[1.1] Zu den Zeiten des Ahasveros*, der König war vom
Indus bis zum Nil über hundertundsiebenundzwanzig Länder,
*Griechisch: Xerxes
[1.2] als er auf seinem königlichen Thron saß in der
Festung Susa,
[1.3] im dritten Jahr seiner Herrschaft, machte er ein
Festmahl für alle seine Fürsten und Großen, die Heerführer
von Persien und Medien, die Edlen und Obersten in seinen
Ländern,
[1.4] damit er sehen ließe den herrlichen Reichtum seines
Königtums und die köstliche Pracht seiner Majestät viele Tage
lang, hundertundachtzig Tage.
[1.5] Und als die Tage um waren, machte der König ein
Festmahl für alles Volk, das in der Festung Susa war, vom
Größten bis zum Kleinsten, sieben Tage lang im Hofe des Gartens
beim königlichen Palast.
[1.6] Da hingen weiße, rote und blaue Tücher, mit
leinenen und scharlachroten Schnüren eingefaßt, in silbernen
Ringen an Marmorsäulen. Da waren Polster, golden und silbern,
auf grünem, weißem, gelbem und schwarzem Marmor.
[1.7] Und die Getränke trug man auf in goldenen
Gefäßen, von denen keins wie das andere war, königlichen Wein
in Menge nach königlicher Weise.
[1.8] Und man schrieb niemand vor, was er trinken sollte;
denn der König hatte allen Vorstehern in seinem Palast befohlen,
daß jeder tun sollte, wie es ihm wohlgefiele.
[1.9] Und die Königin Wasti machte auch ein Festmahl für
die Frauen im königlichen Palast des Königs Ahasveros.
[1.10] Und am siebenten Tage, als der König guter Dinge
war vom Wein, befahl er Mehuman, Biseta, Harbona, Bigta, Abagta,
Setar und Karkas, den sieben Kämmerern, die vor dem König
Ahasveros dienten,
[1.11] daß sie die Königin Wasti mit ihrer königlichen
Krone holen sollten vor den König, um dem Volk und den Fürsten
ihre Schönheit zu zeigen; denn sie war schön.
[1.12] Aber die Königin Wasti wollte nicht kommen, wie
der König durch seine Kämmerer geboten hatte. Da wurde der
König sehr zornig, und sein Grimm entbrannte in ihm.
[1.13] Und der König sprach zu den Weisen, die sich auf
die Gesetze verstanden - denn des Königs Sachen mußten vor alle
kommen, die sich auf Recht und Gesetz verstanden;
[1.14] unter ihnen aber waren ihm am nächsten Karschena,
Schetar, Admata, Tarsis, Meres, Marsena und Memuchan, die sieben
Fürsten der Perser und Meder, die das Angesicht des Königs
sehen durften und obenan saßen im Königreich -:
[1.15] Was soll man nach dem Gesetz mit der Königin Wasti
tun, weil sie nicht getan hat, wie der König durch seine
Kämmerer geboten hatte?
[1.16] Da sprach Memuchan vor dem König und den Fürsten:
Die Königin Wasti hat sich nicht allein an dem König verfehlt,
sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern in allen
Ländern des Königs Ahasveros.
[1.17] Denn es wird diese Tat der Königin allen Frauen
bekanntwerden, so daß sie ihre Männer verachten und sagen: Der
König Ahasveros gebot der Königin Wasti, vor ihn zu kommen;
aber sie wollte nicht.
[1.18] Dann werden die Fürstinnen in Persien und Medien
auch so sagen zu allen Fürsten des Königs, wenn sie von dieser
Tat der Königin hören; und es wird Verachtung und Zorn genug
geben.
[1.19] Gefällt es dem König, so lasse man ein
königliches Gebot von ihm ausgehen und unter die Gesetze der
Perser und Meder aufnehmen, so daß man es nicht aufheben darf,
daß Wasti nicht mehr vor den König Ahasveros kommen dürfe und
der König ihre königliche Würde einer andern geben solle, die
besser ist als sie.
[1.20] Und wenn dieser Erlaß des Königs, den er geben
wird, bekannt würde in seinem ganzen Reich, welches groß ist,
so würden alle Frauen ihre Männer in Ehren halten bei Hoch und
Niedrig.
[1.21] Das gefiel dem König und den Fürsten, und der
König tat nach dem Wort Memuchans.
[1.22] Da wurden Schreiben ausgesandt in alle Länder des
Königs, in jedes Land nach seiner Schrift und zu jedem Volk nach
seiner Sprache, daß ein jeder Mann der Herr in seinem Hause sei.
