
kann der uns sein Fleisch zu essen geben?
[6.53] Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage
euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohns eßt und sein
Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch.
[6.54] Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat
das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.
[6.55] Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein
Blut ist der wahre Trank.
[6.56] Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der
bleibt in mir und ich in ihm.
[6.57] Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich
lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich ißt, leben um
meinetwillen.
[6.58] Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es
ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben
sind. Wer dies Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit.
[6.59] Das sagte er in der Synagoge, als er in Kapernaum
lehrte.
[Note: Scheidung unter den Jüngern][6.60] Viele nun
seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte
Rede; wer kann sie hören?
[6.61] Da Jesus aber bei sich selbst merkte, daß seine
Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ärgert euch das?
[6.62] Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschensohn
auffahren dahin, wo er zuvor war?
[6.63] Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch*
ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die
sind Geist und sind Leben.
[6.64] Aber es gibt einige unter euch, die glauben nicht.
Denn Jesus wußte von Anfang an, wer die waren, die nicht
glaubten, und wer ihn verraten würde.
[6.65] Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand
kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben.
[Note: Das Bekenntnis des Petrus][6.66] Von da an wandten
sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit
ihm.
[6.67] Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt ihr auch
weggehen?
[6.68] Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen
wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens;
[6.69] und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der
Heilige Gottes.
[6.70] Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf
erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel.
[6.71] Er redete aber von Judas, dem Sohn des Simon
Iskariot. Der verriet ihn hernach und war einer der Zwölf.
[7.1] Danach zog Jesus umher in Galiläa; denn er
wollte nicht in Judäa umherziehen, weil ihm die Juden nach dem
Leben trachteten.
[7.2] Es war aber nahe das Laubhüttenfest der Juden.
[7.3] Da sprachen seine Brüder zu ihm: Mach dich auf von
hier und geh nach Judäa, damit auch deine Jünger die Werke
sehen, die du tust.
[7.4] Niemand tut etwas im Verborgenen und will doch
öffentlich etwas gelten. Willst du das, so offenbare dich vor
der Welt.
[7.5] Denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.
[7.6] Da spricht Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht
da, eure Zeit ist allewege.
[7.7] Die Welt kann euch nicht hassen. Mich aber haßt
sie, denn ich bezeuge von ihr, daß ihre Werke böse sind.
[7.8] Geht ihr hinauf zum Fest! Ich will nicht hinaufgehen
zu diesem Fest, denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt.
[7.9] Das sagte er und blieb in Galiläa.
[7.10] Als aber seine Brüder hinaufgegangen waren zum
Fest, da ging auch er hinauf, nicht öffentlich, sondern
heimlich.
[7.11] Da suchten ihn die Juden auf dem Fest und fragten:
Wo ist er?
[7.12] Und es war ein großes Gemurmel über ihn im Volk.
Einige sprachen: Er ist gut; andere aber sprachen: Nein, sondern
er verführt das Volk.
[7.13] Niemand aber redete offen über ihn aus Furcht vor
den Juden.
[Note: Jesus auf dem Fest][7.14] Aber mitten im Fest ging
Jesus hinauf in den Tempel und lehrte.
[7.15] Und die Juden verwunderten sich und sprachen: Wie
kann dieser die Schrift verstehen, wenn er es doch nicht gelernt
hat?a
[7.16] Jesus antwortete ihnen und sprach: Meine Lehre ist
nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat.
[7.17] Wenn jemand dessen Willen tun will, wird er
innewerden, ob diese Lehre von Gott ist oder ob ich von mir
selbst aus rede.
[7.18] Wer von sich selbst aus redet, der sucht seine
eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat,
der ist wahrhaftig, und keine Ungerechtigkeit ist in ihm.
[7.19] Hat euch nicht Mose das Gesetz gegeben? Und niemand
unter euch tut das Gesetz. Warum sucht ihr mich zu töten?
[7.20] Das Volk antwortete: Du bist besessen; wer sucht
dich zu töten?
[7.21] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ein einziges
Werk habe ich getan, und es wundert euch alle.
[7.22] Mose hat euch doch die Beschneidung gegeben - nicht
daß sie von Mose kommt, sondern von den Vätern -, und ihr
beschneidet den Menschen auch am Sabbat.
[7.23] Wenn nun ein Mensch am Sabbat die Beschneidung
empfängt, damit nicht das Gesetz des Mose gebrochen werde, was
zürnt ihr dann mir, weil ich am Sabbat den ganzen Menschen
gesund gemacht habe?
[7.24] Richtet nicht nach dem, was vor Augen ist, sondern
richtet gerecht.
[7.25] Da sprachen einige aus Jerusalem: Ist das nicht
der, den sie zu töten suchen?
[7.26] Und siehe, er redet frei und offen, und sie sagen
ihm nichts. Sollten unsere Oberen nun wahrhaftig erkannt haben,
daß er der Christus ist?
[7.27] Doch wir wissen, woher dieser ist; wenn aber der
Christus kommen wird, so wird niemand wissen, woher er ist.
[7.28] Da rief Jesus, der im Tempel lehrte: Ihr kennt mich
und wißt, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich
gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat,
den ihr nicht kennt.
[7.29] Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er
hat mich gesandt.
[7.30] Da suchten sie ihn zu ergreifen; aber niemand legte
Hand an ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.
[7.31] Aber viele aus dem Volk glaubten an ihn und
sprachen: Wenn der Christus kommen wird, wird er etwa mehr
Zeichen tun, als dieser getan hat?
[7.32] Und es kam den Pharisäern zu Ohren, daß im Volk
solches Gemurmel über ihn war. Da sandten die Hohenpriester und
Pharisäer Knechte aus, die ihn ergreifen sollten.
[7.33] Da sprach Jesus zu ihnen: Ich bin noch eine kleine
Zeit bei euch, und dann gehe ich hin zu dem, der mich gesandt
hat.
[7.34] Ihr werdet mich suchen und nicht finden; und wo ich
bin, könnt ihr nicht hinkommen.
[7.35] Da sprachen die Juden untereinander: Wo will dieser
hingehen, daß wir ihn nicht finden könnten? Will er zu denen
gehen, die in der Zerstreuung unter den Griechen wohnen, und die
Griechen lehren?
[7.36] Was ist das für ein Wort, daß er sagt: Ihr werdet
mich suchen und nicht finden; und wo ich bin, da könnt ihr nicht
hinkommen ?
[7.37] Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste
war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir
und trinke!
[7.38] Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von
dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
[7.39] Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen
sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da;
denn Jesus war noch nicht verherrlicht.
[Note: Zwiespalt im Volk][7.40] Einige nun aus dem Volk,
die diese Worte hörten, sprachen: Dieser ist wahrhaftig der
Prophet.
[7.41] Andere sprachen: Er ist der Christus. Wieder andere
sprachen: Soll der Christus aus Galiläa kommen?
[7.42] Sagt nicht die Schrift: aus dem Geschlecht Davids
und aus dem Ort Bethlehem, wo David war, soll der Christus
kommen?
[7.43] So entstand seinetwegen Zwietracht im Volk.
[7.44] Es wollten aber einige ihn ergreifen; aber niemand
legte Hand an ihn.
[7.45] Die Knechte kamen zu den Hohenpriestern und
Pharisäern; und die fragten sie: Warum habt ihr ihn nicht
gebracht?
[7.46] Die Knechte antworteten: Noch nie hat ein Mensch so
geredet wie dieser.
[7.47] Da antworteten ihnen die Pharisäer: Habt ihr euch
auch verführen lassen?
[7.48] Glaubt denn einer von den Oberen oder Pharisäern
an ihn?
[7.49] Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß;
verflucht ist es.
[7.50] Spricht zu ihnen Nikodemus, der vormals zu ihm
gekommen war und der einer von ihnen war:
[7.51] Richtet denn unser Gesetz einen Menschen, ehe man
ihn verhört und erkannt hat, was er tut?a
[7.52] Sie antworteten und sprachen zu ihm: Bist du auch
ein Galiläer? Forsche und sieh: Aus Galiläa steht kein Prophet
auf.
[Note: Jesus und die Ehebrecherin][7.53] Und jeder ging
heim.* *Der Bericht 7,53-8,11 ist in den ältesten Textzeugen des
Johannes-Evangeliums nicht enthalten.