[2.1] Nach diesen Geschichten, als der Grimm des
Königs Ahasveros sich gelegt hatte, dachte er an das, was Wasti
getan hatte und was über sie beschlossen war.
[2.2] Da sprachen die Männer des Königs, die ihm
dienten: Man suche dem König schöne Jungfrauen,
[2.3] und der König bestelle Männer in allen Ländern
seines Königreichs, daß sie alle schönen Jungfrauen
zusammenbringen auf das Schloß zu Susa ins Frauenhaus unter die
Hand Hegais, des königlichen Kämmerers, des Hüters der Frauen,
und daß man ihre Schönheit pflege;
[2.4] und das Mädchen, das dem König gefällt, werde
Königin an Wastis Statt. Das gefiel dem König, und er tat so.
[2.5] Es war ein jüdischer Mann im Schloß zu Susa, der
hieß Mordechai, ein Sohn Jaïrs, des Sohnes Schimis, des Sohnes
des Kisch, ein Benjaminiter,
[2.6] der mit weggeführt war von Jerusalem, als
Jechonja*, der König von Juda, durch Nebukadnezar, den König
von Babel, in die Gefangenschaft geführt wurde.
[2.7] Und er war der Pflegevater der Hadassa, das ist
Ester, einer Tochter seines Oheims; denn sie hatte weder Vater
noch Mutter. Und sie war ein schönes und feines Mädchen. Und
als ihr Vater und ihre Mutter starben, nahm sie Mordechai als
Tochter an.
[2.8] Als nun das Gebot und Gesetz des Königs bekannt
wurde und viele Jungfrauen zusammengebracht wurden auf das
Schloß zu Susa unter die Hand Hegais, wurde auch Ester in des
Königs Palast geholt unter die Hand Hegais, des Hüters der
Frauen.
[2.9] Und das Mädchen gefiel Hegai, und sie fand Gunst
bei ihm. Und er beeilte sich, ihre Schönheit zu pflegen und ihr
genügend Speise zu geben und dazu sieben auserlesene Dienerinnen
aus dem Palast des Königs. Und er brachte sie mit ihren
Dienerinnen an den besten Ort im Frauenhaus.
[2.10] Aber Ester sagte ihm nichts von ihrem Volk und
ihrer Herkunft; denn Mordechai hatte ihr geboten, sie solle es
nicht sagen.
[2.11] Und Mordechai kam alle Tage am Hof des Frauenhauses
vorbei, um zu erfahren, ob's Ester gut gehe und was mit ihr
geschehen würde.
[2.12] Wenn aber die bestimmte Zeit für eine jede
Jungfrau kam, daß sie zum König Ahasveros kommen sollte,
nachdem sie zwölf Monate nach der Vorschrift für die Frauen
gepflegt worden war - denn ihre Pflege brauchte so viel Zeit,
nämlich sechs Monate mit Balsam und Myrrhe und sechs Monate mit
kostbarer Spezerei und was sonst zur weiblichen Pflege gehört -,
[2.13] dann ging die Jungfrau zum König, und alles, was
sie wollte, mußte man ihr geben, daß sie damit vom Frauenhaus
in den Palast des Königs ginge.
[2.14] Und wenn sie am Abend hineingegangen war, ging sie
am Morgen von ihm in das andere Frauenhaus, unter die Hand des
Schaaschgas, des königlichen Kämmerers, des Hüters der
Nebenfrauen. Und sie durfte nicht wieder zum König kommen, es
sei denn, sie gefiele dem König und er ließe sie mit Namen
rufen.
[Note: Ester wird Königin][2.15] Als nun für Ester, die
Tochter Abihajils, des Oheims Mordechais, die er als Tochter
angenommen hatte, die Zeit herankam, daß sie zum König kommen
sollte, begehrte sie nichts, als was Hegai, des Königs
Kämmerer, der Hüter der Frauen, sagte. Und Ester fand Gunst bei
allen, die sie sahen.
[2.16] Es wurde aber Ester zum König Ahasveros gebracht
in den königlichen Palast im zehnten Monat, der da heißt Tebet,
im siebenten Jahr seiner Herrschaft.
[2.17] Und der König gewann Ester lieber als alle Frauen,
und sie fand Gnade und Gunst bei ihm vor allen Jungfrauen. Und er
setzte die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur
Königin an Wastis Statt.
[2.18] Und der König machte ein großes Festmahl für
alle seine Fürsten und Großen, das Festmahl Esters, und
gewährte den Ländern Steuererlaß und teilte königliche
Geschenke aus.
[Note: Mordechai entdeckt eine Verschwörung gegen den König][2.19]
Und als man nun die übrigen Jungfrauen in das andere Frauenhaus
brachte, saß Mordechai im Tor des Königs.
[2.20] Und Ester hatte noch nichts gesagt von ihrer
Herkunft und von ihrem Volk, wie ihr Mordechai geboten hatte;
denn Ester tat nach dem Wort Mordechais wie zur Zeit, als er ihr
Pflegevater war.
[2.21] In jenen Tagen, als Mordechai im Tor des Königs
saß, gerieten zwei Kämmerer des Königs, Bigtan und Teresch,
die die Tür hüteten, in Zorn und trachteten danach, Hand an den
König Ahasveros zu legen.
[2.22] Als das Mordechai zu wissen bekam, sagte er es der
Königin Ester, und Ester sagte es dem König in Mordechais
Namen.
[2.23] Und als man nachforschte, wurde es als richtig
befunden, und sie wurden beide an den Galgen gehängt. Und es
wurde aufgezeichnet im Buch der täglichen Meldungen für den
König.
[3.1] Nach diesen Geschichten erhob der König
Ahasveros den Haman, den Sohn Hammedatas, den Agagiter, und
machte ihn groß und setzte seinen Stuhl über alle Fürsten, die
bei ihm waren.
[3.2] Und alle Großen des Königs, die im Tor des Königs
waren, beugten die Knie und fielen vor Haman nieder; denn der
König hatte es so geboten. Aber Mordechai beugte die Knie nicht
und fiel nicht nieder.
[3.3] Da sprachen die Großen des Königs, die im Tor des
Königs waren, zu Mordechai: Warum übertrittst du des Königs
Gebot?
[3.4] Und als sie das täglich zu ihm sagten und er nicht
auf sie hörte, sagten sie es Haman, damit sie sähen, ob solch
ein Tun Mordechais bestehen würde; denn er hatte ihnen gesagt,
daß er ein Jude sei.
[3.5] Und als Haman sah, daß Mordechai nicht die Knie
beugte noch vor ihm niederfiel, wurde er voll Grimm.
[3.6] Aber es war ihm zu wenig, daß er nur an Mordechai
die Hand legen sollte, denn sie hatten ihm gesagt, von welchem
Volk Mordechai sei; sondern er trachtete danach, das Volk
Mordechais, alle Juden, die im ganzen Königreich des Ahasveros
waren, zu vertilgen.
[3.7] Im ersten Monat, das ist der Monat Nisan, im
zwölften Jahr des Königs Ahasveros, wurde das Pur, das ist das
Los, geworfen vor Haman, von einem Tage zum andern und von Monat
zu Monat, und das Los fiel auf den dreizehnten Tag im zwölften
Monat, das ist der Monat Adar.
[3.8] Und Haman sprach zum König Ahasveros: Es gibt ein
Volk, zerstreut und abgesondert unter allen Völkern in allen
Ländern deines Königsreichs, und ihr Gesetz ist anders als das
aller Völker, und sie tun nicht nach des Königs Gesetzen. Es
ziemt dem König nicht, sie gewähren zu lassen.
[3.9] Gefällt es dem König, so lasse er schreiben, daß
man sie umbringe; so will ich zehntausend Zentner Silber
darwägen in die Hand der Amtleute, daß man's bringe in die
Schatzkammer des Königs.
[3.10] Da tat der König seinen Ring von der Hand und gab
ihn Haman, dem Sohn Hammedatas, dem Agagiter, dem Feind der
Juden.
[3.11] Und der König sprach zu Haman: Das Silber sei dir
gegeben, dazu das Volk, daß du mit ihm tust, was dir gefällt.
[3.12] Da rief man die Schreiber des Königs am
dreizehnten Tage des ersten Monats; und es wurde geschrieben, wie
Haman befahl, an die Fürsten des Königs und an die Statthalter
hin und her in den Ländern und an die Obersten eines jeden Volks
in den Ländern hin und her in der Schrift eines jeden Volks und
in seiner Sprache, im Namen des Königs Ahasveros und mit des
Königs Ring gesiegelt.
[3.13] Und die Schreiben wurden gesandt durch die Läufer
in alle Länder des Königs, man solle vertilgen, töten und
umbringen alle Juden, jung und alt, Kinder und Frauen, auf einen
Tag, nämlich am dreizehnten Tag des zwölften Monats, das ist
der Monat Adar, und ihr Hab und Gut plündern.
[3.14] Eine Abschrift des Schreibens sollte als Gesetz
erlassen werden in allen Ländern, um allen Völkern zu
eröffnen, daß sie sich auf diesen Tag bereithalten sollten.
[3.15] Und die Läufer gingen eilends aus nach des Königs
Wort, und in der Festung Susa wurde das Gesetz angeschlagen. Und
der König und Haman saßen und tranken; aber die Stadt Susa war
bestürzt.