[8.1] Jesus aber ging zum Ölberg.
[8.2] Und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und
alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie.
[8.3] Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten
eine Frau zu ihm, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in
die Mitte
[8.4] und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf
frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden.
[8.5] Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen
zu steinigen. Was sagst du?
[8.6] Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn
verklagen könnten. Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem
Finger auf die Erde.
[8.7] Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er
sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der
werfe den ersten Stein auf sie.
[8.8] Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.
[8.9] Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach
dem andern, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der
Frau, die in der Mitte stand.
[8.10] Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo
sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt?
[8.11] Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So
verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht
mehr.
[Note: Jesus das Licht der Welt][8.12] Da redete Jesus
abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir
nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird
das Licht des Lebens haben.
[8.13] Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis
von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr.
[8.14] Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich
von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß,
woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wißt nicht,
woher ich komme oder wohin ich gehe.
[8.15] Ihr richtet nach dem Fleisch*, ich richte niemand.
[8.16] Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht;
denn ich bin's nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich
gesandt hat.
[8.17] Auch steht in eurem Gesetz geschrieben, daß zweier
Menschen Zeugnis wahr sei.
[8.18] Ich bin's, der von sich selbst zeugt; und der
Vater, der mich gesandt hat, zeugt auch von mir.
[8.19] Da fragten sie ihn: Wo ist dein Vater? Jesus
antwortete: Ihr kennt weder mich noch meinen Vater; wenn ihr mich
kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater.
[8.20] Diese Worte redete Jesus an dem Gotteskasten, als
er lehrte im Tempel; und niemand ergriff ihn, denn seine Stunde
war noch nicht gekommen.
[Note: Jesu Weg zur Erhöhung][8.21] Da sprach Jesus
abermals zu ihnen: Ich gehe hinweg, und ihr werdet mich suchen
und in eurer Sünde sterben. Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht
hinkommen.
[8.22] Da sprachen die Juden: Will er sich denn selbst
töten, daß er sagt: Wohin ich gehe, da könnt ihr nicht
hinkommen?
[8.23] Und er sprach zu ihnen: Ihr seid von unten her, ich
bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von
dieser Welt.
[8.24] Darum habe ich euch gesagt, daß ihr sterben werdet
in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, daß ich es bin,
werdet ihr sterben in euren Sünden.
[8.25] Da fragten sie ihn: Wer bist du denn? Und Jesus
sprach zu ihnen: Zuerst das, was ich euch auch sage.
[8.26] Ich habe viel von euch zu reden und zu richten.
Aber der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und was ich von ihm
gehört habe, das rede ich zu der Welt.
[8.27] Sie verstanden aber nicht, daß er zu ihnen vom
Vater sprach.
[8.28] Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn
erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin und
nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt
hat, so rede ich.
[8.29] Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er läßt
mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt.
[Note: Die wahre Freiheit][8.30] Als er das sagte,
glaubten viele an ihn.
[8.31] Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn
glaubten: Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr
wahrhaftig meine Jünger
[8.32] und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit
wird euch frei machen.
[8.33] Da antworteten sie ihm: Wir sind Abrahams Kinder
und sind niemals jemandes Knecht gewesen. Wie sprichst du dann:
Ihr sollt frei werden?
[8.34] Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, der ist der Sünde
Knecht.
[8.35] Der Knecht bleibt nicht ewig im Haus; der Sohn
bleibt ewig.
[8.36] Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr
wirklich frei.
[Note: Abrahamskinder und Teufelskinder][8.37] Ich weiß
wohl, daß ihr Abrahams Kinder seid; aber ihr sucht mich zu
töten, denn mein Wort findet bei euch keinen Raum.
[8.38] Ich rede, was ich von meinem Vater gesehen habe;
und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt.
[8.39] Sie antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist
unser Vater. Spricht Jesus zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder
wärt, so tätet ihr Abrahams Werke.
[8.40] Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen,
der euch die Wahrheit gesagt hat, wie ich sie von Gott gehört
habe. Das hat Abraham nicht getan.
[8.41] Ihr tut die Werke eures Vaters. Da sprachen sie zu
ihm: Wir sind nicht unehelich geboren; wir haben einen Vater:
Gott.
[8.42] Jesus sprach zu ihnen: Wäre Gott euer Vater, so
liebtet ihr mich; denn ich bin von Gott ausgegangen und komme von
ihm; denn ich bin nicht von selbst gekommen, sondern er hat mich
gesandt.
[8.43] Warum versteht ihr denn meine Sprache nicht? Weil
ihr mein Wort nicht hören könnt!
[8.44] Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures
Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an
und steht nicht in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in
ihm. Wenn er Lügen redet, so spricht er aus dem Eigenen; denn er
ist ein Lügner und der Vater der Lüge.
[8.45] Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir
nicht.
[Note: Der Streit um Jesu Ehre][8.46] Wer von euch kann
mich einer Sünde zeihen? Wenn ich aber die Wahrheit sage, warum
glaubt ihr mir nicht?
[8.47] Wer von Gott ist, der hört Gottes Worte; ihr hört
darum nicht, weil ihr nicht von Gott seid.
[8.48] Da antworteten die Juden und sprachen zu ihm: Sagen
wir nicht mit Recht, daß du ein Samariter bist und einen bösen
Geist hast?
[8.49] Jesus antwortete: Ich habe keinen bösen Geist,
sondern ich ehre meinen Vater, aber ihr nehmt mir die Ehre.
[8.50] Ich suche nicht meine Ehre; es ist aber einer, der
sie sucht, und er richtet.
[8.51] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort
hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit.
[8.52] Da sprachen die Juden zu ihm: Nun erkennen wir,
daß du einen bösen Geist hast. Abraham ist gestorben und die
Propheten, und du sprichst: Wer mein Wort hält, der wird den Tod
nicht schmecken in Ewigkeit.
[8.53] Bist du mehr als unser Vater Abraham, der gestorben
ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir
selbst?
[8.54] Jesus antwortete: Wenn ich mich selber ehre, so ist
meine Ehre nichts. Es ist aber mein Vater, der mich ehrt, von dem
ihr sagt: Er ist unser Gott;
[8.55] und ihr kennt ihn nicht; ich aber kenne ihn. Und
wenn ich sagen wollte: Ich kenne ihn nicht, so würde ich ein
Lügner, wie ihr seid. Aber ich kenne ihn und halte sein Wort.
[8.56] Abraham, euer Vater, wurde froh, daß er meinen Tag
sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.
[8.57] Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht
fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?
[8.58] Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage
euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.
[8.59] Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Aber
Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus.
[9.1] Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen,
der blind geboren war.
[9.2] Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Meister,
wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind
geboren ist?
[9.3] Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt
noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar
werden an ihm.
[9.4] Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich
gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand
wirken kann.
[9.5] Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der
Welt.
[9.6] Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die Erde,
machte daraus einen Brei und strich den Brei auf die Augen des
Blinden.
[9.7] Und er sprach zu ihm: Geh zum Teich Siloah - das
heißt übersetzt: gesandt - und wasche dich! Da ging er hin und
wusch sich und kam sehend wieder.
[9.8] Die Nachbarn nun und die, die ihn früher als
Bettler gesehen hatten, sprachen: Ist das nicht der Mann, der
dasaß und bettelte?
[9.9] Einige sprachen: Er ist's; andere: Nein, aber er ist
ihm ähnlich. Er selbst aber sprach: Ich bin's.
[9.10] Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen aufgetan
worden?
[9.11] Er antwortete: Der Mensch, der Jesus heißt, machte
einen Brei und strich ihn auf meine Augen und sprach: Geh zum
Teich Siloah und wasche dich! Ich ging hin und wusch mich und
wurde sehend.
[9.12] Da fragten sie ihn: Wo ist er? Er antwortete: Ich
weiß es nicht.
[9.13] Da führten sie ihn, der vorher blind gewesen war,
zu den Pharisäern.
[9.14] Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Brei
machte und seine Augen öffnete.
[9.15] Da fragten ihn auch die Pharisäer, wie er sehend
geworden wäre. Er aber sprach zu ihnen: Einen Brei legte er mir
auf die Augen, und ich wusch mich und bin nun sehend.