[4.1] Als Mordechai alles erfuhr, was geschehen war,
zerriß er seine Kleider und legte den Sack an und tat Asche aufs
Haupt und ging hinaus mitten in die Stadt und schrie laut klagend
[4.2] und kam bis vor das Tor des Königs; denn es durfte
niemand in das Tor des Königs eintreten, der einen Sack anhatte.
[4.3] Und in allen Ländern, wohin des Königs Wort und
Gebot gelangte, war ein großes Klagen unter den Juden, und viele
fasteten, weinten, trugen Leid und lagen in Sack und Asche.
[4.4] Da kamen die Dienerinnen Esters und ihre Kämmerer
und erzählten ihr davon. Da erschrak die Königin sehr. Und sie
sandte Kleider, daß Mordechai sie anzöge und den Sack ablegte;
er aber nahm sie nicht an.
[4.5] Da rief Ester Hatach, einen von des Königs
Kämmerern, der ihr diente, und gab ihm Befehl wegen Mordechai,
um zu erfahren, was das sei und warum er so tue.
[4.6] Da ging Hatach hinaus zu Mordechai auf den Platz der
Stadt, der vor dem Tor des Königs war.
[4.7] Und Mordechai sagte ihm alles, was ihm begegnet war,
auch die Summe des Silbers, das Haman versprochen hatte in des
Königs Schatzkammer darzuwägen, wenn die Juden vertilgt
würden,
[4.8] und gab ihm eine Abschrift des Gesetzes, das in Susa
angeschlagen war, sie zu vertilgen, damit er's Ester zeige und es
ihr sage und ihr gebiete, daß sie zum König hineingehe und zu
ihm flehe und bei ihm Fürbitte tue für ihr Volk.
[4.9] Und als Hatach hineinkam und Ester die Worte
Mordechais sagte,
[4.10] sprach Ester zu Hatach und gebot ihm, Mordechai zu
sagen:
[4.11] Es wissen alle Großen des Königs und das Volk in
den Ländern des Königs, daß jeder, der ungerufen zum König
hineingeht in den inneren Hof, Mann oder Weib, nach dem Gesetz
sterben muß, es sei denn, der König strecke das goldene Zepter
gegen ihn aus, damit er am Leben bleibe. Ich aber bin nun seit
dreißig Tagen nicht gerufen worden, zum König hineinzukommen.
[4.12] Und als Esters Worte Mordechai gesagt wurden,
[4.13] ließ Mordechai Ester antworten: Denke nicht, daß
du dein Leben errettest, weil du im Palast des Königs bist, du
allein von allen Juden.
[4.14] Denn wenn du zu dieser Zeit schweigen wirst, so
wird eine Hilfe und Errettung von einem andern Ort her den Juden
erstehen, du aber und deines Vaters Haus, ihr werdet umkommen.
Und wer weiß, ob du nicht gerade um dieser Zeit willen zur
königlichen Würde gekommen bist?
[4.15] Ester ließ Mordechai antworten:
[4.16] So geh hin und versammle alle Juden, die in Susa
sind, und fastet für mich, daß ihr nicht eßt und trinkt drei
Tage lang, weder Tag noch Nacht. Auch ich und meine Dienerinnen
wollen so fasten. Und dann will ich zum König hineingehen
entgegen dem Gesetz. Komme ich um, so komme ich um.
[4.17] Mordechai ging hin und tat alles, was ihm Ester
geboten hatte.
[5.1] Und am dritten Tage zog sich Ester königlich an
und trat in den inneren Hof am Palast des Königs gegenüber dem
Palast des Königs. Und der König saß auf seinem königlichen
Thron im königlichen Saale gegenüber dem Tor des Palastes.
[5.2] Und als der König die Königin Ester im Hofe stehen
sah, fand sie Gnade vor seinen Augen. Und der König streckte das
goldene Zepter in seiner Hand gegen Ester aus. Da trat Ester
herzu und rührte die Spitze des Zepters an.
[5.3] Da sprach der König zu ihr: Was hast du, Ester,
Königin? Und was begehrst du? Auch die Hälfte des Königreichs
soll dir gegeben werden.
[5.4] Ester sprach: Gefällt es dem König, so komme der
König mit Haman heute zu dem Mahl, das ich bereitet habe.
[5.5] Der König sprach: Eilt und holt Haman, damit
geschehe, was Ester gesagt hat! Als nun der König und Haman zu
dem Mahl kamen, das Ester bereitet hatte,
[5.6] sprach der König zu Ester, als er Wein getrunken
hatte: Was bittest du, Ester? Es soll dir gegeben werden. Und was
begehrst du? Wäre es auch die Hälfte des Königreichs, es soll
geschehen.
[5.7] Da antwortete Ester: Meine Bitte und mein Begehren
ist:
[5.8] Hab ich Gnade gefunden vor dem König und gefällt
es dem König, meine Bitte zu gewähren und zu tun nach meinem
Begehren, so komme der König mit Haman zu dem Mahl, das ich für
sie bereiten will. Morgen will ich dann tun, was der König
gesagt hat.
[Note: Haman beschließt, sich an Mordechai zu rächen][5.9]
Da ging Haman an dem Tage hinaus fröhlich und guten Mutes. Aber
als er Mordechai im Tor des Königs sah, wie er nicht aufstand
und sich nicht vor ihm fürchtete, wurde er voll Zorn über
Mordechai.
[5.10] Aber er hielt an sich. Und als er heimkam, sandte
er hin und ließ seine Freunde holen und seine Frau Seresch
[5.11] und zählte ihnen auf die Herrlichkeit seines
Reichtums und die Menge seiner Söhne und alles, wie ihn der
König so groß gemacht habe, und daß er über die Fürsten und
Großen des Königs erhoben sei.
[5.12] Auch sprach Haman: Und die Königin Ester hat
niemand kommen lassen mit dem König zum Mahl, das sie bereitet
hat, als nur mich, und auch morgen bin ich zu ihr geladen mit dem
König.
[5.13] Aber das alles ist mir nicht genug, solange ich den
Juden Mordechai sitzen sehe im Tor des Königs.
[5.14] Da sprachen zu ihm seine Frau Seresch und alle
seine Freunde: Man mache einen Galgen, fünfzig Ellen hoch, und
morgen früh sage dem König, daß man Mordechai daran aufhänge.
Dann geh du mit dem König fröhlich zum Mahl. Das gefiel Haman
gut, und er ließ einen Galgen aufrichten.
[6.1] In derselben Nacht konnte der König nicht
schlafen und ließ sich das Buch mit den täglichen Meldungen
bringen. Als diese dem König vorgelesen wurden,
[6.2] fand sich's geschrieben, daß Mordechai angezeigt
hatte, wie die zwei Kämmerer des Königs, Bigtan und Teresch,
die an der Schwelle die Wache hielten, danach getrachtet hatten,
Hand an den König Ahasveros zu legen.
[6.3] Und der König sprach: Welche Ehre und Würde hat
Mordechai dafür bekommen? Da sprachen die Diener des Königs,
die um ihn waren: Er hat nichts bekommen.
[6.4] Und der König sprach: Wer ist im Vorhof? Haman aber
war in den Vorhof gekommen draußen vor des Königs Palast, um
dem König zu sagen, daß man Mordechai an den Galgen hängen
sollte, den er für ihn aufgerichtet hatte.
[6.5] Und des Königs Diener sprachen zu ihm: Siehe, Haman
steht im Vorhof. Der König sprach: Laßt ihn hereintreten.
[6.6] Und als Haman hereinkam, sprach der König zu ihm:
Was soll man dem Mann tun, den der König gern ehren will? Haman
aber dachte in seinem Herzen: Wen anders sollte der König gern
ehren wollen als mich?
[6.7] Und Haman sprach zum König: Dem Mann, den der
König gern ehren will,
[6.8] soll man königliche Kleider bringen, die der König
zu tragen pflegt, und ein Roß, darauf der König reitet und
dessen Kopf königlichen Schmuck trägt,
[6.9] und man soll Kleid und Roß einem Fürsten des
Königs geben, daß er den Mann bekleide, den der König gern
ehren will, und ihn auf dem Roß über den Platz der Stadt
führen und vor ihm her ausrufen lassen: So tut man dem Mann, den
der König gern ehren will.
[6.10] Der König sprach zu Haman: Eile und nimm Kleid und
Roß, wie du gesagt hast, und tu so mit Mordechai, dem Juden, der
im Tor des Königs sitzt, und laß nichts fehlen an allem, was du
gesagt hast.
[6.11] Da nahm Haman Kleid und Roß und zog Mordechai an
und führte ihn über den Platz der Stadt und rief aus vor ihm
her: So geschieht dem Mann, den der König gern ehren will.
[6.12] Und Mordechai kam wieder zum Tor des Königs. Haman
aber eilte nach Hause, traurig und mit verhülltem Haupt,
[6.13] und erzählte seiner Frau Seresch und allen seinen
Freunden alles, was ihm begegnet war. Da sprachen zu ihm seine
Freunde und seine Frau Seresch: Ist Mordechai, vor dem du zu
fallen angefangen hast, vom Geschlecht der Juden, so vermagst du
nichts gegen ihn, sondern du wirst vor ihm vollends zu Fall
kommen.