[9.16] Da sprachen einige der Pharisäer: Dieser Mensch
ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber
sprachen: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? Und
es entstand Zwietracht unter ihnen.
[9.17] Da sprachen sie wieder zu dem Blinden: Was sagst du
von ihm, daß er deine Augen aufgetan hat? Er aber sprach: Er ist
ein Prophet.
[9.18] Nun glaubten die Juden nicht von ihm, daß er blind
gewesen und sehend geworden war, bis sie die Eltern dessen
riefen, der sehend geworden war,
[9.19] und sie fragten sie und sprachen: Ist das euer
Sohn, von dem ihr sagt, er sei blind geboren? Wieso ist er nun
sehend?
[9.20] Seine Eltern antworteten ihnen und sprachen: Wir
wissen, daß dieser unser Sohn ist und daß er blind geboren ist.
[9.21] Aber wieso er nun sehend ist, wissen wir nicht, und
wer ihm seine Augen aufgetan hat, wissen wir auch nicht. Fragt
ihn, er ist alt genug; laßt ihn für sich selbst reden.
[9.22] Das sagten seine Eltern, denn sie fürchteten sich
vor den Juden. Denn die Juden hatten sich schon geeinigt: wenn
jemand ihn als den Christus bekenne, der solle aus der Synagoge
ausgestoßen werden.
[9.23] Darum sprachen seine Eltern: Er ist alt genug,
fragt ihn selbst.
[9.24] Da riefen sie noch einmal den Menschen, der blind
gewesen war, und sprachen zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen,
daß dieser Mensch ein Sünder ist.
[9.25] Er antwortete: Ist er ein Sünder? Das weiß ich
nicht; eins aber weiß ich: daß ich blind war und bin nun
sehend.
[9.26] Da fragten sie ihn: Was hat er mit dir getan? Wie
hat er deine Augen aufgetan?
[9.27] Er antwortete ihnen: Ich habe es euch schon gesagt,
und ihr habt's nicht gehört! Was wollt ihr's abermals hören?
Wollt ihr auch seine Jünger werden?
[9.28] Da schmähten sie ihn und sprachen: Du bist sein
Jünger; wir aber sind Moses Jünger.
[9.29] Wir wissen, daß Gott mit Mose geredet hat; woher
aber dieser ist, wissen wir nicht.
[9.30] Der Mensch antwortete und sprach zu ihnen: Das ist
verwunderlich, daß ihr nicht wißt, woher er ist, und er hat
meine Augen aufgetan.
[9.31] Wir wissen, daß Gott die Sünder nicht erhört;
sondern den, der gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den
erhört er.
[9.32] Von Anbeginn der Welt an hat man nicht gehört,
daß jemand einem Blindgeborenen die Augen aufgetan habe.
[9.33] Wäre dieser nicht von Gott, er könnte nichts tun.
[9.34] Sie antworteten und sprachen zu ihm: Du bist ganz
in Sünden geboren und lehrst uns? Und sie stießen ihn hinaus.
[9.35] Es kam vor Jesus, daß sie ihn ausgestoßen hatten.
Und als er ihn fand, fragte er: Glaubst du an den Menschensohn?
[9.36] Er antwortete und sprach: Herr, wer ist's? daß ich
an ihn glaube.
[9.37] Jesus sprach zu ihm: Du hast ihn gesehen, und der
mit dir redet, der ist's.
[9.38] Er aber sprach: Herr, ich glaube, und betete ihn
an.
[9.39] Und Jesus sprach: Ich bin zum Gericht in diese Welt
gekommen, damit, die nicht sehen, sehend werden, und die sehen,
blind werden.
[9.40] Das hörten einige der Pharisäer, die bei ihm
waren, und fragten ihn: Sind wir denn auch blind?
[9.41] Jesus sprach zu ihnen: Wärt ihr blind, so hättet
ihr keine Sünde; weil ihr aber sagt: Wir sind sehend, bleibt
eure Sünde.
[10.1] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur
Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo
hinein, der ist ein Dieb und ein Räuber.
[10.2] Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der
Schafe.
[10.3] Dem macht der Türhüter auf, und die Schafe hören
seine Stimme; und er ruft seine Schafe mit Namen und führt sie
hinaus.
[10.4] Und wenn er alle seine Schafe hinausgelassen hat,
geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm nach; denn sie
kennen seine Stimme.
[10.5] Einem Fremden aber folgen sie nicht nach, sondern
fliehen vor ihm; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht.
[10.6] Dies Gleichnis sagte Jesus zu ihnen; sie verstanden
aber nicht, was er ihnen damit sagte.
[10.7] Da sprach Jesus wieder: Wahrlich, wahrlich, ich
sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.
[10.8] Alle, die vor mir gekommen sind, die sind Diebe und
Räuber; aber die Schafe haben ihnen nicht gehorcht.
[10.9] Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich
hineingeht, wird er selig werden und wird ein-und ausgehen und
Weide finden.
[10.10] Ein Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten
und umzubringen. Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle
Genüge haben sollen.
[10.11] Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte läßt sein
Leben für die Schafe.
[10.12] Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die
Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verläßt die
Schafe und flieht - und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und
zerstreut sie -,
[10.13] denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht
um die Schafe.
[10.14] Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und
die Meinen kennen mich,
[10.15] wie mich mein Vater kennt, und ich kenne den
Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
[10.16] Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht
aus diesem Stall; auch sie muß ich herführen, und sie werden
meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.
[10.17] Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben
lasse, daß ich's wiedernehme.
[10.18] Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse
es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es
wiederzunehmen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.
[10.19] Da entstand abermals Zwietracht unter den Juden
wegen dieser Worte.
[10.20] Viele unter ihnen sprachen: Er hat einen bösen
Geist und ist von Sinnen; was hört ihr ihm zu?
[10.21] Andere sprachen: Das sind nicht Worte eines
Besessenen; kann denn ein böser Geist die Augen der Blinden
auftun?
[10.22] Es war damals das Fest der Tempelweihe in
Jerusalem, und es war Winter.
[10.23] Und Jesus ging umher im Tempel in der Halle
Salomos.
[10.24] Da umringten ihn die Juden und sprachen zu ihm:
Wie lange hältst du uns im Ungewissen? Bist du der Christus, so
sage es frei heraus.
[10.25] Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt,
und ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich tue in meines Vaters
Namen, die zeugen von mir.
[10.26] Aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von
meinen Schafen.
[10.27] Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne
sie, und sie folgen mir;
[10.28] und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden
nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand
reißen.
[10.29] Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer
als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen.
[10.30] Ich und der Vater sind eins.
[Note: Der Vorwurf der Gotteslästerung][10.31] Da hoben
die Juden abermals Steine auf, um ihn zu steinigen.
[10.32] Jesus sprach zu ihnen: Viele gute Werke habe ich
euch erzeigt vom Vater; um welches dieser Werke willen wollt ihr
mich steinigen?
[10.33] Die Juden antworteten ihm und sprachen: Um eines
guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der
Gotteslästerung willen, denn du bist ein Mensch und machst dich
selbst zu Gott.
[10.34] Jesus antwortete ihnen: Steht nicht geschrieben in
eurem Gesetz (Psalm 82,6): "Ich habe gesagt: Ihr seid
Götter"?
[10.35] Wenn er die Götter nennt, zu denen das Wort
Gottes geschah, - und die Schrift kann doch nicht gebrochen
werden -,
[10.36] wie sagt ihr dann zu dem, den der Vater geheiligt
und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott -, weil ich sage:
Ich bin Gottes Sohn?a
[10.37] Tue ich nicht die Werke meines Vaters, so glaubt
mir nicht;
[10.38] tue ich sie aber, so glaubt doch den Werken, wenn
ihr mir nicht glauben wollt, damit ihr erkennt und wißt, daß
der Vater in mir ist und ich in ihm.
[10.39] Da suchten sie abermals, ihn zu ergreifen. Aber er
entging ihren Händen.
[10.40] Dann ging er wieder fort auf die andere Seite des
Jordans an den Ort, wo Johannes zuvor getauft hatte, und blieb
dort.
[10.41] Und viele kamen zu ihm und sprachen: Johannes hat
kein Zeichen getan; aber alles, was Johannes von diesem gesagt
hat, das ist wahr.
[10.42] Und es glaubten dort viele an ihn.
[11.1] Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien,
dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta.
[11.2] Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl
gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren
Bruder Lazarus war krank.
[11.3] Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm
sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank.
[11.4] Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit
ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der
Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde.
[11.5] Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester und
Lazarus.
[11.6] Als er nun hörte, daß er krank war, blieb er noch
zwei Tage an dem Ort, wo er war;
[11.7] danach spricht er zu seinen Jüngern: Laßt uns
wieder nach Judäa ziehen!
[11.8] Seine Jünger aber sprachen zu ihm: Meister, eben
noch wollten die Juden dich steinigen, und du willst wieder
dorthin ziehen?
[11.9] Jesus antwortete: Hat nicht der Tag zwölf Stunden?
Wer bei Tag umhergeht, der stößt sich nicht; denn er sieht das
Licht dieser Welt.
[11.10] Wer aber bei Nacht umhergeht, der stößt sich;
denn es ist kein Licht in ihm.
[11.11] Das sagte er, und danach spricht er zu ihnen:
Lazarus, unser Freund, schläft, aber ich gehe hin, ihn
aufzuwecken.
[11.12] Da sprachen seine Jünger: Herr, wenn er schläft,
wird's besser mit ihm.
[11.13] Jesus aber sprach von seinem Tode; sie meinten
aber, er rede vom leiblichen Schlaf.
[11.14] Da sagte es ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist
gestorben;
[11.15] und ich bin froh um euretwillen, daß ich nicht
dagewesen bin, damit ihr glaubt. Aber laßt uns zu ihm gehen!
[11.16] Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu
den Jüngern: Laßt uns mit ihm gehen, daß wir mit ihm sterben!
[11.17] Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im
Grabe liegen.
[11.18] Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine
halbe Stunde entfernt.
[11.19] Und viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen,
sie zu trösten wegen ihres Bruders.
[11.20] Als Marta nun hörte, daß Jesus kommt, geht sie
ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen.
[11.21] Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier
gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.
[11.22] Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von
Gott, das wird dir Gott geben.
[11.23] Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird
auferstehen.
[11.24] Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, daß er
auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage.
[11.25] Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und
das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er
stirbt;
[11.26] und wer da lebt und glaubt an mich, der wird
nimmermehr sterben. Glaubst du das?
[11.27] Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, daß du
der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.
[11.28] Und als sie das gesagt hatte, ging sie hin und
rief ihre Schwester Maria heimlich und sprach zu ihr: Der Meister
ist da und ruft dich.
[11.29] Als Maria das hörte, stand sie eilend auf und kam
zu ihm.
[11.30] Jesus aber war noch nicht in das Dorf gekommen,
sondern war noch dort, wo ihm Marta begegnet war.
[11.31] Als die Juden, die bei ihr im Hause waren und sie
trösteten, sahen, daß Maria eilend aufstand und hinausging,
folgten sie ihr, weil sie dachten: Sie geht zum Grab, um dort zu
weinen.
[11.32] Als nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und sah
ihn, fiel sie ihm zu Füßen und sprach zu ihm: Herr, wärst du
hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.
[11.33] Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die
Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, ergrimmte er im Geist
und wurde sehr betrübt
[11.34] und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie
antworteten ihm: Herr, komm und sieh es!
[11.35] Und Jesus gingen die Augen über.
[11.36] Da sprachen die Juden: Siehe, wie hat er ihn lieb
gehabt!
[11.37] Einige aber unter ihnen sprachen: Er hat dem
Blinden die Augen aufgetan; konnte er nicht auch machen, daß
dieser nicht sterben mußte?
[11.38] Da ergrimmte Jesus abermals und kam zum Grab. Es
war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor.
[11.39] Jesus sprach: Hebt den Stein weg! Spricht zu ihm
Marta, die Schwester des Verstorbenen: Herr, er stinkt schon;
denn er liegt seit vier Tagen.
[11.40] Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt:
Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?
[11.41] Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine
Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, daß du mich erhört
hast.
[11.42] Ich weiß, daß du mich allezeit hörst; aber um
des Volkes willen, das umhersteht, sage ich's, damit sie glauben,
daß du mich gesandt hast.
[11.43] Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter
Stimme: Lazarus, komm heraus!
[11.44] Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit
Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war
verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst
die Binden und laßt ihn gehen!
[11.45] Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen
waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.
[Note: Der Entschluß zur Tötung Jesu][11.46] Einige aber
von ihnen gingen hin zu den Pharisäern und sagten ihnen, was
Jesus getan hatte.
[11.47] Da versammelten die Hohenpriester und die
Pharisäer den Hohen Rat und sprachen: Was tun wir? Dieser Mensch
tut viele Zeichen.
[11.48] Lassen wir ihn so, dann werden sie alle an ihn
glauben, und dann kommen die Römer und nehmen uns Land und
Leute.
[11.49] Einer aber von ihnen, Kaiphas, der in dem Jahr
Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr wißt nichts;
[11.50] ihr bedenkt auch nicht: Es ist besser für euch,
ein Mensch sterbe für das Volk, als daß das ganze Volk
verderbe.
[11.51] Das sagte er aber nicht von sich aus, sondern weil
er in dem Jahr Hoherpriester war, weissagte er. Denn Jesus sollte
sterben für das Volk,
[11.52] und nicht für das Volk allein, sondern auch, um
die verstreuten Kinder Gottes zusammenzubringen.
[11.53] Von dem Tage an war es für sie beschlossen, daß
sie ihn töteten.
[11.54] Jesus aber ging nicht mehr frei umher unter den
Juden, sondern ging von dort weg in eine Gegend nahe der Wüste,
in eine Stadt mit Namen Ephraim, und blieb dort mit den Jüngern.
[11.55] Es war aber nahe das Passafest der Juden; und
viele aus der Gegend gingen hinauf nach Jerusalem vor dem Fest,
daß sie sich reinigten.
[11.56] Da fragten sie nach Jesus und redeten miteinander,
als sie im Tempel standen: Was meint ihr? Er wird doch nicht zum
Fest kommen?
[11.57] Die Hohenpriester und Pharisäer aber hatten
Befehl gegeben: Wenn jemand weiß, wo er ist, soll er's anzeigen,
damit sie ihn ergreifen könnten.
[12.1] Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach
Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den
Toten.
[12.2] Dort machten sie ihm ein Mahl, und Marta diente
ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch
saßen.
[12.3] Da nahm Maria ein Pfund Salböl von
unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und
trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde
erfüllt vom Duft des Öls.
[12.4] Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der
ihn hernach verriet:
[12.5] Warum ist dieses Öl nicht für dreihundert
Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben?
[12.6] Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen
fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und
nahm an sich, was gegeben war.
[12.7] Da sprach Jesus: Laß sie in Frieden! Es soll
gelten für den Tag meines Begräbnisses.
[12.8] Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber
habt ihr nicht allezeit.
[12.9] Da erfuhr eine große Menge der Juden, daß er dort
war, und sie kamen nicht allein um Jesu willen, sondern um auch
Lazarus zu sehen, den er von den Toten erweckt hatte.
[12.10] Aber die Hohenpriester beschlossen, auch Lazarus
zu töten;
[12.11] denn um seinetwillen gingen viele Juden hin und
glaubten an Jesus.
[Note: Der Einzug in Jerusalem][Note: (Mt 21,1-11; Mk 11,1-10; Lk
19,29-40)][12.12] Als am nächsten Tag die große Menge,
die aufs Fest gekommen war, hörte, daß Jesus nach Jerusalem
käme,
[12.13] nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm
entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem
Namen des Herrn, der König von Israel!
[12.14] Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf,
wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): "
[12.15] Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein
König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen."
[12.16] Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch
als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, daß dies von
ihm geschrieben stand und man so mit ihm getan hatte.
[12.17] Das Volk aber, das bei ihm war, als er Lazarus aus
dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte die Tat.
[12.18] Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie
hörte, er habe dieses Zeichen getan.
[12.19] Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr
seht, daß ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm
nach.
[Note: Die Ankündigung der Verherrlichung][12.20] Es
waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren,
um anzubeten auf dem Fest.