[6.14] Als sie aber noch mit ihm redeten, kamen des
Königs Kämmerer und geleiteten Haman eilends zu dem Mahl, das
Ester bereitet hatte.
[7.1] Und als der König mit Haman zu dem Mahl kam, das
die Königin Ester bereitet hatte,
[7.2] sprach der König zu Ester auch an diesem zweiten
Tage, als er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Königin
Ester, das man dir geben soll? Und was begehrst du? Wäre es auch
das halbe Königreich, es soll geschehen.
[7.3] Die Königin Ester antwortete: Hab ich Gnade vor dir
gefunden, oh König, und gefällt es dem König, so gib mir mein
Leben um meiner Bitte willen und mein Volk um meines Begehrens
willen.
[7.4] Denn wir sind verkauft, ich und mein Volk, daß wir
vertilgt, getötet und umgebracht werden. Wären wir nur zu
Knechten und Mägden verkauft, so wollte ich schweigen; denn die
Bedrängnis wäre nicht so groß, daß man den König darum
belästigen müßte.
[7.5] Der König Ahasveros antwortete und sprach zu der
Königin Ester: Wer ist der oder wo ist der, der sich hat in den
Sinn kommen lassen, solches zu tun?
[7.6] Ester sprach: Der Feind und Widersacher ist dieser
niederträchtige Haman! Haman aber erschrak vor dem König und
der Königin.
[7.7] Und der König stand auf vom Weingelage in seinem
Grimm und ging in den Garten am Palast. Aber Haman trat vor und
bat die Königin Ester um sein Leben; denn er sah, daß sein
Unglück vom König schon beschlossen war.
[7.8] Und als der König zurückkam aus dem Garten am
Palast in den Saal, wo man gegessen hatte, lag Haman vor dem
Lager, auf dem Ester ruhte. Da sprach der König: Will er auch
der Königin Gewalt antun bei mir im Palast? Als das Wort aus des
Königs Munde gekommen war, verhüllten sie Haman das Antlitz.
[7.9] Und Harbona, einer der Kämmerer vor dem König,
sprach: Siehe, es steht ein Galgen beim Hause Hamans, fünfzig
Ellen hoch, den er für Mordechai aufgerichtet hat, der doch zum
Wohl des Königs geredet hat. Der König sprach: Hängt ihn daran
auf!
[7.10] So hängte man Haman an den Galgen, den er für
Mordechai aufgerichtet hatte. Da legte sich des Königs Zorn.
[8.1] An dem Tage schenkte der König Ahasveros der
Königin Ester das Haus Hamans, des Judenfeindes. Und Mordechai
wurde vom König empfangen; denn Ester hatte ihm gesagt, wie er
mit ihr verwandt sei.
[8.2] Und der König tat ab seinen Fingerreif, den er
Haman genommen hatte, und gab ihn Mordechai. Und Ester setzte
Mordechai über das Haus Hamans.
[8.3] Und Ester redete noch einmal vor dem König und fiel
ihm zu Füßen und weinte und flehte ihn an, daß er zunichte
mache die Bosheit Hamans, des Agagiters, und seine Anschläge,
die er gegen die Juden erdacht hatte.
[8.4] Und der König streckte das goldene Zepter gegen
Ester aus. Da stand Ester auf und trat vor den König
[8.5] und sprach: Gefällt es dem König, und habe ich
Gnade gefunden vor ihm, und dünkt es den König recht, und
gefalle ich ihm, so möge man die Schreiben mit den Anschlägen
Hamans, des Sohnes Hammedatas, des Agagiters, widerrufen, die er
geschrieben hat, um die Juden umzubringen in allen Ländern des
Königs.
[8.6] Denn wie kann ich dem Unheil zusehen, das mein Volk
treffen würde? Und wie kann ich zusehen, daß mein Geschlecht
umkäme?
[8.7] Da sprach der König Ahasveros zur Königin Ester
und zu Mordechai, dem Juden: Siehe, ich habe Ester das Haus
Hamans geschenkt, und ihn hat man an einen Galgen gehängt, weil
er seine Hand an die Juden gelegt hat.
[8.8] So schreibt nun ihr wegen der Juden, wie es euch
gefällt, in des Königs Namen und siegelt's mit des Königs
Ring. Denn ein Schreiben, das in des Königs Namen geschrieben
und mit des Königs Ring gesiegelt war, durfte niemand
widerrufen.
[8.9] Da wurden gerufen des Königs Schreiber zu jener
Zeit im dritten Monat, das ist der Monat Siwan, am
dreiundzwanzigsten Tage, und es wurde geschrieben, wie Mordechai
gebot, an die Juden und an die Fürsten, Statthalter und Obersten
in den Ländern vom Indus bis zum Nil, hundertundsiebenundzwanzig
Ländern, einem jeden Lande in seiner Schrift, einem jeden Volk
in seiner Sprache und auch den Juden in ihrer Schrift und
Sprache.
[8.10] Und es wurde geschrieben in des Königs Ahasveros
Namen und mit des Königs Ring gesiegelt. Und man sandte die
Schreiben durch reitende Boten auf den besten Pferden.
[8.11] Darin gab der König den Juden, in welchen Städten
sie auch waren, die Erlaubnis, sich zu versammeln und ihr Leben
zu verteidigen und alle Macht des Volks und Landes, die sie
angreifen würden, zu vertilgen, zu töten und umzubringen samt
den Kindern und Frauen und ihr Hab und Gut zu plünderna
[8.12] an einem Tag in allen Ländern des Königs
Ahasveros, nämlich am dreizehnten Tage des zwölften Monats, das
ist der Monat Adar.
[8.13] Eine Abschrift des Schreibens aber sollte als
Gesetz erlassen werden in allen Ländern, um allen Völkern zu
eröffnen, daß die Juden sich für diesen Tag bereithalten
würden, sich zu rächen an ihren Feinden.
[8.14] Und die reitenden Boten auf den besten Pferden
ritten aus schnell und eilends nach dem Wort des Königs, und das
Gesetz wurde in der Festung Susa angeschlagen.
[8.15] Mordechai aber ging hinaus von dem König in
königlichen Kleidern, blau und weiß, und mit einer großen
goldenen Krone, angetan mit einem Mantel aus Leinen und
Purpurwolle. Und die Stadt Susa jauchzte und war fröhlich.
[8.16] Für die Juden aber war Licht und Freude und Wonne
und Ehre gekommen.
[8.17] Und in allen Ländern und Städten, an welchen Ort
auch immer des Königs Wort und Gesetz gelangte, da war Freude
und Wonne unter den Juden, Gastmahl und Festtag; und viele aus
den Völkern im Lande wurden Juden; denn die Furcht vor den Juden
war über sie gekommen.
[9.1] Im zwölften Monat, das ist der Monat Adar, am
dreizehnten Tage, als des Königs Wort und Gesetz ausgeführt
werden sollte, eben an dem Tage, als die Feinde der Juden
hofften, sie zu überwältigen, und sich's wandte, daß nun die
Juden ihre Feinde überwältigen sollten,
[9.2] da versammelten sich die Juden in ihren Städten in
allen Ländern des Königs Ahasveros, um Hand anzulegen an die,
die ihnen übelwollten. Und niemand konnte ihnen widerstehen;
denn die Furcht vor ihnen war über alle Völker gekommen.
[9.3] Auch alle Obersten in den Ländern und die Fürsten
und Statthalter und Amtleute des Königs halfen den Juden; denn
die Furcht vor Mordechai war über sie gekommen.
[9.4] Denn Mordechai war groß am Hof des Königs, und die
Kunde von ihm erscholl in allen Ländern, wie er immer mächtiger
werde.
[9.5] So schlugen die Juden alle ihre Feinde mit dem
Schwert und töteten und brachten um und taten nach ihrem
Gefallen an denen, die ihnen feind waren.
[9.6] Und in der Festung Susa töteten und brachten die
Juden um fünfhundert Mann.
[9.7] Dazu töteten sie Parschandata, Dalfon, Aspata,
[9.8] Porata, Adalja, Aridata,
[9.9] Parmaschta, Arisai, Aridai und Wajesata,
[9.10] die zehn Söhne Hamans, des Sohnes Hammedatas, des
Judenfeindes. Aber an die Güter legten sie ihre Hände nicht.
[9.11] Zu derselben Zeit kam die Zahl der Getöteten in
der Festung Susa vor den König.
[9.12] Und der König sprach zu der Königin Ester: Die
Juden haben in der Festung Susa fünfhundert Mann getötet und
umgebracht, auch die zehn Söhne Hamans; was werden sie getan
haben in den andern Ländern des Königs? Was bittest du, daß
man dir's gebe? Und was begehrst du mehr, daß man's tue?
[9.13] Ester sprach: Gefällt's dem König, so lasse er
auch morgen die Juden in Susa tun nach dem Gesetz für den
heutigen Tag, aber die zehn Söhne Hamans soll man an den Galgen
hängen.
[9.14] Und der König befahl, so zu tun. Und das Gesetz
wurde zu Susa gegeben, und die zehn Söhne Hamans wurden
gehängt.
[9.15] Und die Juden in Susa versammelten sich auch am
vierzehnten Tage des Monats Adar und töteten in Susa dreihundert
Mann; aber an ihre Güter legten sie die Hände nicht.