[12.21] Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus
Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus
gerne sehen.
[12.22] Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus
und Andreas sagen's Jesus weiter.
[12.23] Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit
ist gekommen, daß der Menschensohn verherrlicht werde.
[12.24] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das
Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es
allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
[12.25] Wer sein Leben lieb hat, der wird's verlieren; und
wer sein Leben auf dieser Welt haßt, der wird's erhalten zum
ewigen Leben.
[12.26] Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo
ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird,
den wird mein Vater ehren.
[12.27] Jetzt ist meine Seele betrübt. Und was soll ich
sagen? Vater, hilf mir aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in
diese Stunde gekommen.
[12.28] Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine
Stimme vom Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und will ihn
abermals verherrlichen.
[12.29] Da sprach das Volk, das dabeistand und zuhörte:
Es hat gedonnert. Die andern sprachen: Ein Engel hat mit ihm
geredet.
[12.30] Jesus antwortete und sprach: Diese Stimme ist
nicht um meinetwillen geschehen, sondern um euretwillen.
[12.31] Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt; nun
wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.
[12.32] Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so
will ich alle zu mir ziehen.
[12.33] Das sagte er aber, um anzuzeigen, welchen Todes er
sterben würde.
[12.34] Da antwortete ihm das Volk: Wir haben aus dem
Gesetz gehört, daß der Christus in Ewigkeit bleibt; wieso sagst
du dann: Der Menschensohn muß erhöht werden? Wer ist dieser
Menschensohn?
[12.35] Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch
eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt,
damit euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der Finsternis
wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht.
[12.36] Glaubt an das Licht, solange ihr's habt, damit ihr
Kinder des Lichtes werdet. Das redete Jesus und ging weg und
verbarg sich vor ihnen.
[Note: Der Unglaube des Volkes][12.37] Und obwohl er
solche Zeichen vor ihren Augen tat, glaubten sie doch nicht an
ihn,
[12.38] damit erfüllt werde der Spruch des Propheten
Jesaja, den er sagte (Jesaja 53,1): "Herr, wer glaubt unserm
Predigen? Und wem ist der Arm des Herrn offenbart?"
[12.39] Darum konnten sie nicht glauben, denn Jesaja hat
wiederum gesagt (Jesaja 6,9.10): "
[12.40] Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz
verstockt, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit dem
Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen helfe."a
[12.41] Das hat Jesaja gesagt, weil er seine Herrlichkeit
sah und redete von ihm.
[12.42] Doch auch von den Oberen glaubten viele an ihn;
aber um der Pharisäer willen bekannten sie es nicht, um nicht
aus der Synagoge ausgestoßen zu werden.
[12.43] Denn sie hatten lieber Ehre bei den Menschen als
Ehre bei Gott.
[12.44] Jesus aber rief: Wer an mich glaubt, der glaubt
nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat.
[12.45] Und wer mich sieht, der sieht den, der mich
gesandt hat.
[12.46] Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit,
wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.
[12.47] Und wer meine Worte hört und bewahrt sie nicht,
den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, daß
ich die Welt richte, sondern daß ich die Welt rette.
[12.48] Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an,
der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das
wird ihn richten am Jüngsten Tage.
[12.49] Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet,
sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot
gegeben, was ich tun und reden soll.
[12.50] Und ich weiß: sein Gebot ist das ewige Leben.
Darum: was ich rede, das rede ich so, wie es mir der Vater gesagt
hat.
[13.1] Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, daß
seine Stunde gekommen war, daß er aus dieser Welt ginge zum
Vater; und wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt
waren, so liebte er sie bis ans Ende.
[13.2] Und beim Abendessen, als schon der Teufel dem
Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu
verraten,
[13.3] Jesus aber wußte, daß ihm der Vater alles in
seine Hände gegeben hatte und daß er von Gott gekommen war und
zu Gott ging,
[13.4] da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab
und nahm einen Schurz und umgürtete sich.
[13.5] Danach goß er Wasser in ein Becken, fing an, den
Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz,
mit dem er umgürtet war.
[13.6] Da kam er zu Simon Petrus; der sprach zu ihm: Herr,
solltest du mir die Füße waschen?
[13.7] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue,
das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.
[13.8] Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir
die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht
wasche, so hast du kein Teil an mir.
[13.9] Spricht zu ihm Simon Petrus: Herr, nicht die Füße
allein, sondern auch die Hände und das Haupt!
[13.10] Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf
nichts, als daß ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist
ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle.
[13.11] Denn er kannte seinen Verräter; darum sprach er:
Ihr seid nicht alle rein.
[13.12] Als er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er
seine Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach zu ihnen:
Wißt ihr, was ich euch getan habe?
[13.13] Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit
Recht, denn ich bin's auch.
[13.14] Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die
Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die
Füße waschen.
[13.15] Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut,
wie ich euch getan habe.
[13.16] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist
nicht größer als sein Herr und der Apostel nicht größer als
der, der ihn gesandt hat.
[13.17] Wenn ihr dies wißt - selig seid ihr, wenn ihr's
tut.
[13.18] Das sage ich nicht von euch allen; ich weiß,
welche ich erwählt habe. Aber es muß die Schrift erfüllt
werden (Psalm 41,10): "Der mein Brot ißt, tritt mich mit
Füßen."
[13.19] Jetzt sage ich's euch, ehe es geschieht, damit
ihr, wenn es geschehen ist, glaubt, daß ich es bin.
[13.20] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer jemanden
aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich
aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.
[Note: Jesus und der Verräter][Note: (Mt 26,21-25; Mk 14,18-21;
Lk 22,21-23)][13.21] Als Jesus das gesagt hatte, wurde er
betrübt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich,
ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.
[13.22] Da sahen sich die Jünger untereinander an, und
ihnen wurde bange, von wem er wohl redete.
[13.23] Es war aber einer unter seinen Jüngern, den Jesus
lieb hatte, der lag bei Tisch an der Brust Jesu.
[13.24] Dem winkte Simon Petrus, daß er fragen sollte,
wer es wäre, von dem er redete.
[13.25] Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte
ihn: Herr, wer ist's?
[13.26] Jesus antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen
eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und
gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.
[13.27] Und als der den Bissen nahm, fuhr der Satan in
ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald!
[13.28] Aber niemand am Tisch wußte, wozu er ihm das
sagte.
[13.29] Einige meinten, weil Judas den Beutel hatte,
spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!,
oder daß er den Armen etwas geben sollte.
[13.30] Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er
alsbald hinaus. Und es war Nacht.
[Note: JESU ABSCHIEDSREDEN][Note: (Kapitel 13,31-16,33)][Note:
Die Verherrlichung und das neue Gebot][13.31] Als Judas
nun hinausgegangen war, spricht Jesus: Jetzt ist der Menschensohn
verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm.
[13.32] Ist Gott verherrlicht in ihm, so wird Gott ihn
auch verherrlichen in sich und wird ihn bald verherrlichen.
[13.33] Liebe Kinder, ich bin noch eine kleine Weile bei
euch. Ihr werdet mich suchen. Und wie ich zu den Juden sagte,
sage ich jetzt auch zu euch: Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht
hinkommen.
[13.34] Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr euch
untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr
einander lieb habt.
[13.35] Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine
Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.
[Note: Die Ankündigung der Verleugnung des Petrus][Note: (Mt
26,33-35; Mk 14,29-31; Lk 22,31-34)][13.36] Spricht Simon
Petrus zu ihm: Herr, wo gehst du hin? Jesus antwortete ihm: Wo
ich hingehe, kannst du mir diesmal nicht folgen; aber du wirst
mir später folgen.
[13.37] Petrus spricht zu ihm: Herr, warum kann ich dir
diesmal nicht folgen? Ich will mein Leben für dich lassen.
[13.38] Jesus antwortete ihm: Du willst dein Leben für
mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird
nicht krähen, bis du mich dreimal verleugnet hast.
[14.1] Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und
glaubt an mich!
[14.2] In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's
nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin,
euch die Stätte zu bereiten?
[14.3] Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten,
will ich wieder kommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo
ich bin.
[14.4] Und wo ich hingehe, den Weg wißt ihr.
[14.5] Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo
du hingehst; wie können wir den Weg wissen?
[14.6] Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die
Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.
[14.7] Wenn ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch
meinen Vater erkennen. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn
gesehen.
[14.8] Spricht zu ihm Philippus: Herr, zeige uns den
Vater, und es genügt uns.
[14.9] Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch,
und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht
den Vater! Wie sprichst du dann: Zeige uns den Vater?
[14.10] Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der
Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht
von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut
seine Werke.
[14.11] Glaubt mir, daß ich im Vater bin und der Vater in
mir; wenn nicht, so glaubt mir doch um der Werke willen.
[14.12] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich
glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird
noch größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater.
[14.13] Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das
will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn.
[14.14] Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das
will ich tun.
[Note: Die Verheißung des heiligen Geistes][14.15] Liebt
ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.
[14.16] Und ich will den Vater bitten, und er wird euch
einen andern Tröster * geben, daß er bei euch sei in Ewigkeit:
[14.17] den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht
empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr
kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
[14.18] Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich
komme zu euch.
[14.19] Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die
Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe,
und ihr sollt auch leben.
[14.20] An jenem Tage werdet ihr erkennen, daß ich in
meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.
[14.21] Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist's, der
mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater
geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.
[14.22] Spricht zu ihm Judas, nicht der Iskariot: Herr,
was bedeutet es, daß du dich uns offenbaren willst und nicht der
Welt?
[14.23] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich
liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben,
und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.
[14.24] Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte
nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern
das des Vaters, der mich gesandt hat.
[14.25] Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch
gewesen bin.
[14.26] Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein
Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und
euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
[Note: Der Friede Christi][14.27] Den Frieden lasse ich
euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die
Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.
[14.28] Ihr habt gehört, daß ich euch gesagt habe: Ich
gehe hin und komme wieder zu euch. Hättet ihr mich lieb, so
würdet ihr euch freuen, daß ich zum Vater gehe; denn der Vater
ist größer als ich.
[14.29] Und jetzt habe ich's euch gesagt, ehe es
geschieht, damit ihr glaubt, wenn es nun geschehen wird.
[14.30] Ich werde nicht mehr viel mit euch reden, denn es
kommt der Fürst dieser Welt. Er hat keine Macht über mich;
[14.31] aber die Welt soll erkennen, daß ich den Vater
liebe und tue, wie mir der Vater geboten hat. Steht auf und laßt
uns von hier weggehen.
[15.1] Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der
Weingärtner.
[15.2] Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt,
wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er
reinigen, daß sie mehr Frucht bringe.
[15.3] Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich
zu euch geredet habe.
[15.4] Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine
Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock
bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.
[15.5] Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in
mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich
könnt ihr nichts tun.
[15.6] Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie
eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins
Feuer, und sie müssen brennen.
[15.7] Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch
bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch
widerfahren.
[15.8] Darin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel
Frucht bringt und werdet meine Jünger.
[Note: Das Gebot der Liebe][15.9] Wie mich mein Vater
liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe!
[15.10] Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in
meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in
seiner Liebe.
[15.11] Das sage ich euch, damit meine Freude in euch
bleibe und eure Freude vollkommen werde.
[15.12] Das ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander
liebt, wie ich euch liebe.
[15.13] Niemand hat größere Liebe als die, daß er sein
Leben läßt für seine Freunde.
[15.14] Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch
gebiete.
[15.15] Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid;
denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe
ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem
Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.
[15.16] Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe
euch erwählt und bestimmt, daß ihr hingeht und Frucht bringt
und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in
meinem Namen, er's euch gebe.
[15.17] Das gebiete ich euch, daß ihr euch untereinander
liebt.
[Note: Der Haß der Welt][15.18] Wenn euch die Welt haßt,
so wißt, daß sie mich vor euch gehaßt hat.
[15.19] Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das
Ihre lieb. Weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich
euch aus der Welt erwählt habe, darum haßt euch die Welt.
[15.20] Gedenkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der
Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt,
so werden sie euch auch verfolgen; haben sie mein Wort gehalten,
so werden sie eures auch halten.
[15.21] Aber das alles werden sie euch tun um meines
Namens willen; denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat.
[15.22] Wenn ich nicht gekommen wäre und hätte es ihnen
gesagt, so hätten sie keine Sünde; nun aber können sie nichts
vorwenden, um ihre Sünde zu entschuldigen.
[15.23] Wer mich haßt, der haßt auch meinen Vater.
[15.24] Hätte ich nicht die Werke getan unter ihnen, die
kein anderer getan hat, so hätten sie keine Sünde. Nun aber
haben sie es gesehen, und doch hassen sie mich und meinen Vater.
[15.25] Aber es muß das Wort erfüllt werden, das in
ihrem Gesetz geschrieben steht: "Sie hassen mich ohne
Grund" (Psalm 69,5).
[15.26] Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch
senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater
ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir.
[15.27] Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von
Anfang an bei mir gewesen.
[16.1] Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht
abfallt.
[16.2] Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es
kommt aber die Zeit, daß, wer euch tötet, meinen wird, er tue
Gott einen Dienst damit.
[16.3] Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen
Vater noch mich erkennen.
[16.4] Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn
ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, daß ich's euch gesagt
habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war
bei euch.
[Note: Das Werk des heiligen Geistes][16.5] Jetzt aber
gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch
fragt mich: Wo gehst du hin?
[16.6] Doch weil ich das zu euch geredet habe, ist euer
Herz voll Trauer.
[16.7] Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für
euch, daß ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der
Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch
senden.
[16.8] Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen
auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das
Gericht; ü
[16.9] ber die Sünde: daß sie nicht an mich glauben; ü
[16.10] ber die Gerechtigkeit: daß ich zum Vater gehe und
ihr mich hinfort nicht seht; ü
[16.11] ber das Gericht: daß der Fürst dieser Welt
gerichtet ist.
[16.12] Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt
es jetzt nicht ertragen.
[16.13] Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen
wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht
aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er
reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.
[16.14] Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen
wird er's nehmen und euch verkündigen.
[16.15] Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe
ich gesagt: Er wird's von dem Meinen nehmen und euch
verkündigen.
[Note: Trauer und Hoffnung bei Jesu Abschied][16.16] Noch
eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und
abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.
[16.17] Da sprachen einige seiner Jünger untereinander:
Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile,
dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile,
dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater?
[16.18] Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt:
Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
[16.19] Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und
sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich
gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht
sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich
sehen?
[16.20] Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet
weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet
traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt
werden.
[16.21] Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen,
denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren
hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß
ein Mensch zur Welt gekommen ist.
[16.22] Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will
euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude
soll niemand von euch nehmen.
[16.23] An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas
bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben.
[16.24] Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen.
Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.
[16.25] Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die
Zeit, daß ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde,
sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater.
[16.26] An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen.
Und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten
will;
[16.27] denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr
mich liebt und glaubt, daß ich von Gott ausgegangen bin.
[16.28] Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt
gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
[16.29] Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest
du frei heraus und nicht mehr in Bildern.
[16.30] Nun wissen wir, daß du alle Dinge weißt und
bedarfst dessen nicht, daß dich jemand fragt. Darum glauben wir,
daß du von Gott ausgegangen bist.
[16.31] Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr?
[16.32] Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen,
daß ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich
allein laßt. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei
mir.
[16.33] Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir
Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich
habe die Welt überwunden.
[17.1] So redete Jesus, und hob seine Augen auf zum
Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da: verherrliche deinen
Sohn, damit der Sohn dich verherrliche;
[17.2] denn du hast ihm Macht gegeben über alle Menschen,
damit er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast.
[17.3] Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du
allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus,
erkennen.
[17.4] Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk
vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue.
[17.5] Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit
der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
[17.6] Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die
du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie
mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.
[17.7] Nun wissen sie, daß alles, was du mir gegeben
hast, von dir kommt.
[17.8] Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich
ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig
erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, daß
du mich gesandt hast.
[17.9] Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt,
sondern für die, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein.
[17.10] Und alles, was mein ist, das ist dein, und was
dein ist, das ist mein; und ich bin in ihnen verherrlicht.
[17.11] Ich bin nicht mehr in der Welt; sie aber sind in
der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater, erhalte sie in
deinem Namen, den du mir gegeben hast, daß sie eins seien wie
wir.