[9.16] Auch die andern Juden in den Ländern des Königs
kamen zusammen, um ihr Leben zu verteidigen und sich vor ihren
Feinden Ruhe zu verschaffen, und töteten fünfundsiebzigtausend
von ihren Feinden; aber an die Güter legten sie die Hände
nicht.
[Note: Die Stiftung des Purimfestes][9.17] Das geschah am
dreizehnten Tage des Monats Adar, und sie ruhten am vierzehnten
Tage desselben Monats. Den machten sie zum Tage des Festmahls und
der Freude.
[9.18] Aber die Juden in Susa waren zusammengekommen am
dreizehnten und vierzehnten Tage und ruhten am fünfzehnten Tage,
und diesen Tag machten sie zum Tage des Festmahls und der Freude.
[9.19] Darum machen die Juden, die in den Dörfern und
Höfen wohnen, den vierzehnten Tag des Monats Adar zum Tag des
Festmahls und der Freude und senden einer dem andern Geschenke.
[9.20] Und Mordechai schrieb diese Geschichten auf und
sandte Schreiben an alle Juden, die in allen Ländern des Königs
Ahasveros waren, nah und fern,
[9.21] sie sollten als Feiertage den vierzehnten und
fünfzehnten Tag des Monats Adar annehmen und jährlich halten,
[9.22] als die Tage, an denen die Juden zur Ruhe gekommen
waren vor ihren Feinden, und als den Monat, in dem sich ihre
Schmerzen in Freude und ihr Leid in Festtage verwandelt hatten:
daß sie diese halten sollten als Tage des Festmahls und der
Freude und einer dem andern Geschenke und den Armen Gaben
schicke.
[9.23] Und die Juden nahmen es an als Brauch, was sie
angefangen hatten zu tun und was Mordechai an sie geschrieben
hatte:
[9.24] wie Haman, der Sohn Hammedatas, der Agagiter, der
Feind aller Juden, gedacht hatte, alle Juden umzubringen, und wie
er das Pur, das ist das Los, hatte werfen lassen, um sie zu
schrecken und umzubringen;
[9.25] und wie Ester zum König gegangen war und dieser
durch Schreiben geboten hatte, daß die bösen Anschläge, die
Haman gegen die Juden erdacht, auf seinen Kopf zurückfielen, und
wie man ihn und seine Söhne an den Galgen gehängt hatte.
[9.26] Daher nannten sie diese Tage Purim nach dem Worte
Pur. Und nach allen Worten dieses Schreibens und nach dem, was
sie selbst gesehen hatten und was sie getroffen hatte,
[9.27] beschlossen die Juden und nahmen es an als Brauch
für sich und für ihre Nachkommen und für alle, die sich zu
ihnen halten würden, daß sie nicht unterlassen wollten, diese
zwei Tage jährlich zu halten, wie sie vorgeschrieben und
bestimmt waren,
[9.28] daß diese Tage nicht zu vergessen, sondern zu
halten seien bei Kindeskindern, bei allen Geschlechtern, in allen
Ländern und Städten. Es sind die Purimtage, die nicht
übergangen werden sollen unter den Juden, und ihr Andenken soll
nicht untergehen bei ihren Nachkommen.
[9.29] Und die Königin Ester, die Tochter Abihails, und
Mordechai, der Jude, schrieben mit ganzem Ernst ein zweites
Schreiben über das Purimfest, um es zu bestätigen.
[9.30] Und man sandte die Schreiben allen Juden in den
hundertundsiebenundzwanzig Ländern des Königreichs des
Ahasveros mit Grußworten des Friedens und der Treue:
[9.31] daß sie annähmen die Purimtage auf ihre bestimmte
Zeit, wie sie Mordechai, der Jude, und die Königin Ester für
sie festgesetzt hatten, und wie sie für sich selbst und für
ihre Nachkommen die Einsetzung der Fasten und ihrer Klage
festgesetzt hatten.
[9.32] Und der Befehl der Ester bestätigte die Einsetzung
dieser Purimtage. Und es wurde in ein Buch geschrieben.
[10.1] Und der König Ahasveros legte eine Steuer aufs
Land und auf die Inseln im Meer.
[10.2] Aber alle Taten seiner Herrschaft und Macht und die
große Herrlichkeit Mordechais, die ihm der König gab, siehe,
das ist geschrieben in der Chronik der Könige von Medien und
Persien.
[10.3] Denn Mordechai, der Jude, war der Erste nach dem
König Ahasveros und groß unter den Juden und beliebt unter der
Menge seiner Brüder, weil er für sein Volk Gutes suchte und
redete, was seinem ganzen Geschlecht zum Besten diente.