[17.12] Solange ich bei ihnen war, erhielt ich sie in
deinem Namen, den du mir gegeben hast, und ich habe sie bewahrt,
und keiner von ihnen ist verloren außer dem Sohn des Verderbens,
damit die Schrift erfüllt werde.
[17.13] Nun aber komme ich zu dir und rede dies in der
Welt, damit meine Freude in ihnen vollkommen sei.
[17.14] Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat
sie gehaßt; denn sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht
von der Welt bin.
[17.15] Ich bitte dich nicht, daß du sie aus der Welt
nimmst, sondern daß du sie bewahrst vor dem Bösen.
[17.16] Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht
von der Welt bin.
[17.17] Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist die
Wahrheit.
[17.18] Wie du mich gesandt hast in die Welt, so sende ich
sie auch in die Welt.
[17.19] Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie
geheiligt seien in der Wahrheit.
[17.20] Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch
für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,
[17.21] damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir
bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die
Welt glaube, daß du mich gesandt hast.
[17.22] Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die
du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind,
[17.23] ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen
eins seien und die Welt erkenne, daß du mich gesandt hast und
sie liebst, wie du mich liebst.
[17.24] Vater, ich will, daß, wo ich bin, auch die bei
mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit
sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe
der Grund der Welt gelegt war.
[17.25] Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich
aber kenne dich, und diese haben erkannt, daß du mich gesandt
hast.
[17.26] Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und
werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in
ihnen sei und ich in ihnen.
[18.1] Als Jesus das geredet hatte, ging er hinaus mit
seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, in den
gingen Jesus und seine Jünger.
[18.2] Judas aber, der ihn verriet, kannte den Ort auch,
denn Jesus versammelte sich oft dort mit seinen Jüngern.
[18.3] Als nun Judas die Schar der Soldaten mit sich
genommen hatte und Knechte von den Hohenpriestern und
Pharisäern, kommt er dahin mit Fackeln, Lampen und mit Waffen.
[18.4] Da nun Jesus alles wußte, was ihm begegnen sollte,
ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr?
[18.5] Sie antworteten ihm: Jesus von Nazareth. Er spricht
zu ihnen: Ich bin's! Judas aber, der ihn verriet, stand auch bei
ihnen.
[18.6] Als nun Jesus zu ihnen sagte: Ich bin's!, wichen
sie zurück und fielen zu Boden.
[18.7] Da fragte er sie abermals: Wen sucht ihr? Sie aber
sprachen: Jesus von Nazareth.
[18.8] Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, daß ich es
bin. Sucht ihr mich, so laßt diese gehen!
[18.9] Damit sollte das Wort erfüllt werden, das er
gesagt hatte: Ich habe keinen von denen verloren, die du mir
gegeben hast.
[18.10] Simon Petrus aber hatte ein Schwert und zog es und
schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein
rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus.
[18.11] Da sprach Jesus zu Petrus: Steck dein Schwert in
die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater
gegeben hat?
[Note: Jesu Verhör vor Hannas und Kaiphas und die Verleugnung
des Petrus][18.12] Die Schar aber und ihr Anführer und
die Knechte der Juden nahmen Jesus und banden ihn
[18.13] und führten ihn zuerst zu Hannas; der war der
Schwiegervater des Kaiphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war.
[18.14] Kaiphas aber war es, der den Juden geraten hatte,
es wäre gut, ein Mensch stürbe für das ganze Volk.
[18.15] Simon Petrus aber folgte Jesus nach und ein
anderer Jünger. Dieser Jünger war dem Hohenpriester bekannt und
ging mit Jesus hinein in den Palast des Hohenpriesters.
[18.16] Petrus aber stand draußen vor der Tür. Da kam
der andere Jünger, der dem Hohenpriester bekannt war, heraus und
redete mit der Türhüterin und führte Petrus hinein.
[18.17] Da sprach die Magd, die Türhüterin, zu Petrus:
Bist du nicht auch einer von den Jüngern dieses Menschen? Er
sprach: Ich bin's nicht.
[18.18] Es standen aber die Knechte und Diener und hatten
ein Kohlenfeuer gemacht, denn es war kalt, und sie wärmten sich.
Aber auch Petrus stand bei ihnen und wärmte sich.
[18.19] Der Hohepriester befragte nun Jesus über seine
Jünger und über seine Lehre.
[18.20] Jesus antwortete ihm: Ich habe frei und offen vor
aller Welt geredet. Ich habe allezeit gelehrt in der Synagoge und
im Tempel, wo alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im
Verborgenen geredet.
[18.21] Was fragst du mich? Frage die, die gehört haben,
was ich zu ihnen geredet habe. Siehe, sie wissen, was ich gesagt
habe.
[18.22] Als er so redete, schlug einer von den Knechten,
die dabeistanden, Jesus ins Gesicht und sprach: Sollst du dem
Hohenpriester so antworten?
[18.23] Jesus antwortete: Habe ich übel geredet, so
beweise, daß es böse ist; habe ich aber recht geredet, was
schlägst du mich?
[18.24] Und Hannas sandte ihn gebunden zu dem
Hohenpriester Kaiphas.
[18.25] Simon Petrus aber stand da und wärmte sich. Da
sprachen sie zu ihm: Bist du nicht einer seiner Jünger? Er
leugnete und sprach: Ich bin's nicht.
[18.26] Spricht einer von den Knechten des Hohenpriesters,
ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte: Sah
ich dich nicht im Garten bei ihm?
[18.27] Da leugnete Petrus abermals, und alsbald krähte
der Hahn.
[Note: Jesu Verhör vor Pilatus][18.28] Da führten sie
Jesus von Kaiphas zum Prätorium; es war früh am Morgen. Und sie
gingen nicht hinein, damit sie nicht unrein würden, sondern das
Passamahl essen könnten.
[18.29] Da kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte: Was
für eine Klage bringt ihr gegen diesen Menschen vor?
[18.30] Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser
nicht ein Übeltäter, wir hätten ihn dir nicht überantwortet.
[18.31] Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmt ihr ihn hin
und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm:
Wir dürfen niemand töten.
[18.32] So sollte das Wort Jesu erfüllt werden, das er
gesagt hatte, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.
[18.33] Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und
rief Jesus und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
[18.34] Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder
haben dir's andere über mich gesagt?
[18.35] Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk
und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du
getan?
[18.36] Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser
Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden
darum kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde;
nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt.
[18.37] Da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein
König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich
bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich die Wahrheit
bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.
[18.38] Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und als
er das gesagt hatte, ging er wieder hinaus zu den Juden und
spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.
[18.39] Es besteht aber die Gewohnheit bei euch, daß ich
euch einen zum Passafest losgebe; wollt ihr nun, daß ich euch
den König der Juden losgebe?
[18.40] Da schrien sie wiederum: Nicht diesen, sondern
Barabbas! Barabbas aber war ein Räuber.
[19.1] Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln.
[19.2] Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und
setzten sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an
[19.3] und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt,
König der Juden! und schlugen ihm ins Gesicht.
[19.4] Da ging Pilatus wieder hinaus und sprach zu ihnen:
Seht, ich führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, daß ich
keine Schuld an ihm finde.
[19.5] Und Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und
das Purpurgewand. Und Pilatus spricht zu ihnen: Seht, welch ein
Mensch!
[Note: Jesu Verurteilung][19.6] Als ihn die Hohenpriester
und die Knechte sahen, schrien sie: Kreuzige! kreuzige! Pilatus
spricht zu ihnen: Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich
finde keine Schuld an ihm.
[19.7] Die Juden antworteten ihm: Wir haben ein Gesetz,
und nach dem Gesetz muß er sterben, denn er hat sich selbst zu
Gottes Sohn gemacht.
[19.8] Als Pilatus dies Wort hörte, fürchtete er sich
noch mehr
[19.9] und ging wieder hinein in das Prätorium und
spricht zu Jesus: Woher bist du? Aber Jesus gab ihm keine
Antwort.
[19.10] Da sprach Pilatus zu ihm: Redest du nicht mit mir?
Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht
habe, dich zu kreuzigen?
[19.11] Jesus antwortete: Du hättest keine Macht über
mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre. Darum: der
mich dir überantwortet hat, der hat größere Sünde.
[19.12] Von da an trachtete Pilatus danach, ihn
freizulassen. Die Juden aber schrien: Läßt du diesen frei, so
bist du des Kaisers Freund nicht; denn wer sich zum König macht,
der ist gegen den Kaiser. St zu Dan 2,1
[19.13] Als Pilatus diese Worte hörte, führte er Jesus
heraus und setzte sich auf den Richterstuhl an der Stätte, die
da heißt Steinpflaster, auf hebräisch Gabbata.
[19.14] Es war aber am Rüsttag für das Passafest um die
sechste Stunde. Und er spricht zu den Juden: Seht, das ist euer
König!
[19.15] Sie schrien aber: Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn!
Spricht Pilatus zu ihnen: Soll ich euren König kreuzigen? Die
Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König als den
Kaiser.
[19.16] Da überantwortete er ihnen Jesus, daß er
gekreuzigt würde.
[Note: Jesu Kreuzigung und Tod Sie nahmen ihn aber,][19.17]
und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt
Schädelstätte, auf hebräisch Golgatha.
[19.18] Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu
beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.
[19.19] Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte
sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth,
der König der Juden.
[19.20] Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die
Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und
es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer
Sprache.
[19.21] Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu
Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern, daß er
gesagt hat: Ich bin der König der Juden.
[19.22] Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das
habe ich geschrieben.
[19.23] Als aber die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten,
nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden
Soldaten einen Teil, dazu auch das Gewand. Das war aber
ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück.
[19.24] Da sprachen sie untereinander: Laßt uns das nicht
zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte
die Schrift erfüllt werden, die sagt (Psalm 22,19): "Sie
haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein
Gewand das Los geworfen." Das taten die Soldaten.
[19.25] Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter
und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und
Maria von Magdala.
[19.26] Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den
Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau,
siehe, das ist dein Sohn!
[19.27] Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist
deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
[19.28] Danach, als Jesus wußte, daß schon alles
vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde:
Mich dürstet.
[19.29] Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten
einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und
hielten es ihm an den Mund.
[19.30] Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er:
Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied.
[19.31] Weil es aber Rüsttag war und die Leichname nicht
am Kreuz bleiben sollten den Sabbat über - denn dieser Sabbat
war ein hoher Festtag -, baten die Juden Pilatus, daß ihnen die
Beine gebrochen und sie abgenommen würden.
[19.32] Da kamen die Soldaten und brachen dem ersten die
Beine und auch dem andern, der mit ihm gekreuzigt war.
[19.33] Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er
schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht;
[19.34] sondern einer der Soldaten stieß mit dem Speer in
seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.
[19.35] Und der das gesehen hat, der hat es bezeugt, und
sein Zeugnis ist wahr, und er weiß, daß er die Wahrheit sagt,
damit auch ihr glaubt.
[19.36] Denn das ist geschehen, damit die Schrift erfüllt
würde (2. Mose 12,46): "Ihr sollt ihm kein Bein
zerbrechen."
[19.37] Und wiederum sagt die Schrift an einer andern
Stelle (Sacharja 12,10): "Sie werden den sehen, den sie
durchbohrt haben."
[Note: Jesu Grablegung][19.38] Danach bat Josef von
Arimathäa, der ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht
vor den Juden, den Pilatus, daß er den Leichnam Jesu abnehmen
dürfe. Und Pilatus erlaubte es. Da kam er und nahm den Leichnam
Jesu ab.
[19.39] Es kam aber auch Nikodemus, der vormals in der
Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte Myrrhe gemischt mit
Aloe, etwa hundert Pfund.
[19.40] Da nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in
Leinentücher mit wohlriechenden Ölen, wie die Juden zu begraben
pflegen.
[19.41] Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt
wurde, ein Garten und im Garten ein neues Grab, in das noch nie
jemand gelegt worden war.
[19.42] Dahin legten sie Jesus wegen des Rüsttags der
Juden, weil das Grab nahe war.
[20.1] Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala
früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, daß der
Stein vom Grab weg war.
[20.2] Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem
andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie
haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht,
wo sie ihn hingelegt haben.
[20.3] Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus, und
sie kamen zum Grab.
[20.4] Es liefen aber die zwei miteinander, und der andere
Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum
Grab,
[20.5] schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen;
er ging aber nicht hinein.
[20.6] Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab
hinein und sieht die Leinentücher liegen,
[20.7] aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt
gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern
daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort.
[20.8] Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst
zum Grab gekommen war, und sah und glaubte.
[20.9] Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, daß er
von den Toten auferstehen müßte.
[20.10] Da gingen die Jünger wieder heim.
[Note: Maria von Magdala][20.11] Maria aber stand draußen
vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das
Grab
[20.12] und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen,
einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den
Leichnam Jesu hingelegt hatten.
[20.13] Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie
spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich
weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
[20.14] Und als sie das sagte, wandte sie sich um und
sieht Jesus stehen und weiß nicht, daß es Jesus ist.
[20.15] Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen
suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm:
Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt
hast; dann will ich ihn holen.
[20.16] Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um
und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!
[20.17] Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! denn
ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen
Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu
eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.
[20.18] Maria von Magdala geht und verkündigt den
Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir
gesagt.
[Note: Die Vollmacht der Jünger][Note: (Mk 16,14-18; Lk
24,36-49)][20.19] Am Abend aber dieses ersten Tages der
Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen
waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter
sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!
[20.20] Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die
Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, daß sie den
Herrn sahen.
[20.21] Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit
euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
[20.22] Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und
spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist!
[20.23] Welchen ihr die Sünden erlaßt, denen sind sie
erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.
[Note: Thomas][20.24] Thomas aber, der Zwilling genannt
wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
[20.25] Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den
Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen
Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale
lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht
glauben.
[20.26] Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals
drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als
die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und
spricht: Friede sei mit euch!
[20.27] Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger
her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie
in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
[20.28] Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und
mein Gott!
[20.29] Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast,
Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch
glauben!
[20.30] Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen
Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch.
[20.31] Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt,
daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch
den Glauben das Leben habt in seinem Namen.
[21.1] Danach offenbarte sich Jesus abermals den
Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so:
[21.2] Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der
Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die
Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.
[21.3] Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen
gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie
gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen
sie nichts.
[21.4] Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer,
aber die Jünger wußten nicht, daß es Jesus war.
[21.5] Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu
essen? Sie antworteten ihm: Nein.
[21.6] Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur
Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus
und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.
[21.7] Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu
Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, daß es der
Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt,
und warf sich ins Wasser.
[21.8] Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn
sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und
zogen das Netz mit den Fischen.
[21.9] Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein
Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot.
[21.10] Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen,
die ihr jetzt gefangen habt!
[21.11] Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an
Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es
so viele waren, zerriß doch das Netz nicht.
[21.12] Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl!
Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist
du? Denn sie wußten, daß es der Herr war.
[21.13] Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's
ihnen, desgleichen auch die Fische.
[21.14] Das ist nun das dritte Mal, daß Jesus den
Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden
war.
[Note: Petrus und Johannes][21.15] Als sie nun das Mahl
gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des
Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht
zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht
Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!
[21.16] Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des
Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du
weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide
meine Schafe!
[21.17] Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des
Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum
dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm:
Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, daß ich dich lieb habe.
Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
[21.18] Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger
warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hin wolltest;
wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und
ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin
willst.
[21.19] Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod
er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er
zu ihm: Folge mir nach!a
[21.20] Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger
folgen, den Jesus lieb hatte, der auch beim Abendessen an seiner
Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist's, der dich
verrät?
[21.21] Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr,
was wird aber mit diesem?
[21.22] Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, daß er
bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!
[21.23] Da kam unter den Brüdern die Rede auf: Dieser
Jünger stirbt nicht. Aber Jesus hatte nicht zu ihm gesagt: Er
stirbt nicht, sondern: Wenn ich will, daß er bleibt, bis ich
komme, was geht es dich an?
[21.24] Dies ist der Jünger, der dies alles bezeugt und
aufgeschrieben hat, und wir wissen, daß sein Zeugnis wahr ist.
[21.25] Es sind noch viele andere Dinge, die Jesus getan
hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte,
so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu
schreiben wären.